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Berliner Aufklaerung - Roman

Berliner Aufklaerung - Roman

Titel: Berliner Aufklaerung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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Ein Schwarzhaariger spielte am Flipperautomat. Traurige Tiere, die auf den Orgasmus warteten.
    Als zwei Frauen die Bar betraten, ging ein kurzer Ruck durch die Runde. Der Pockennarbige bezog Angriffsstellung, der Kellner knurrte »keine Tussis hier!«, und die beiden Frauen flohen verschreckt zurück ins Freie.
    An dem Durchgang zum zweiten Raum lehnte seit einiger Zeit ein Ledermann mit Glatze und hellem Schnäuzer. Der Pockennarbige hatte versucht, Kontakt zu ihm aufzunehmen, war aber durch wenige, eindeutige Gesten wieder auf seinen Hocker zurückgetrieben worden. Trotz der schwülen Wärme in der langen, schlauchartigen Raumflucht hatte der Ledermann weder seine Handschuhe noch die Lederkappe mit der breiten Goldkette auf dem Schirm abgelegt.
    Es war kurz nach elf, als Ulf und Peer die Bar betraten. Die schwarze Gestalt löste ihre übereinandergeschlagenen
Beine und ging mit großen Schritten auf die beiden Neuen zu, bevor der Pockennarbige von seinem Hocker gerutscht war. Ihre Stimme klang dunkel. »Du bist Peer?«
    Der Angesprochene musterte knapp die breite Lederfigur, dann wandte er sich mit erstaunter Augenbraue zu Ulf um. »Hast du deshalb so gequengelt, daß wir hierher gehen sollen?«
    Bei hellerem Licht hätte man erkennen können, daß dieser errötete. »Nein, Peer, ich hab damit bestimmt nichts zu tun. Glaub mir, gar nichts. Ich wußte ja nicht, daß uns hier jemand erwartet. Wirklich nicht.«
    Peer drehte sich zu dem Ledermann zurück. »Was gibt’s?« Seine Mimik verriet angestrengten Spott.
    »Zarathustra schickt mich.«
    Ein unsichtbarer Schlag traf Peers Magen. Seine Gesichtszüge wurden wächsern. Die Adern an seinen Schläfen traten noch stärker hervor, die stahlblauen Augen verengten sich zu Schießscharten. »Was soll das?«
    Die Ledergestalt hatte ihre Arme über der Brust verschränkt. »Das weißt du selbst.«
    Ulf war verstört. Das schwarze Taschentuch an der linken Schulterklappe des Ledermannes trug auch nicht dazu bei, ihn zu beruhigen. Instinktiv griff er nach dem Arm seines Freundes. »Komm, Peer, laß uns doch lieber woanders hingehen.«
    Peer riß sich los. »Nimm deine verdammten Pfoten weg!«
    Die Tränen schossen in Ulfs Augen. Er starrte Peer fassungslos an. Die Ledergestalt war inzwischen einen Schritt auf diesen zugegangen. »Ich denke, wir haben was zu regeln.«
    Ohne sich noch einmal nach Ulf umzudrehen, folgte
Peer mit steifem Gang dem Ledermann in die hinteren Regionen der Bar.
    Ulf blieb wie versteinert stehen. Das Wasser floß ihm hemmungslos die Wangen hinab, während der Pokkennarbige die Bierflasche abstellte. Er witterte seinen Sonntagsfick.
     
    Im Damenklo, das vermutlich noch nie eine Dame gesehen hatte, herrschte der strenge Geruch von altem, sich zersetzendem Urin. Jüngste Wasserspiele hatten einige frischere Pfützen auf dem gekachelten Boden zurückgelassen. Klodeckel und -brille lagen zerbrochen hinter der weißen Kloschüssel.
    Der Ledermann drehte den Schlüssel um. »Los, geh da rauf!«
    »Was soll das?« Das bleiche Gesicht von roten Hitzeflecken entstellt, lehnte sich Peer an eine der gekachelten, urinfeuchten Wände.
    »Du willst mir was von Zarathustra erzählen. Los rauf!« Der Ledermann zog ein langes Filetiermesser aus seiner Jacke. Ohne den Blick von der Gestalt vor ihm zu wenden, stieg Peer rückwärts auf die Kloschüssel. Es gab ein leises Krachen, als der schwere Ledermann ebenfalls auf den schmalen Keramikrand stieg. »Die Arme nach oben!«
    Das kalte Metall einer Handschelle schnappte um Peers linkes Handgelenk, offensichtlich ohne es zu merken, streckte er seine Arme aus. Der Ledermann schloß die zweite Handschelle um das andere Handgelenk, nachdem er die Verbindungskette um das Fenstergitter über dem Klo gelegt hatte. Kalte Luft strömte durch die zerbrochene Scheibe.
    »Was soll das? Was weißt du von Zarathustra?« Die
Handschellen klirrten gegen die Eisenstäbe. Peer schien jetzt erst zu realisieren, daß er angekettet war. »Was soll das?«
    Eine schwarze Lederbinde legte sich über seine Augen. Es gab eine dumpfe Erschütterung, als der Ledermann wieder von der Kloschüssel heruntersprang. Im benachbarten Herrenklo ließ sich der Aufschlag eines harten Strahls auf Keramik vernehmen. Aus dem dritten Raum der Bar drang gedämpft das Stöhnen der Porno-Videos.
    Peer zuckte zusammen, als das lange Filetiermesser unter seinen Pullover fuhr und diesen aufschlitzte. Kurz über seinem Bauchnabel hinterließ es einen kleinen Schnitt,

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