Betrogen
jedenfalls noch nicht. Ich komme soeben aus der Klinik.«
»Willst du damit sagen, heute? Gerade erst? Ich könnte schon während unserer Unterhaltung eine Tante in spe sein?«
Wieder lachte Gillian. »Vermutlich schon. Falls die kleinen Kerle tun, was sie sollen, und sich dorthin begeben, wohin sie sollen, nämlich stromaufwärts schwimmen.«
»Meine Güte, Gillian.« Rasch trank sie einen Schluck Wein. »Du hast es tatsächlich getan? Du hastâs getan. Du benimmst dich so â normal. So entspannt.«
»Dann wäre der Gynäkologe zufrieden. Er hatte die Stirn, mir zu sagen, ich solle mich entspannen. Als ob ich das könnte. Erstens waren die Beinstützen eiskalt, was schwerlich die Entspannung fördert, und zweitens ging es um den Schlusspunkt einer Monate langen Debatte. Diese Entscheidung habe ich nicht leichtfertig getroffen.«
Künstliche Befruchtung mit Hilfe von Spendersamen. Gillian
hatte jedes Für und Wider lange Zeit abgewägt. Obwohl Melina darauf vertraute, dass ihre Zwillingsschwester stundenlang Gewissenserforschung betrieben hatte, wollten einige Zweifel nicht weichen. »Gillian, hast du die Sache auch von allen Seiten betrachtet?«
»Ich denke schon. Hoffentlich. Trotzdem gibt es vermutlich Standpunkte, an die ich nicht gedacht habe.«
Diese nicht angedachten Blickwinkel waren es, die Melina zu schaffen machten. Trotzdem behielt sie ihre Bedenken für sich.
»Manchmal hatte ich solche Zweifel und wollte den ganzen Plan schon fallen lassen. Am liebsten hätte ich so getan, als wäre ich nie auf diese Idee gekommen, und hätte jeden Gedanken daran ausradiert. Aber ich wurde sie einfach nicht mehr los.«
»Das ist ein gutes Zeichen. Wenn uns einmal etwas so packt, geschieht das normalerweise aus gutem Grund.«
»Physisch gab es keine Probleme. Ich bin kerngesund. Ich habe alles über alternative Empfängnismethoden gelesen, was mir in die Hände fiel. Aber je mehr ich las, umso zwiespältiger wurde es. Ich habe wirklich versucht, mir die Sache aus dem Kopf zu schlagen.«
»Und?«
»Und war nicht im Stande, einen Grund zu finden, warum ichâs nicht tun sollte.« Sie strahlte glücklich. »Also habâ ichâs getan.«
»Bist du in die Waters Klinik gegangen?«
Gillian nickte. »Sie hat eine hohe Erfolgsrate und einen soliden Ruf. Der Arzt war mir sympathisch. Ein sehr einfühlsamer Mensch. Und geduldig. Hat mir alles bis ins Kleinste erklärt. Ich habe eine fundierte Entscheidung getroffen.«
Und ihre strahlende Miene lieà erkennen, dass sie davon begeistert war. »Ich kannâs nicht glauben, dass du mir nichts gesagt hast. Wenn du gewollt hättest, wäre ich mitgekommen, hätte deine Hand gehalten und dich irgendwie unterstützt.«
»Melina, ich weià doch, dass du mich unterstützt. Du und
Jem, ihr seid die beiden Einzigen gewesen, mit denen ich darüber gesprochen habe. Entschuldige, dass ich dir meinen Entschluss nicht mitgeteilt habe, Melina, aber â« In ihren bittenden Augen schwammen Tränen. »Bitte, versteh es. Ich habe deine und Jems Argumente durch den Filter eurer jeweiligen Abneigungen betrachtet.«
»Ich â«
»Bitte, lass mich ausreden. Aber zu guter Letzt war ich diejenige, die sich nach Abgabe aller Stimmen künstlich befruchten lassen wollte. Wenn es geklappt hat, werde ich die Schwangerschaft austragen und das Kind bekommen. Also war es auch einzig und allein meine Entscheidung. Ich hätte es dir gerne gesagt, aber als die Entscheidung gefallen war, wollte ich sie nicht mehr â«
»Ãndern.«
»Oder sogar in Frage stellen.«
»Das respektiere ich, wirklich.« Sie unterstrich diesen Satz, indem sie Gillians Hand ergriff und kurz drückte. »War Jem dabei?«
»Nein.«
»Ich kannâs noch immer nicht glauben«, sagte Melina, wobei sie zum zweiten Mal auf ihren Bauch schielte. »Wie machen die das â? Wie läuft das eigentlich ab â?«
»Gestern habe ich einen Urintest zu Hause gemacht, der zeigte den Hormonanstieg an. Das hieÃ, dass es innerhalb der nächsten vierundzwanzig bis sechsunddreiÃig Stunden zu einem Eisprung käme. Ich habe in der Klinik angerufen und den Termin vereinbart. Es ist ein ziemlich technischer Vorgang, bei dem ein intrauteriner Katheter verwendet wird.«
Melina hörte wie gebannt zu,
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