Besessen von dir
wollte hier sowieso nicht her.”
“Dann wirst du dich nicht sträuben?”
“Ich mich sträuben? Deinem Willen widersetzen? Niemals!”
“Das wollte ich hören.”
Wie sollte sie das bloß aushalten! Doch sie wehrte sich nicht, als er sie am Arm mit sich zog. Sie mußte fast rennen, um mit ihm Schritt zu halten, doch sie beschwerte sich nicht, während sie auf den Schuppen zugingen, den sie bereits vom Haus aus gesehen hatte. Von außen war der Holzschuppen verwittert und das Wellblechdach schon angerostet, aber von drinnen war das Scharren und Schnauben von Tieren zu hören.
Don schob die große Tür auf, und sie traten ein. Innen war es dunkel, und es roch nach Pferden und frischem Heu.
“Hier herüber”, sagte Don und führte sie ins Hintere des Schuppens, wo zwei fertig gesattelte Pferde nebeneinander standen. “Ich dachte, wir könnten einen Ausritt unternehmen.”
Forschend blickte Kaylie ihn an. “Und woher weißt du, daß ich nicht fliehen werde?”
“Mit Henry hier?” Dabei wies er auf einen großen braunen Wallach. “Keine Chance. Er weiß genau, wann es Futter gibt, und egal, wo er ist, er beeilt sich, rechtzeitig wieder hier zu sein.”
Das Pferd sah gutmütig aus und blinzelte mit den großen braunen Augen, während er Kaylie gleichgültig ansah.
“Du kommst auf Henry keine vier Kilometer von hier weg, es sei denn, du hast inzwischen Reitunterricht genommen.” Er schmunzelte listig. “Außerdem werde ich dich, falls du es doch versuchen solltest, auf diesem hier spielend einholen.” Mit dem Daumen wies er über die Schulter auf den dunkelbraunen muskulösen Hengst. “Das ist ‘Majestät’.”
Kaylie blickte ihn gereizt an. “Also ich werde auf einem Pferd namens Henry reiten, während du auf Seiner Majestät sitzt, ja?”
“Genau so werden wir es machen.” Don öffnete die Gatter und führte die beiden Tiere aus dem Stall.
“Davon habe ich schon immer geträumt”, murmelte sie verdrießlich, während sie draußen auf die Pferde stiegen.
Kaylie und Don ritten an ein paar anderen Ställen vorbei, in denen noch weitere Pferde und auch ein paar Kühe
untergebracht waren. Zum Teil grasten die Tiere gerade draußen oder dösten im Schatten.
Ein paar unbeholfene Fohlen versteckten sich hinter ihren Müttern, und ein Kalb mit weißer Blesse muhte laut, als sie vorbeiritten. Don wirkte im Sattel vollkommen entspannt, und Kaylie, die in ihrem Leben nie viel geritten war, tat so, als sei es auch für sie das Natürlichste der Welt, auf einem Pferd zu sitzen.
“Wo reiten wir hin?” erkundigte sie sich und schirmte die Augen gegen das grelle Licht ab. Sie vermißte ihre Sonnenbrille.
“Auf den Berggipfel.”
“Warum?”
Er sah sich über die Schulter nach ihr um, und der Blick seiner grauen Augen ließ ihr Herz schneller schlagen. “Wegen der Aussicht.”
Don wollte auf den Berggipfel reiten, um ihr die Aussicht zu zeigen? Wenn ihr das jemand vor zwei Tagen erzählt hätte, wäre sie vor Lachen vom Stuhl gefallen. Doch dieser neue Zug an Don, dieses Ausspannen von der Alltagshektik, faszinierte sie.
Der Ritt dauerte fast zwei Stunden, während die Pferde vorsichtig einen fast zugewachsenen Pfad entlanggingen.
Kaylies Beine taten ihr allmählich weh, und ihre Augen brannten, weil sie wegen der Sonne ständig blinzeln mußte. Sie zog sich die Jacke aus und band sie sich um, während Henry ruhig hinter Majestät hertrottete.
Sie versuchte, Gefallen an den Wildblumen zu finden, oder am Ruf eines Falken, der über ihnen kreiste, doch ihr Blick wurde ständig zu Don zurück gezogen. Dagegen konnte sie sich nicht wehren. Sein dunkles Haar schimmerte in der Sonne und reichte bis über den Kragen. Das Hemd spannte sich über seinen breiten Schultern, und er hatte die Ärmel hochgekrempelt, so daß sie seine braunen Unterarme sehen konnte.
Eine männliche natürliche Ausstrahlung umgab ihn, und Kaylie fühlte sich davon gefangen. Ohne sich dagegen wehren zu können, musterte sie, wie sein Hemd über den Hosenbund bauschte und wie sich der Gürtel beim Reiten auf und ab bewegte.
Nur um diesen Mann, der vor ihr ritt, ihren Ex-Mann, drehten sich ihre Gedanken. Damals hatte sie ihn so sehr geliebt, daß sie sicher gewesen war, niemand könne seinen Platz in ihrem Leben einnehmen.
Vielleicht stimmte das.
Bei diesem Gedanken zog sie unwillkürlich die Zügel fester an. Henry trippelte unruhig zur Seite und schnaubte. Es wäre ein leichtes, sich wieder in Don zu verlieben.
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