Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Besser verhandeln - Das Trainingsbuch

Titel: Besser verhandeln - Das Trainingsbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
Dreck liegen.
    Im Flur unseres Hauses blieb ich stehen und sah auf meine Uhr. Es war fast halb drei. Ich begann die Treppe hinaufzusteigen. Als ich den Vorplatz erreichte, sah ich, daß unter unsrer Küchentüre Licht schimmerte. Ich hoffte, daß Papa nicht mehr wach war, denn für diesen Abend hatte ich genug gehabt.
    Ich schob den Schlüssel ins Schloß und öffnete. Mama sah mir entgegen. Ich lächelte. »Aber, Ma«, sagte ich, »du hättest nicht auf mich warten sollen.« Ich schloß die Türe.
    Sie stand von ihrem Sessel auf, kam rasch auf mich zu und ließ ihre Augen über mein Gesicht gehen. »Ist dir nichts geschehen, Danny?« fragte sie besorgt.
    »Ihm ist bestimmt nichts geschehen«, klang Papas Stimme von der andern Türe her. »Er ist doch der Dynamit-Held Danny Fisher! Er ist unverwundbar! Hier steht's ja großgedruckt in der Morgenzeitung.« Und er schwenkte ein Zeitungsblatt in der Hand. »Sie haben auch einen neuen Namen für ihn«, fuhr er sarkastisch fort, »um die Tatsache gebührend zu unterstreichen, daß er einem Burschen bei dem heutigen Boxmatch den Kiefer mit einem Schlag an zwei Stellen gebrochen hat.«
    Ich starrte ihn überrascht an. »Das steht schon in der Zeitung?« Papa schwenkte die Zeitung nochmals. »Was hast du geglaubt? Daß es ein Geheimnis bleiben wird? Was hast du die ganze Nacht getrieben? Mit deiner Schickse gefeiert?«
    Ich antwortete nicht. Es hatte keinen Sinn mehr, mit ihm zu sprechen. Er würde nie verstehen, daß es bloß ein unglücklicher Zufall gewesen war.
    Mama legte ihre Hand auf meine Schulter. Ihr Gesicht war faltig und hatte einen besorgten Ausdruck. »In der Zeitung steht aber auch, daß du in den ersten beiden Runden entsetzliche Schläge hinnehmen mußtest.«
    Ich drückte ihr die Hand, »'s war nicht so arg, Mama, ich bin ja schon wieder okay.«
    »Aber der andre ist's nicht!« stieß mein Vater hervor. »Jetzt wirst du damit vielleicht doch aufhören? Oder willst du's weiter so treiben, bis du jemanden umgebracht hast?«
    »Sei kein Narr, Papa«, stieß ich hervor. »Es war eben ein unglücklicher Zufall. Solche Dinge geschehen manchmal. Ich habe es doch nicht absichtlich getan.«
    »UnglücklicherZufall?! Haha!« schrie Papa ungläubig. »Wie kann's ein unglücklicher Zufall sein, wenn's das Hauptziel ist, den Gegner bewußtlos zu Boden zu schlagen? Blödsinn!« Er wandte sich wieder an Mama. »Eines Tages werden wir in unserm Haus einen Mörder haben, und dann wird er uns auch erzählen, daß es bloß ein unglücklicher Zufall war!«
    Die Monotonie seines durchdringenden Geschreis zerrte an meinen Nerven. »Laß mich doch endlich in Ruhe!« schrie ich hysterisch. »Laß mich in Ruh, sag ich dir!« Ich sank in einen Stuhl und bedeckte mein Gesicht mit den Händen.
    Dann fühlte ich Mamas Hände auf meiner Schulter. Über meinen Kopf hinweg sagte sie mit ruhiger Autorität: »Geh zu Bett, Harry.«
    »Du machst einen schweren Fehler, wenn du ihn auch noch verhätschelst«, sagte er in unheilverkündendem Ton, »eines Tages wird er jemanden umbringen, und dann wirst du genauso dran schuld sein wie er!«
    »Dann werde ich eben schuld sein«, antwortete sie gelassen, und ohne einen Augenblick zu zögern. »Er ist unser Sohn, und an allem was er ist oder was er sein wird, tragen wir die Schuld.«
    »Du schon, aber ich nicht«, erwiderte Papa ärgerlich. »Ich bin jetzt fest entschlossen: entweder er gibt das Boxen auf, oder ich bin mit ihm fertig! Noch ein einziges Match - und er kommt mir nicht mehr ins Haus! Unter meinem Dach wird kein Mörder schlafen!« Damit entfernte er sich mit stampfenden Schritten. Einen Moment herrschte tiefe Stille, dann sagte Mama ganz leise: »Danny, ich hab für dich ein Hühnersüppchen, das will ich dir jetzt wärmen.« Ihre Hände fuhren zärtlich durch mein Haar.
    Ich hob den Kopf und sah sie an. In ihren Augen stand bekümmertes Mitgefühl. »Ich bin nicht hungrig.« Ich war jetzt wie erstarrt und völlig gefühllos.
    »Iß ein wenig«, beharrte sie. »Es wird dir guttun.« Sie
    entzündete die Flamme unter dem Topf.
    Vielleicht hat Papa recht, aber hätten wir das Geld nicht so dringend gebraucht, dann wäre das alles nicht geschehen. Jetzt war es nicht mehr zu ändern.
    Mama stellte den Suppenteller vor mich hin. »Iß«, sagte sie und setzte sich neben mich.
    Ich kostete die Suppe. Sie war ausgezeichnet, und ich fühlte, wie meine Erstarrung durch ihre wohltätige Wärme verschwand. Ich lächelte ihr dankbar zu, und sie

Weitere Kostenlose Bücher