Bericht vom Leben nach dem Tode
Geschichte der Idee vom Fortleben des Menschen nach dem Tode.
Es schien mir, daß vier Hauptpunkte klarzustellen seien, wenn ein Leben jenseits des Todes und die vorhandenen Berichte darüber ernst zu nehmen sein sollten. Erstens wäre ein fortdauerndes Bewußtsein erforderlich, wobei Bewußtsein als sinnliche Wahrnehmung, Erinnerung, Erkenntnis, Vernunft, Entscheidungsfähigkeit und jener ganze Komplex von Charakterzügen, die wir in dem Ausdruck »Persönlichkeit« zusammenfassen, definiert werden müßte. Zweitens müßte irgendeine Art von Aufenthaltsbereich existieren, der wenigstens in groben Zügen mit unserer Erde vergleichbar wäre und in dem die Persönlichkeit unter ähnlichen Verhältnissen weiterwirken könnte. Drittens wäre irgendeine Art Lebenswert, -ziel, -notwendigkeit, -sinn oder -dienst in einem zeitlosen, auch unserem heutigen Daseinsniveau begreiflichen Sinn notwendig. Und schließlich müßte es irgendeine Lösung für gesellschaftliche und ethische Probleme geben – nämlich für alle diejenigen, die unser irdisches Leben belasten und mit dem Tod nicht ohne weiteres aus der Welt zu schaffen sind. Unter diesen Gesichtspunkten beschäftigte ich mich mit der spärlich überlieferten Kunde von der Frühgeschichte der Menschheit, las mit ganz anderen Augen als zuvor die Bibel, die Odyssee, fromme und heidnische Selbstzeugnisse aller Epochen und Kulturen, Dantes Göttliche Komödie , die Werke Swedenborgs und Goethes Faust. Auch ich fühlte mich mehr und mehr bereit, »auf neuer Bahn den Äther zu durchdringen, zu neuen Sphären reiner Tätigkeit«, auch mich lockte »zu neuen Ufern ein neuer Tag«, aber ich spürte zum Glück nichts »Faustisches« in mir, und ich war sicher, daß es kein Pakt mit der Hölle war, den ich im Begriff war einzugehen, sondern ein Pakt mit dem Leben. Ich wollte beweisen, daß es nicht so begrenzt war, wie es sich der Menschheit im allgemeinen darbot.
Ich studierte und las alles Erreichbare über Zeit und Endlichkeit und die Manifestationen ihrer Durchbrechung mit großem Gewinn und doch noch zu früh und nicht zum letztenmal, denn erst im Laufe der Jahre erhielt ich durch den immer intensiveren Einblick in jenes »neue Leben« nach dem Tode die Bestätigung für die Wahrheit der Überlieferungen, die sich auf das Jenseits beziehen, und für die Erfahrungen, die früher, Lebenden auf medialem Wege zuteil geworden sind.
Zunächst aber suchte ich diese Bestätigung nicht im eigenen Erlebnis von Jenseitskontakten, die zu jener Zeit noch viel zu sporadisch auftraten, sondern in den Werken der fortschrittlichen Wissenschaftler, die sich der Erforschung paranormaler Vorgänge und vor allem der Fortlebensidee widmeten, und da es mir bald nicht mehr genügte, nur von ihnen zu lesen, beschloß ich kühn, sie – soweit noch in diesem Leben erreichbar – persönlich kennenzulernen, mit ihnen zu sprechen und mich ihnen für ihre Experimente als Medium zur Verfügung zu stellen.
Im Jahre 1921 ging ich nach New York, um Miß Gertrude Tubby, die Sekretärin der Amerikanischen Gesellschaft für parapsychologische Forschung, aufzusuchen. Sie vermittelte mir die Bekanntschaft mit dem Parapsychologen Dr. Franklin Prince und sorgte dafür, daß ich mit den zuverlässigsten Medien der Metropole Sitzungen abhalten konnte. 1922 heiratete ich und wurde Pfarrer in der Christian-Science-Gemeinde Barbourville, Kentucky. Ohne mein Amt zu vernachlässigen, nahm ich weiterhin an Séancen teil, um mich als Medium zu vervollkommnen. Eines Tages besuchte mich Dr. Paul Pearson, der damals in den Oststaaten psychologische Lehrveranstaltungen abhielt. Es stellte sich heraus, daß er sich besonders für telepathische Phänomene interessierte und mit großen Fachleuten auf diesem Gebiet, wie Sir Oliver Lodge und Sir Arthur Conan Doyle, bekannt war. Er forderte mich auf, im Sommer 1924 eine Vortragsreise durch die Neuenglandstaaten zu machen. Gern nahm ich den Vorschlag an. Damit begann meine »Karriere« als Medium – und damit endete meine Ehe. Meine Frau, die stark an ihrer Heimat Kentucky hing und die Verbindung mit dem Elternhaus nicht aufgeben wollte, war nicht bereit, mich nach dem Norden zu begleiten.
Meine Auftritte in der Öffentlichkeit bestanden darin, daß ich zunächst einen leicht verständlichen Vortrag über parapsychologische Phänomene hielt und dann meinen Geist in einen Zustand versetzte, der mit der Einstellung einer bestimmten Wellenfrequenz vergleichbar ist: Ich stellte
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