Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)

Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)

Titel: Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schuler
Vom Netzwerk:
Vertrauen hochrangiger Politiker, indem sie einen von ihnen zu ihrem Chef machte. Sie berief 1966 McGeorge Bundy an ihre Spitze. Damit hatte sie auf einen Schlag Zugang zur politischen Klasse und in höchste Regierungs- und Verwaltungskreise. Bundy hatte davor fünf Jahre lang als Sicherheitsberater der amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy und Lyndon B. Johnson fungiert. Er galt als einer der klugen und einflussreichen Köpfe in Kennedys und Johnsons Regierung, der an allen wesentlichen Entscheidungen beteiligt war – ob an dem missglückten Überfall in der Schweinebucht auf Kuba oder an der Bombardierung Nordvietnams. Von 1966 bis 1979 stand er an der Spitze der Ford Foundation.
    Mohn holte Helmut Kohls Berater Horst Teltschik und den Politologen Werner Weidenfeld, der an der Universität Mainz lehrte, in die Stiftung. Weidenfeld ist später für viele Jahre im Vorstand der Stiftung. Der Professor für Politikwissenschaft beriet Kanzler Helmut Kohl – wie Teltschik – in außenpolitischen Fragen. Dadurch erhielt Mohn Zugang zum Kreis von Helmut Kohl. Kohl selbst hielt sich zurück, aber Mohn verstand sich gut mit Kohls Mitstreitern und Beratern. Wenn man heute zurückschaut, dann ist erstaunlich, wie Mohn im Laufe der Jahre mehrere von Kohls engen Mitarbeitern an sich band: neben den Beratern wie Werner Weidenfeld und Horst Teltschik auch Politiker wie Kurt Biedenkopf und Roman Herzog.
    Der Politologe Teltschik begann 1972 mit 33 Jahren für Helmut Kohl zu arbeiten. Kohl gewann ihn, wie Teltschik später erzählt, indem er ihm offen sagte: »Sie werden für mich arbeiten, weil ich eines Tages Kanzler sein werde. Und wenn ich das bin, werden Sie an meiner Seite sein.« Das gefiel Teltschik. Er wurde vier Jahre Redenschreiber für den Ministerpräsidenten Kohl in Mainz und ging dann mit ihm nach Bonn. Dort arbeitete er zunächst sieben Jahre als Bürochef des Fraktionsvorsitzenden Kohl, dann als Berater des Kanzlers. Teltschik wurde »Chefberater«, wie ihn der Spiegel nannte. Zusammen mit der Sekretärin und Vorzimmerdame Juliane Weber und Pressechef Eduard Ackermann avancierte Teltschik zu einem der engsten Vertrauten des Kanzlers.
    Teltschik war der Ambitionierteste in Kohls Umgebung, schreibt Klaus Dreher in Helmut Kohl – Leben mit Macht . »Er wusste, dass Kohl seine schützende Hand über ihn hielt, und er machte von den Freiheiten, die er im Amt besaß, reichlich Gebrauch. Er verfügte über Beziehungen, Kenntnisse und Fähigkeiten, die seine Konkurrenten nicht hatten und spann seine Fäden in alle bedeutenden Hauptstädte der östlichen und westlichen Welt. Wer wollte, dass der Bundeskanzler etwas erfuhr, oder wer von ihm etwas erfahren wollte, wandte sich an den jungen Mann, der seiner besonderen Beziehungen zum Kanzler wegen ›Kohls dritter Sohn‹ genannt wurde.« 5 Teltschik ist nach Kohls Einschätzung »den meisten Granden im Auswärtigen Amt weit überlegen«. Außenminister Genscher ärgerte sich über dessen Einfluss. Weil Teltschik wegen des Widerstands der FDP nie Staatssekretär oder Minister werden konnte, verließ er nach der Bundestagswahl Ende 1990 die Politik.
    Im Januar 1991 folgte er Hans-Dieter Weger als Geschäftsführer der Bertelsmann Stiftung. Von seinem Gütersloher Schreibtisch blickte Teltschik auf einen künstlichen See »und auf ein Ding, das wie die Schrumpf-Karikatur der Henry-Moore-Skulptur ›Two Large Forms‹ vor dem Bonner Kanzleramt aussieht«, beobachtete der Spiegel und schrieb: »Es ist überhaupt in der Bertelsmann Stiftung alles ein bisschen wie im Kanzleramt. Nicht nur die gläsernen Fassaden und das Mobiliar erinnern daran, sondern auch die Order des Chefs, sämtliche Journalisten, die Fragen nach dem Deutschland-Besucher Michail Gorbatschow haben, an Eduard Ackermann zu verweisen, des Kanzlers treuesten Medien-Knecht.« 6
    Es hat sich für Teltschik auch deshalb nicht viel geändert, weil er bereits davor das Unternehmen Bertelsmann beraten habe, wie die Berliner taz schreibt. 7 Teltschik beriet viele – beispielsweise sah er keinen Interessenkonflikt darin, während seiner Tätigkeit für die Stiftung noch CSU-Chef Theo Waigel zu beraten, wie die dpa schreibt. Die Beziehungen des langjährigen außenpolitischen Kanzlerberaters zu Staatsmännern seien der Stiftung einiges wert. Laut Spiegel verdiente Teltschik jährlich etwa 600 000 Mark, jedenfalls mehr als sein ehemaliger Chef Helmut Kohl (etwa 460 000 Mark). Dafür mache er sich auch für das

Weitere Kostenlose Bücher