Besitze mich! (Band 1)
seine Bedürfnisse da: sein Champagnerglas auffüllen, ihm Bücher zum Signieren bringen, die Menschenschlange aus Lesern und vor allem Leserinnen zu organisieren, die es nicht abwarten konnten, ein paar Worte mit Adrien zu wechseln, natürlich intime, dachte ich.
Die Verkaufszahlen schossen nur so hoch ... Diesen Erfolg hätte ich gerne mit Fabien geteilt. An jenem Abend fühlte ich mich endlich fähig, Verantwortung zu übernehmen, ich, die von Job zu Job, von Mann zu Mann geirrt war, ohne einen Sinn in auch nur einem Abenteuer, und beinahe auch nicht mehr in meinem Leben, zu erkennen. Was für ein Unterschied zum gestrigen Abend und zum fordernden Blick von Rose, in dieser Bar in Pigalle ... Jahrhunderte schienen seitdem vergangen zu sein.
Ich liebte den Kontakt mit den Büchern der Buchhandlung und vor allem hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, einem Mann von einem ganz anderen Kaliber gegenüberzustehen. Ein Mann, der das weibliche Verlangen erforscht hatte, in all seiner suchtartigen Abhängigkeit, seiner Besessenheit und seinen Exzessen. Dieser Mann war nicht wie die anderen, und die Leserinnen, die an diesem Abend in der Buchhandlung anwesend waren, hatten dies begriffen. Adrien Rousseau spielte nicht mit seiner Macht, er blieb emotionslos, lächelte seine Leserinnen kaum an und strahlte vollkommene Ruhe aus. Komplimente, die man ihm machte, lösten keinerlei Reaktion bei ihm aus, sein Gesicht gab nichts preis. Er wirkte so förmlich wie ein Wissenschaftler, der einen physikalischen Aufsatz signiert. Im Gegensatz dazu wurde sein Blick bohrend, sobald er mich damit fixierte. Ich war mit ihm verbunden, auf so eigenartige Weise. Das zeigte er mir, indem er sich regelmäßig durch einen Blick versicherte, dass ich auf ihn aufpasste und ihn nicht verließ.
Die Menschenmenge drängte sich draußen zusammen. Man stellte sich an, um Adrien Rousseau zu sehen. Die Haltung der Leserinnen veränderte sich, je näher sie dem Schriftsteller kamen. Er agierte mit grenzenloser Anmut, mit dem Charme absoluter Selbstbeherrschung. Er tat nur das Mindeste und jede Leserin, die ihm sein Buch hinhielt, damit er es signierte, machte den Eindruck, als würde ihr die höchste Weihe zuteil, eine außergewöhnliche Anerkennung. Seine Kleidung war geschickt zusammengestellt - eine normale Jeans, ein weißes Hemd und eine Weste aus braunem Samt -, sie wirkte ganz einfach, doch Schönheit und Raffinesse lagen in den Details. Er trug die perfekte Kleidung für den Anlass, sie war nicht zu kompliziert, aber ausgefeilt genug, um sich abzuheben. Adrien kannte sich auf diesem Gebiet gut aus; das faszinierte mich. Ich studierte jede seiner Gesten, ein Lächeln, um ein Zwiegespräch mit einer Leserin zu beenden, die zu viel zu verlangen schien, seine Hand in den versehentlich lang über die Stirn hängenden Haaren, seinen Füller, den er öffnete und schloss, im Takt der sich aneinanderreihenden Widmungen. Die Kunden, die zu mir kamen, um mich um Rat oder nach einem Werk zu fragen, schafften es nicht, dass ich mich von ihm abwandte. Ich war vollkommen davon fasziniert, wie er die Situation unter Kontrolle hatte. Ich hatte nur noch Augen für ihn und war unfähig, die Menschenmenge zu sehen, diese mehreren Dutzend Leser, die sich in Groupies verwandelt hatten, bis mich plötzlich ein Kunde, der beharrlicher war als die anderen, dazu zwang, meinen Beobachtungsposten zu räumen. Die Buchhandlung verlangte ständig nach Aufmerksamkeit. Einige Kunden konnten mit Adrien nichts anfangen und kamen einfach, um ein Buch zu kaufen.
„Es tut mir leid, dass ich Sie stören muss, aber ich bin auf einen Geburtstag eingeladen und ich weiß nicht, was ich der Person schenken könnte. Ich suche einen sehr schönen Text. Er ist für eine Frau, eine sehr schöne Frau, die ich gerne beeindrucken würde“, erklärte mir dieser Mann.
In meinem Kopf gab es nur noch einen einzigen Schriftsteller.
„Na dann schenken Sie ihr doch
Belleville im April
von Adrien Rousseau. Der Autor kann Ihnen sogar eine Widmung schreiben.“
„Ich sagte ein schöner Text“, erwiderte der Mann schelmisch und fixierte mich mit seinem Blick, als wolle er den Grad meiner Verzückung einschätzen. „Offenbar teile ich Ihre Leidenschaft für diesen Autor nicht.“
Ich fühlte mich so durchschaubar, weil ich unfähig war, meine Faszination für Adrien Rousseau zu verbergen. In dieser Buchhandlung gab es nur noch ihn und ich sah auch kein anderes Buch mehr.
Ich musste wieder zu mir
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