Betrogen
hin.«
»Was? Wohin?«
»Rate mal, wen ich heute Abend begleite.«
»Ist mir egal.«
»Glaube ich nicht. Christopher Hart.«
»Den Astronauten?«
»Aha! Schon bei seinem Namen hast du glänzende Augen bekommen.«
»Selbst wenn, was ich bezweifle, dann nur, weil ich beeindruckt bin, dass meine Schwester den Auftrag bekommen hat, so einen Promi zu begleiten. Hat er nicht eben erst eine Weltraumtour hinter sich?«
»Vor drei Monaten. Er hat eine Shuttle-Mission geleitet, durch die ein wichtiger Militärsatellit gerettet wurde. War entscheidend für den Weltfrieden oder so.«
»Und was macht er in Dallas?«
»Bekommt ânen Preis der Ehemaligen-Vereinigung an der Southern Methodist University. Sie geben ihm irgendeinen renommierten XYZ-Preis im Adolphus, mit Festbankett und so.« Sie lächelte boshaft. »Möchtest du ihn kennen lernen?«
»Ich habe doch keine Ahnung von deinem Job!« rief Gillian. »So wenig wie du vom Verkauf gewerblicher Immobilien.«
»Du hast einen schwierigen Job, bei dem es um Zinssätze, Grundstücke und ähnliches Zeug geht. Zu meinem braucht man keinen Funken Verstand. Was gibtâs da also zu wissen?«
»Eine ganze Menge.«
»Nicht wirklich. Du sammelst ihn zu Beginn des Abends ein und lieferst ihn am Ende wieder ab.«
Natürlich war das eine grotesk vereinfachte Beschreibung ihres Jobs. Jahre lang hatte sie als Lehrling geschuftet, ehe sich ihr Brötchengeber in den Ruhestand verabschiedete und ihr sein Geschäft verkaufte, das unter ihrem Management expandiert war.
Im Grunde genommen ging es darum, dass sie oder einer ihrer drei sorgfältig überprüften und ausgebildeten Angestellten eine hochrangige Persönlichkeit â mit Ausnahme derer, die mit eigenem Gefolge anreisten â während ihres Besuchs in Dallas betreuten. Damit waren sie für diese Person so lange verantwortlich, bis diese sich sicher auf dem Weg zu ihrem nächsten Ziel befand. Sie war Chauffeur und Beichtvater und erledigte Einkäufe, je nachdem, wozu der Kunde sie brauchte. Manchmal meckerte sie über ihre aberwitzigen Arbeitszeiten, doch im Grunde war jedes Jammern nur Schau, weil sie ihre Tätigkeit heià und innig liebte. Und weil sie ihren  â Job sehr gut machte, hatte sich ihr Geschäft bestens entwickelt.
Trotzdem beunruhigte es sie nicht, wenn Gillian eine Nacht lang ihren Platz einnähme. Gillian hatte, genau wie sie, in ihrem Leben jede Menge Fremder getroffen. Auch in Gegenwart von Colonel Christopher Hart würde sie wohl kaum gehemmt verstummen. Sie hatte an weitaus wichtigere Männer als ihn Immobilien verkauft. Obendrein käme sie damit mal einen Abend von Jem Hennings weg â in Melinas Augen schon an und für sich ein Pluspunkt.
»Du weiÃt doch, wo das Adolphus ist, ja?«
»Melina, vergiss es«, sagte Gillian, wobei sie jedes einzelne Wort betonte.
»Er wohnt im Mansion. Dort holst du ihn ab und bringst ihn in die Innenstadt â«
»Du hörst gar nicht zu.«
»Lahme Ausreden überhöre ich grundsätzlich. Du hast mir noch keinen einzigen guten Grund geliefert, warum du nicht gehen solltest.«
»Wie wärâs dann damit? Wir sind keine Kinder mehr. Solche Spielchen spielen Erwachsene nicht.«
»Wir kommen immer noch mit einem Rollentausch durch.«
»Natürlich, trotzdem ist es Quatsch.«
»Warum?«
»Weil es verrückt ist.«
»Colonel Hart kennt mich doch nicht seit Adams Zeiten. Wem würde es also schaden?«
Gillian ging noch immer nicht auf ihre Argumente ein. »Ich muss mich um mein eigenes Geschäft kümmern! Ich bin kurz davor, eine brandneue Anzeigenfirma zur Unterschrift unter eine neue Adresse zu bringen, bei der es um schlappe drei Millionen geht. Ich treffe mich mit ihnen heute Nachmittag, um sämtliche strittigen Punkte mit dem Verkäufer festzunageln. Obendrein kommt Jem heute Abend. Deshalb, danke, dass du daran gedacht hast, aber trotzdem: nein.«
»Christopher Hart ist heiÃ, heià und nochmal heië, lockte sie mit verführerischer Schmeichelstimme.
»Du kannst mir danach alles über ihn erzählen.«
»Letzte Chance. Eins, Zwei â«
»Nein, Melina.«
»Vorbei.«
Unter Stirnrunzeln murmelte sie, was für ein fader Knochen Gillian sei, bat um die Rechnung und bestand darauf, zu zahlen.
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