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Bestie Mensch: Tarnung - Lüge - Strategie (German Edition)

Bestie Mensch: Tarnung - Lüge - Strategie (German Edition)

Titel: Bestie Mensch: Tarnung - Lüge - Strategie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Müller
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Treffens mit Lutz Reinstrom das subjektive Gefühl, dass in dem scheinbar so friedlichen Bild von zwei kommunizierenden Menschen irgendetwas nicht stimmte. Ich versuchte mich auf seine Sprache, seine Gestik, seine Stimmlage, die Art der nonverbalen Kommunikation zu konzentrieren. Ich verglich seine Augen, die Stellung seines Mundes, die Gestik seiner Hände sowie seine Haltung mit allen anderen Gesprächen, die ich bisher geführt hatte. Ich durchleuchtete die nächste Ebene der inhaltlichen Manipulation, der unterschwelligen Fragestellungen bis hin zur schärfsten intellektuellen Waffe, ob er denn nicht durch geschickte Tarnung bereits versucht hatte, mein Verhalten zu antizipieren, also meine Entscheidungen vorherzusehen. Die Antwort war unbefriedigend. Ich fand nichts, was mich darin bestärkte, dieses subjektive Gefühl ernst zu nehmen, trotzdem war es da. So war es nicht nur der Inhalt des Gespräches, den ich mit den objektiven Kriterien, also den Fakten, die ich mitgebracht hatte, zu vergleichen versuchte, es waren nicht nur die üblichen psychologischen Sicherheitsmerkmale der möglichen Manipulation der versteckten Lüge, auf die ich achtete. Es war auch noch der Versuch, die ständig auftauchende Frage zu beantworten: Was stimmt hier nicht?
    Mehr durch Zufall, nämlich durch den Umstand, dass ich beim dritten Glas Tee rein aus Faulheit vergessen hatte, den Löffel aus dem Glas zu nehmen, und ich beim Trinken nicht als tölpelhafter Idiot dastehen wollte, indem ich mir den Löffel ins Auge bohrte, erkannte ich, in welcher Falle ich saß. Ich neigte meinen Kopf kurz zur Seite, damit mir der Löffel nicht im Weg war, und hob mein Glas etwas schwungvoller zu meinen Lippen. Dadurch entstand der unglaubliche Effekt, dass mein Tee, von dem nur noch ein kleiner Rest übrig war, mit nahezu 45 Grad geneigt, am Boden meines Glases haftete – nur für den Teil eines Augenblickes schien der Tee in einer physikalisch unmöglichen Position zu hängen. Dieser kurze Augenblick gab mir aber durch den durchsichtigen Boden meines Glases den Blick auf das Teeglas von Lutz Reinstrom frei!
    Es war voll. Es war immer noch voll.
    Ich saß seit eineinhalb Stunden mit Lutz Reinstrom zusammen. Er sprach und sprach. Er rührte seinen Tee um, aber er hatte ihn bis jetzt nicht getrunken, er hatte den Tee nicht einmal angerührt. Mir war, als ob in diesem Teil des Augenblickes sich alle meine Poren öffneten wie ein durchlöcherter Gartenschlauch. Es erübrigte sich, zeitliche und inhaltliche Einordnungen zu treffen, wer von uns welches Glas, das Wasser, die Teebeutel, den Zucker oder auch nur die Löffel gebracht hatte. Und dieser Mann hatte sein Teeglas noch nicht einmal an die Lippen geführt!
    So kurz der Augenblick auch war, der letzte Rest meines Tees konnte unmöglich in dieser physikalisch unnatürlich schrägen Haltung verharren und bahnte sich den Gesetzen der Schwerkraft folgend zügig den Weg in meine offene Mundhöhle. Der Löffel bohrte sich in meine Schläfe. Wissend, dass das Zeigen von Schwäche bei Leuten mit den Fähigkeiten eines Lutz Reinstrom etwas ganz anderes auslöst, als wir vielleicht annehmen würden, versuchte ich so rasch wie möglich die Beobachtung zu umgehen. Zu spät! Ein paar Tröpfchen Tee stürzten an meinen Lippen vorbei ins Freie und benetzten mein Hemd. Für einen weiteren kurzen Augenblick vermeinte ich das Zucken seiner Mundwinkel wahrzunehmen und bevor ich die Augen schloss, war mir bewusst, dass ich alle Fehler begangen hatte, die man bei solchen Gesprächen begehen kann. Gerade noch rechtzeitig, um mir mit Verzweiflung und Selbstanklage die Situation noch etwas schwieriger zu machen, fielen mir rein akademische Begriffe wie das Stockholm-Syndrom, die Selbstüberschätzung, das Verhandeln von Angesicht zu Angesicht und der Begriff des malignen Narzissten ein. Ich sah im Schnelldurchlauf all jene, die auf den kalten rostfreien Tischen der Rechtsmediziner lagen und nach Mandeln rochen. Blausäure. Vergiftete blickten in der Regel sehr starr durch die Leichenkeller – wie mir schien –, starrer als andere Leichen. Mir war klar, dass ich meine Augen nicht um den kleinsten Teil eines Augenblicks länger geschlossen halten durfte als üblich. Das wäre dem eigenhändigen Umwerfen des Königs auf dem Schachbrett gleichgekommen, ohne zu wissen, wie das Spiel eigentlich ausgeht.
    Aber so wie die geschlossenen Augen des aus dem Schlaf Erwachenden scheinbar noch die Möglichkeit bieten, unendlich lange

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