Betrogen
kommt es nicht so vor, als wärst du über alles verliebt. Aber vielleicht ist mir was entgangen. Ist es so?«
»Offensichtlich, denn ich liebe Jem.«
Melinas Augenbraue hob sich zu einem skeptischen Bogen.
»Tue ich«, beharrte Gillian. »AuÃerdem, welche Beziehung ist schon perfekt? Man kann nicht alles in einem einzigen hübsch geschnürten Päckchen bekommen. Es wäre zu viel verlangt, von einem einzigen Menschen die Erfüllung aller persönlichen Bedürfnisse und Wünsche zu erwarten.«
»In deinem Fall heiÃt das: ein Baby. Seit deinen eigenen Kindertagen hast du dir eines gewünscht. Du hast mit Puppen gespielt, während ich nur meine Rollschuhe kannte.«
»Möchtest du noch immer beim Rollschuh-Derby mitmachen?«
»Ja, und es ärgert mich tierisch, dass sie auf Inline-Skates umgestiegen sind, was viel schwerer ist.«
Gillian lachte. »Manchmal hat uns Mutter nur nach einem Blick auf unsere Knie unterscheiden können.«
»Meine hatten immer Blutkrusten.« Sie lachten über die gemeinsamen Erinnerungen, doch dann verschwand Melinas Lächeln allmählich. »Wenn Jems Sterilität eurer perfekten Beziehung im Weg steht, dann bitte ihn doch, die Sterilisierung rückgängig zu machen.«
»Dieses Thema habe ich ein einziges Mal angeschnitten. Er wollte kein Wort davon hören.«
»Wie hat er dann auf deine Entscheidung reagiert?«
»Ãberraschend gut. Er hat mich sogar zum Durchhalten ermutigt, wenn ich mal Zweifel laut werden lieÃ.«
»Hmm.« Melina war überrascht, das zu hören. »Nun ja, er ist eben ein komischer Kauz; ich sagâs ja nicht zum ersten Mal.«
»Lass uns nicht über Jem reden. Immer, wenn das Gespräch auf ihn kommt, geraten wir ins Streiten. Und ich will nicht, dass mir irgendetwas diesen Tag verdirbt. Stellen wir einfach fest, dass wir über Jem eben unterschiedlicher Meinung sind. Okay?«
»Mir recht.«
Einen Moment aÃen sie stumm vor sich hin, ehe Melina sagte: »Nur noch einen einzigen Punkt.« Trotz Gillians Stöhnen redete sie weiter. »Falls die Prozedur Erfolg hat, und du tatsächlich schwanger wirst, wird das ein Härtetest für Jems Liebe.«
»Darüber habe ich auch schon nachgedacht.«
»Gillian, pass mal auf. Falls daraus ein Baby entsteht, könnte die Realität bei weitem nicht so rosig ausfallen wie in der Theorie. Strahle-Schnappschüsse gibtâs weit weniger als dreckige Windeln. Möglicherweise verhält sich Jem dann nicht so positiv, wie er dich glauben lassen will. Aber ich will fair bleiben: Vermutlich glaubt er ja fest daran, dass er damit zurechtkommt.«
Sie hielt inne und trank einen Schluck Wein, ehe sie sich entschloss, ihre beunruhigenden Gedanken auszusprechen. Sie und Gillian waren immer offen miteinander umgegangen, bis zur Schmerzgrenze. »Ich mache mir ein bisschen Sorgen, dass sich seine Einstellung ändert, wenn das Baby erst mal da ist. Wäre es nicht für jeden Mann hart, ein Kind zu akzeptieren, das letztendlich nicht seins ist? Im besten Fall wird Jem ein paar Bedenken hegen. Möglicherweise auch leisen Groll.«
»Ich rechne mit Rückschlägen«, sagte Gillian, »und habe sie einkalkuliert. Trotzdem konnte ich meine Entscheidung nicht durch Eventualitäten und Spekulationen beeinträchtigen lassen. Ich musste aufhören, mich zu fragen, âºWas wäre wenn?â¹. Sonst hätte ichâs nie getan. Wenn ich es aber tun wollte, dann eher früher als später. Wir werden bald sechsunddreiÃig.«
»Erinnere mich nur nicht daran.«
»Ich wurde ständig daran erinnert, dass meine biologische Uhr tickt. Ich konnte sie nicht länger ignorieren.«
»Verstehe.«
Gillian legte ihre Gabel weg. »Wirklich, Melina? Kannst du das verstehen?«
Schon immer hatten sie gegenseitig Zustimmung gesucht. Melina schätzte Gillians Meinung über alles und vertraute ihr genauso, wie sie das umgekehrt auch von ihr wusste. »Ja«, antwortete Melina langsam, »ich verstehe es. Nur teilen kann ich es nicht. Ich hatte nie das Bedürfnis, ein Kind zu haben.« Mit reumütigem Lächeln fügte sie hinzu: »Ist doch gut, dass es so war, nicht? Mein Leben, meine Zukunft drehen sich einzig und allein um meinen Beruf.«
Sie streckte die Hand über den Tisch und umfasste Gillians. »Vielleicht ist der mütterliche
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