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Lichthaus Kaltgestellt

Lichthaus Kaltgestellt

Titel: Lichthaus Kaltgestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Walz
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Z um Abschied schmiegte sie sich noch einmal an Olivers warmen Körper. Sie lauschte seinem leisen Schnarchen und küsste ihn, dann schlängelte Eva sich unter der Bettdecke hervor und suchte ihre Kleidung zusammen. Sie schlüpfte in Slip und Jeans, streifte das T-Shirt über, den BH stopfte sie in den Rucksack.
    Es war stickig in der kleinen Dachwohnung. Im spärlichen Licht, das von der Straßenlampe gegenüber hereinfiel, übersah sie eine leere Wasserflasche und stieß sie um.
    Oliver wälzte sich herum und blinzelte mit den Augen. »Was machst du denn? Es ist mitten in der Nacht. Bleib doch hier!«
    »Oliver, bitte.«
    »Ich bring dich.« Er stützte sich auf seinen Unterarm.
    »Nein, lass! Mit dem Rad bin ich ganz schnell zu Hause.« Eva wartete seine Antwort nicht ab, gab ihm noch einen Kuss und schlüpfte in ihre Flipflops. Als sie einen Moment später die Wohnungstür hinter sich zuzog, konnte sie ihn schon wieder schnarchen hören.
    Es war eine kühle Nacht nach einem heißen Augusttag, den sie im Südbad verbracht hatten. Am Abend hatte Oliver Pizza gebacken, die sie auf dem winzigen Balkon gegessen hatten, der gerade einmal Platz für die beiden wackeligen Stühle und den Klapptisch bot. Sie seufzte. Wie gern wäre sie noch geblieben und am Morgen neben Oliver erwacht.
    Aber meist ging sie in der Nacht nach Hause. Ihr Vater war vor zwei Jahren an Darmkrebs erkrankt. Seitdem beherrschte die furchtbare Krankheit ihr Familienleben. Er hatte gar nicht mitbekommen, wie sie erwachsen geworden war, und erwartete selbstverständlich, dass sie die Nacht zu Hause verbrachte. Wer konnte schon sagen, wie viel Zeit ihnen noch gemeinsam blieb? Also tat sie ihm den Gefallen.
    Sie ließ die Haustür leise zufallen und ging auf die andere Straßenseite zu den Fahrradständern, doch ihr Rad war verschwunden. Nur das durchgesägte Schloss lag wie ein toter Wurm auf dem Boden. Sie fluchte und schleuderte es über eine Mauer. Es war ein teures Rad gewesen. Ein Geschenk ihrer Eltern und erst ein paar Monate alt. Verdammt! Sie zögerte einen Augenblick und schaute sehnsüchtig zu Olivers Wohnung hinauf, drehte sich dann aber doch um. Es war nicht weit, nur quer durch die Fußgängerzone, noch nicht einmal eine Viertelstunde würde sie brauchen.
    Manchmal genoss sie es, durch die einsamen Straßen zu laufen. Angst hatte sie noch nie empfunden. In der Nacht wirkte alles seltsam anders, aber doch friedlich. Heute hatte sie keinen Sinn dafür. Voller Wut stürmte sie los, vorbei an Rathaus und Antoniuskirche, Richtung Innenstadt.
    Zu Beginn der Fleischstraße hatte sie sich einigermaßen beruhigt und überlegte gerade, wo sie eine Anzeige wegen des Diebstahls machen sollte, als hinter ihr klirrend eine Flasche zu Bruch ging. Sie zuckte zusammen und drehte sich um, konnte jedoch niemanden sehen. Sie wurde unruhig und ging schneller. Zum ersten Mal waren ihr die leeren Straßen unheimlich. Keine Menschenseele weit und breit. Nur das Schlappen ihrer Flipflops hallte überlaut durch die Stille. Die Fleischstraße zog sich nun in die Länge. Es war dunkel, die Straßenlaternen standen hier in größerem Abstand voneinander. Endlich der Kornmarkt. Einige Schaufenster waren beleuchtet. Ein Auto fuhr oben die Konstantinstraße hinauf zur Basilika. Das beruhigte ein wenig, aber das unbestimmte Gefühl, beobachtet zu werden, nahm zu. Sie behielt ihr Tempo bis zum Hauptmarkt bei, wo sie plötzlich einen Mann hämisch lachen hörte. So dicht hinter ihr. Was will der Kerl? Sie lief weiter, ohne sich umzuschauen. Die Domuhr schlug dreimal, doch die Kirche drüben am Domfreihof wirkte verschlossen wie eine Burg. Ihre Augen suchten fieberhaft nach Passanten. Ohne Erfolg. In keinem Fenster ein Licht. Die Stadt war ausgestorben wie eine verlassene Filmkulisse.
    Da! Etwas weiter vorne in der Simeonstraße zog grölend eine Gruppe betrunkener Studenten in Richtung Porta Nigra. Sie stützten sich gegenseitig und lachten bierselig. Eva wollte rufen, doch schon verschwanden die Schatten im Margaretengässchen. Der Lärm wurde schnell leiser, dann war es wieder still.
    Sie wünschte sich Oliver herbei. Anfangs hatte er sie immer nach Hause gebracht, aber Eva hielt das für unnütz, sie hatte Trier für ungefährlich gehalten. Bis jetzt.
    »Kleines Mädchen ganz alleine?«, kam es aus dem Nichts.
    Sie schrie auf, schaute panisch über die Schulter und glaubte, eine Bewegung ausmachen zu können, war sich jedoch nicht sicher. Schnell lief sie weiter,

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