Bernie allein unterwegs
sie hechelnd an.
Sie lachte. »He, willst du mit mir mitkommen?«
Dann fing sie an zu hopsen, und auch ich versuchte zu hopsen, aber mit meinen vier Beinen kam ich völlig durcheinander und ließ es schnell wieder bleiben.
Und dann musste ich daran denken, was meine Mutter mir zum Abschied gesagt hatte: »Geh nicht mit Fremden mit, aber halte dich an kleine Kinder.«
Mein Herz klopfte wie wild.
Wir liefen die Straße hinunter, die aus dem Ort hinausführte, immer geradeaus. Nach einer Weile begann eine Neubausiedlung, in die das Mädchen einbog. Zwei Straßen weiter, fast am Ende der Siedlung, stand ein kleines modernes Friesenhaus. Es hatte einen Vorgarten mit Rasen, umkränzt von Rosen, ein reetgedecktes Dach und Sprossenfenster. Von außen sah es viel gemütlicher und freundlicher aus als das Haus von Küsters, und ich hoffte so sehr, dass mich das Mädchen mit hineinnehmen würde, dass ich fast glaubte, platzen zu müssen.
Aber sie öffnete nur die Gartenpforte und lief um das Haus herum.
Hinter dem Haus stand mitten auf dem Rasen ein runder Plastikpool mit leuchtend blauem Wasser, und in der Ecke am Zaun war ein Geräteschuppen, der wie ein winziges Puppenhaus aussah. Das gesamte Grundstück war von einer hohen grünen Hecke umgeben. Auf der Terrasse standen eine Hollywoodschaukel, ein großer runder Tisch mit vier Stühlen und neben der Terrasse, nicht weit von dem Pool entfernt, zwei Liegestühle, bedeckt mit bunten Handtüchern.
Ich wusste sofort, dass ich mich hier sauwohl fühlen würde.
»Komm mit in den Schuppen«, sagte das Mädchen. »Da
kannst du zwar nicht immer bleiben, aber ich muss erst einmal sehen, wo meine Eltern und mein Bruder sind.«
Sie machte also Pläne, wo sie mich unterbringen konnte, und war schon dabei, mich zu adoptieren.
Ich jubilierte innerlich und hätte es am liebsten Robbie erzählt, der jetzt irgendwo weit draußen in der Nordsee herumschwamm. Schade, dass er so weit weg war.
Das Puppenhaus hatte einen eisernen Riegel. Das Mädchen öffnete ihn, und die schwere Holztür ging knarrend auf. Dann schob sie mich einfach hinein.
»Sei brav!«, sagte sie. »Du darfst nicht bellen, hörst du? Ich hol dich wieder raus, keine Sorge.«
Sie warf die Tür mit Schwung zu und legte den Riegel wieder vor.
Das alles war unglaublich schnell gegangen. Ich hatte zwar einen Hotdog gegessen, aber satt war ich immer noch nicht. Hoffentlich vergaß das Mädchen nicht, mir noch etwas zu fressen und zu saufen zu bringen.
Ich versuchte mich umzusehen, aber das war unmöglich, denn im Schuppen war es stockdunkel. Ganz vorsichtig bewegte ich mich vorwärts, um auszutesten, wie viel Platz ich hatte, aber ich stieß schon nach nur zwei kleinen Schritten mit der Nase an einen Tisch und trat in eine Harke, die verkehrt herum an der Wand lehnte. Vor Schmerz jaulte ich auf. Aber nur ganz kurz, dann war ich wieder ganz still, um nicht entdeckt zu werden.
Dieser Schuppen schien eine Katastrophe zu sein. Bis oben hin voller Gerümpel und noch nicht einmal genug Platz für einen kleinen Hund.
Ich schlich zurück zur Tür, rollte mich zusammen, legte die Schnauze auf die Vorderpfoten und wartete ab.
Komm wieder, flehte ich innerlich, bitte, komm wieder und zeig mir, wo ich schlafen darf, und bring mir vor allem etwas zu fressen.
Diese Bitte schickte ich in Gedanken ein paarmal zu meinem Hundegott, damit er sie bloß nicht überhörte, und obwohl ich es eigentlich nicht wollte, schlief ich ein.
Als ich aufwachte, war es immer noch stockdunkel und so still, dass ich hätte schreien mögen. Das Mädchen hatte mich also doch vergessen. Ich würde hier in diesem stickigen Schuppen jämmerlich krepieren. Verhungern und verdursten. Das war nicht fair! Ich hatte ihr nichts getan! Gut – ich hatte ihren Hotdog gefressen, aber sie war damit einverstanden gewesen! Wahrscheinlich hatte sie jetzt von ihrer Mutter schon längst Abendbrot bekommen. Leberwurst- oder Salamibrote, Schinken oder Käse. Spiegeleier oder Hühnerbeine. Oder Koteletts mit dicken Knochen. Ich durfte gar nicht daran denken, sonst bekam ich noch mehr Bauchschmerzen.
Es war gemein, dass sie mich hier in diesem Schuppen eingesperrt hatte. Ich hatte doch nur einen einzigen Wunsch: Ich wollte das tun, was alle tun, ich wollte einfach nur leben!
Ich merkte schon wieder, dass meine Nase vor Verzweiflung feucht wurde und auch meine Augen anfangen wollten zu tränen, als ich Schritte hörte. Schwere, lange Schritte. Auf keinen Fall die des
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