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Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Ihr Geld?« »Von früher, Rücklagen, man hat sich was gespart.« Er stieß Nachum in die Weiche, blähte die Nase, machte schlaue, heimliche Augen: »Wißt Ihr noch die Geschichte von Zannowich. Doller Kerl. Fein ist der gewesen. Nachher haben sie ihn gekillt. Wat Ihr alles wißt. Ich möchte auch so als Prinz gehen und studieren. Nee, studieren tun wir nicht. Vielleicht heiraten wir.« »Viel Glück.« »Dann kommt Ihr hin, gibt zu futtern, Mensch, und zu saufen.«
    Nachum der Rote betrachtete ihn, kraute sich das Kinn: »Vielleicht hört Ihr noch eine Geschichte. Ein Mann hatte mal einen Ball, wißt Ihr, so einen Ball für Kinder, aber nicht aus Gummi, aus Zelluloid, durchsichtig, und drin sind kleine Bleikugeln. Da können die Kinder mit klappern und können auch werfen. Da hat der Mann den Ball genommen und hat ihn geworfen und hat gedacht: sind Bleikugeln drin, da kann ich werfen, und der Ball läuft nicht weiter, er steht grad auf dem Fleck, den ich gemeint habe. Aber wie er den Ball geworfen hat, ist er nicht so geflogen, wie er gemeint hat, er hat noch einen Sprung gemacht, und dann ist er auch noch ein bißchen gerollt, so zwei Hände nebenbei.« »Laß ihn, Nachum, mit deine Geschichten. Braucht der Mann dich.« Der Dicke: »Was ist denn mit dem Ball los, und warum zankt Ihr wieder? Sehen Sie sich die beeden an, Herr Wirt, seitdem ich die kenne, zanken sie sich.« »Man muß die Menschen lassen, wie sie sind. Zanken ist gut für die Leber.« Der Rote: »Ich will Euch sagen, ich hab Euch auf der Straße gesehn, auf dem Hof und hab Euch singen hören. Ihr singt sehr schön. Ihr seid ein guter Mensch. Aber seid nicht so wild. Seid schön ruhig. Seid geduldig auf der Welt. Weiß ich, wies in Euch aussieht und was Gott mit Euch vorhat. Der Ball, seht, der fliegt nicht, wie Ihr ihn werft und wie man will, er fliegt ungefähr so, aber er fliegt noch ein Stückchen weiter und vielleicht ein großes Stück, weiß man, und ein bißchen beiseite.«
    Der Dicke warf den Kopf zurück, lachte, breitete die Arme aus, fiel dem Roten um den Hals: »Ihr könnt erzählen, der Mann kann erzählen. Franz hat seine Erfahrungen. Franz kennt das Leben. Franz weiß, wer er ist.« »Ich will Euch nur gesagt haben, Ihr habt mal sehr traurig gesungen.« »Mal, mal. Gewesen ist gewesen. Jetzt haben wir unsere Weste wieder ausgefüllt. Mein Ball fliegt gut, Sie! Mir kann keener! Adjes, und wenn ich heirate, seid Ihr dabei!«

    So ist der Zementarbeiter, später Möbeltransportarbeiter Franz Biberkopf, ein grober, ungeschlachter Mann von abstoßendem Äußern, wieder nach Berlin und auf die Straße gekommen, ein Mann, an den sich ein hübsches Mädchen aus einer Schlosserfamilie gehängt hatte, die er dann zur Hure machte und zuletzt bei einer Schlägerei tödlich verletzte. Er hat aller Welt und sich geschworen, anständig zu bleiben. Und solange er Geld hatte, blieb er anständig. Dann aber ging ihm das Geld aus, welchen Augenblick er nur erwartet hatte, um einmal allen zu zeigen, was ein Kerl ist.

ZWEITES BUCH
Damit haben wir unseren Mann glücklich nach Berlin gebracht. Er hat seinen Schwur getan, und es ist die Frage, ob wir nicht einfach aufhören sollen. Der Schluß scheint freundlich und ohne Verfänglichkeit, es scheint schon ein Ende, und das Ganze hat den großen Vorteil der Kürze.
Aber es ist kein beliebiger Mann, dieser Franz Biberkopf. Ich habe ihn hergerufen zu keinem Spiel, sondern zum Erleben seines schweren, wahren und aufhellenden Daseins.
Franz Biberkopf ist schwer gebrannt, er steht jetzt vergnügt und breitbeinig im Berliner Land, und wenn er sagt, er will anständig sein, so können wir ihm glauben, er wird es sein.
Ihr werdet sehen, wie er wochenlang anständig ist. Aber das ist gewissermaßen nur eine Gnadenfrist.
    Es lebten einmal im Paradies zwei Menschen, Adam und Eva. Sie waren vom Herrn hergesetzt, der auch Tiere und Pflanzen und Himmel und Erde gemacht hatte. Und das Paradies war der herrliche Garten Eden. Blumen und Bäume wuchsen hier, Tiere spielten rum, keiner quälte den andern. Die Sonne ging auf und unter, der Mond tat dasselbe, das war eine einzige Freude den ganzen Tag im Paradies.
    So wollen wir fröhlich beginnen. Wir wollen singen und uns bewegen: Mit den Händchen klapp, klapp, klapp, mit den Füßchen trapp, trapp, trapp, einmal hin, einmal her, ringsherum, es ist nicht schwer.

Franz Biberkopf betritt Berlin

 
 
Handel und Gewerbe 
 
 
Stadtreinigungs- und

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