Berlin Gothic 5: Nachts Bei Max
rammt. Der Zugang platzt auf, schwingt in den Angeln zurück, knallt gegen die unverputzte Wand des Kellergangs - und fliegt zurück auf Claire zu.
Sie reißt beide Hände nach oben, die Tür schlägt dagegen, prallt ab - Claire hetzt durch die Öffnung. In das Nachbarhaus hinein, dessen Keller nur durch die Holztür abgetrennt gewesen ist. Eine Verbindung, die noch aus der Zeit des letzten Krieges stammen muss, als viele Berliner Keller zu einem weitverzweigten Luftschutzsystem zusammengeschlossen waren.
„Hier!“ Frederik greift nach ihrer Hand, wirbelt herum, in einen Seitengang hinein, der schmaler noch ist als der erste Korridor - niedriger und ohne Beleuchtung.
Diesmal lässt er sie vor sich herlaufen, sie kann seinen Atem in ihrem Nacken spüren. Fast blind stürzt Claire ins Dunkel voran, an Verschlägen vorbei, durch deren grobe Bretter hindurch halb verrottete Schränke zu erkennen sind, mit Vorräten, die aus den letzten fünfzig Jahren zu stammen scheinen: Dosen, Gläser, Flaschen, aber auch alte Kinderwagen, Schlitten, Lampen, Stapel muffig riechender Zeitungen …
Der Lichtschimmer, der noch aus dem Hauptgang in diesen Seitenarm dringt, wird mit jedem Schritt, den Claire und Frederik weiterrennen, schwächer. Claire hat beide Arme nach vorn gestreckt, um sich vor einem plötzlichen Aufprall zu schützen. Die Luft scheint von den Ausdünstungen feuchter Tücher, keimender Kartoffeln und dem Geruch verschütteten Biers wie durchtränkt. Da reißt das Knirschen der federnden Schritte Frederiks hinter ihr ab.
Claire ringt nach Luft, bleibt stehen, dreht sich zu ihm um. Seine Augen blitzen kaum sichtbar durch das Graubraun des Gangs zu ihr herüber.
Sie spürt, wie ihre Ohren ein wenig nach oben zucken. Die Rufe der Verfolger! Sie müssen an der Weggabelung stehen geblieben sein …
Claire sieht, wie Frederik einen Schritt auf sie zukommt. Der Schatten seines Körpers legt sich auf sie und es wirkt, als würde er sie vor den Männern abschirmen, die ihnen gefolgt sind.
Die Stimmen entfernen sich.
Frederik beugt sich vor. Seine Finger berühren ihr Kinn.
Claire reckt ihr Gesicht seinem zu.
Dann fühlt sie, wie seine andere Hand unter ihren Pullover tastet. Wie von selbst öffnen sich ihre Lippen, ihre Handflächen rutschen über den groben Putz der Wand hinter ihr. Frederik löst die schwere Schnalle ihrer Jeans, streift ihr Hose und Slip zugleich vorsichtig über die Hüften. Sandig presst sich die Wand an ihr entblößtes Gesäß.
Claire erstarrt.
Das Quieken. Fast wirkt es wie ein Rascheln und Fiepsen.
Frederik scheint es nicht gehört zu haben. Sein Gesicht ist an ihrem Hals vergraben, seine Rechte umfängt ihren nackten Hintern, zieht ihn kraftvoll und zugleich leicht an sich heran -
„Warte!“
Claire drückt beide Hände gegen seine Brust, stemmt sich gegen ihn, sieht, wie sein Gesicht aus dem Dunkeln vor ihr auftaucht - die Augen beinahe verschleiert, wie entrückt, wie aus einem nächtlichen Bergsee hochkommend. Sein Arm spannt sich an, mit einem Griff schiebt er sein eigenes T-Shirt nach oben, so dass ihre bereits entblößten Brüste auf seinen Oberkörper zu liegen kommen, sanft darauf gedrückt werden - während sie sich zugleich verhärten -
„Warte“, Claire keucht fast mehr, als dass sie flüstert. Sie will ihn endlich ganz für sich haben, und spürt doch zugleich den Drang, hören zu wollen - hören zu müssen , was dort hinter ihnen, im Dunkeln des Gangs raschelt und fiepst.
Entschlossen zieht sie ihren Pullover wieder herunter, zwingt sich, die Berührung ihrer Körper zu durchtrennen. Schon will sie sich aus Frederiks Umarmung lösen, da fühlt sie, wie seine Hand über ihre Hüfte hinweg nach vorn wandert, über die Stoppeln ihrer Schamhaare gleitet, nach unten fährt - hört, wie schwer er atmet.
Dann liegt sie mit dem Rücken auf dem Boden. Unter sich Frederiks Jacke, die er auf den körnigen Betongang ausgebreitet hat - über sich sein mächtiger Leib. Ihre Augen sind nur halb geöffnet, ihre Sinne wie angespitzt, wie aufgeheizt, wie prall gefüllt von den Impulsen, die er bei ihr auslöst. Sie spürt, wie der Schweiß ihre Haut ganz bedeckt, wie sich jede ihrer Bewegungen in ihm fortsetzt. Es ist wie ein Hinaufklettern auf eine Anhöhe, einen Gipfel, einen Turm, der höher zu sein scheint als alle Wolken, dessen Höhe ihr fast den Atem nimmt und einen Sturz verspricht, wie sie ihn noch nicht erlebt hat. Einen Sturz, den sie kaum erwarten kann und von dem sie
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