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Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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losgehn?« »Warum denn, ich will bloß bei dir in der Stube sitzen.«
    Sie haben friedlich eine Weile nebeneinander auf dem Sofa gesessen und haben gesprochen. Dann ist er allein gegangen. Sie hat ihn an die Tür begleitet. »Komm nich wieder, Franz«, hat sie geweint und dabei ihren Kopf an seine Schulter gelegt. »Deibel nochmal, Minna, was du mit einem machen kannst. Warum soll ich denn nicht wiederkommen. Na, dann komm ich eben nicht wieder.« Sie hielt seine Hand fest: »Nee, Franz, komm nicht wieder.« Da hat er die Tür geöffnet, sie hielt noch immer seine Hand fest und drückte sie stark. Sie hielt noch seine Hand, als er draußen stand. Dann ließ sie los, drückte leise und rasch die Tür zu. Er schickte ihr von der Straße zwei große Scheiben Kalbsfilet rauf.

Und nun schwört Franz aller Welt und sich,
anständig zu bleiben in Berlin, mit Geld und ohne
    Er stand schon ganz fest auf seinen Beinen in Berlin – seine alte Stubeneinrichtung hatte er zu Geld gemacht, aus Tegel hatte er ein paar Groschen, seine Wirtin und sein Freund Meck schossen ihm was vor – da kriegte er noch einen ordentlichen Schlag. Aber der war nachher nur von Pappe. Lag da eines sonst gar nicht so üblen Morgens ein gelbes Papier auf seinem Tisch, amtlich, gedruckt und Schreibmaschine:
    Der Polizeipräsident, Abteilung 5, Geschäftszeichen, es wird ersucht, bei etwaigen Eingaben in vorliegender Angelegenheit das obige Geschäftszeichen anzugeben. Ausweislich der mir vorliegenden Akten sind Sie wegen Bedrohung, tätlicher Beleidigung und Körperverletzung mit tödlichem Ausgang bestraft worden, mithin als eine für die öffentliche Sicherheit und Sittlichkeit gefährliche Person zu erachten. Demgemäß habe ich auf Grund der mir nach Paragraph 2 des Gesetzes vom 31.Dezember 1842 und nach Paragraph 3 des Gesetzes über die Freizügigkeit vom 1.November 1867 sowie nach den Gesetzen vom 12.Juni 1889 und 13.Juni 1900 zustehenden Befugnis beschlossen, Sie von Landespolizei wegen aus Berlin, Charlottenburg, Neukölln, Berlin-Schöneberg, Wilmersdorf, Lichtenberg, Stralau sowie den Amtsbezirken Berlin-Friedenau, Schmargendorf, Tempelhof, Britz, Treptow, Reinickendorf, Weißensee, Pankow und Berlin-Tegel auszuweisen, und fordere Sie deshalb auf, den Ausweisungsbezirk binnen 14 Tagen zu verlassen, mit dem Eröffnen, daß, wenn Sie nach Ablauf der erhaltenen Frist im Ausweisungsbezirk noch getroffen werden oder dorthin zurückkehren, gegen Sie auf Grund des Paragraphen 132 Nummer 2 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung vom 30.Juli Q II E 1883 eine Geldstrafe von zunächst 100 Mark oder im Unvermögensfalle eine Haftstrafe von 10 Tagen festgesetzt und vollstreckt werden wird. Gleichzeitig werden Sie darauf aufmerksam gemacht, daß Sie, falls Sie in den nachstehend aufgeführten, um Berlin belegenen Ortschaften Potsdam, Spandau, Friedrichsfelde, Karlshorst, Friedrichshagen, Oberschöneweide und Wuhlheide, Fichtenau, Rahnsdorf, Carow, Buch, Frohnau, Cöpenick, Lankwitz, Steglitz, Zehlendorf, Teltow, Dahlem, Wannsee, Klein-Glienicke, Nowawes, Neuendorf, Eiche, Bornim und Bornstedt Ihren Aufenthalt nehmen sollten, Ihre Ausweisung aus den betreffenden Ortschaften zu gewärtigen haben. I. Ve. Vordruck Nr. 968 a.
    Fuhr ihm mächtig in die Knochen. Es gab ein schönes Haus an der Stadtbahn, Grunerstraße 1, am Alex, Gefangenenfürsorge. Die sehen sich Franzen an, fragen ihn hin und her, unterschreiben: Herr Franz Biberkopf hat sich unserer Schutzaufsicht unterstellt, werden nachforschen, ob Sie arbeiten, und Sie haben sich jeden Monat vorzustellen. Gemacht, Punkt, alles, alles in Butter.
    Vergessen die Angst, vergessen Tegel und die rote Mauer und das Stöhnen und was sonst, – weg mit Schaden, ein neues Leben fangen wir an, das alte das ist abgetan, Franz Biberkopf ist wieder da und die Preußen sind lustig und rufen Hurra.

    Dann hat er sich vier Wochen lang den Bauch mit Fleisch, Kartoffeln und Bier vollgeschlagen und ist noch einmal zu den Juden nach der Dragonerstraße gegangen, um sich zu bedanken. Nachum und Eliser stritten sich grade wieder. Sie erkannten ihn nicht, wie er neu eingepuppt, dick und nach Branntwein duftend hereintrat und, ehrerbietig den Hut vor dem Mund, flüsterte, ob noch die Enkelkinder von dem alten Herrn krank sind. Sie fragten ihn in der Destille, an der Ecke, wo er sie traktierte, was er für Geschäfte mache. »Ich und Geschäfte. Ich mach keine Geschäfte. Bei uns geht alles so.« »Und woher habt

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