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Besser so als anders

Besser so als anders

Titel: Besser so als anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Goldstein
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muschelförmige Mieder erinnerte Hannah an eine Nixe –, dazu besaß es eine Schleppe, die sich fächerartig ausbreitete. Vor Monaten hatte Bee noch zu Hannah gesagt, sie hoffe, in das einfache Chiffonbrautkleid ihrer Mutter zu passen, das Donna seit über dreißig Jahren in einem blütenweißen Kleidersack in ihrem Schrank aufbewahrte. Doch als sie es anprobieren wollte, war der Reißverschluss nicht zugegangen. Donna trug seit ewigen Zeiten Kleidergröße 34, und obwohl Bee während ihrer Zeit am College alles darangesetzt hatte, ebenfalls ihre Größe 34 beizubehalten, musste sie sich jetzt mit Kleidergröße 36 zufriedengeben.
    Im Moment trug Bee nur ihre weiße Spitzenunterwäsche, einen trägerlosen BH und eine feine Strumpfhose mit Miedereinsatz, der ihre Taille um zweieinhalb Zentimeter schlanker aussehen ließ. Die Strumpfhose ließ ihren Nabel durchscheinen. Ihr Haar war zu Zöpfen geflochten und zu einem Kranz hochgesteckt, was auf Hannah entsetzlich unbequem und unangemessen streng wirkte.
    Hannah liebte Bees rotblonde Locken, vor allem wenn sie ihr offen und locker über die Schultern fielen. Sie konnte nicht verstehen, weshalb Bräute ihr Haar immer so umständlich hochsteckten. Hannah musste dann immer an den Anblick der Verstorbenen bei der Totenwache denken: zu stark geschminkt und für alle jene, die ihnen nahegestanden hatten, kaum wiederzuerkennen.
    Jackie und Lisa, die zwei anderen Brautjungfern, standen mit geglättetem Haar und wie Hannah in einer schwarzen Robe neben Bee. Sie überlegten, wie sie Bee am besten in das Kleid zwängen konnten, ohne es dabei zu zerknittern oder ihre fürstliche Frisur zu zerstören.
    »Am besten sie steigt einfach rein«, schlug Lisa gerade in ihrem üblichen schüchternen Tonfall vor.
    »Blödsinn!«, antwortete die strenge Jackie aggressiv. »Wenn sie reinsteigt, tritt sie vielleicht drauf und macht es schmutzig. Es ist besser, wenn sie es über den Kopf zieht.«
    »Die Verkäuferin hat aber gesagt, dass ich reinsteigen soll. Außerdem sieht der Boden ziemlich sauber aus. Trotzdem … vielleicht hat Jackie ja recht. Kommt, wir versuchen es über den Kopf, aber langsam.«
    Als Bee gefragt hatte, wer ihr beim Anziehen helfen könne, hatte Hannah beschlossen, bei Dawn zu bleiben. Sie ging davon aus, dass auch Dawn beim Anziehen Unterstützung benötigte.
    Dawns Kleid war nicht wie das der anderen Brautjungfern. Es sah ähnlich aus, weil es auch schulterfrei, schwarz, im Empire-Stil und tief ausgeschnitten war, aber anders als Hannahs Robe hatte Dawns Kleid eine Zierschleife auf der Taille und eine kleine Schleppe hinten. Hannah hatte noch nie eine Trauzeugin gesehen, die ein anderes Kleid als die Brautjungfern trug. Sie überlegte, ob das wohl eine Südstaatentradition war oder eine neue Mode. Weil sie nichts anderes zu tun hatte, fasste Hannah sich ein Herz und fragte Dawn nach dem Grund für deren ungewöhnliche Aufmachung.
    »Ich wusste gar nicht, dass die Trauzeugin ein anderes Kleid trägt. Ist das in den Südstaaten so üblich? Ich habe das noch nie gesehen.«
    »Da, wo ich herkomme, sollten Trauzeuginnen sich von den Brautjungfern unterscheiden«, antwortete Dawn in ihrem gedehnten Südstaatenakzent.
    »Wo kommst du denn her?«, fragte Hannah und konnte nur mit Mühe die Gereiztheit in ihrer Stimme verbergen.
    »Aus Roanoke«, antwortete Dawn spitz.
    »Und wo ist das?«, fragte Hannah, bereute es aber sogleich, denn ihre Frage musste ja zwangsläufig wie eine Beleidigung klingen.
    »In Virginia. Ungefähr zwei Stunden von Richmond entfernt. Süße, hast du in Geografie etwa nicht aufgepasst?«, erwiderte Dawn und warf ihr eins ihrer strahlenden Debütantinnenlächeln zu.
    »Nein, das war nie meine Stärke«, sagte Hannah so liebenswürdig und sanft wie möglich, dann spähte sie wieder auf ihr Handy, kontrollierte die Uhrzeit und vergewisserte sich, dass sie keinen Anruf verpasst hatte. Bis zur Trauung war es noch eine knappe halbe Stunde. Erschöpft atmete sie aus und ließ ihren Blick schweifen, bis er wieder auf Dawn fiel.
    »Dawn, ich habe keine Ahnung von Make-up, du kannst mir also gern Eyeliner auftragen, wenn du willst. Du bist hier schließlich der Profi.«
    »Ich bin nicht einfach nur irgendein Profi, Süße. Ich bin die Beste«, sagte Dawn und zupfte ihr Mieder zurecht, das von der Mitte ihrer Oberschenkel bis zu ihrem Neckholder- BH reichte und sie nicht im Geringsten zu stören schien. Darüber trug sie nur ein T-Shirt. »Wenn ich mit dir

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