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Betrogen

Betrogen

Titel: Betrogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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zwei identische schwarze Seidenstränge auf den Revers seiner Anzugjacke lagen. Bis auf einen gelegentlichen Lidschlag hätte man ihn mit einer Bronzestatue in einem Kunstmuseum verwechseln können. Andererseits hatte Chief unter herrischen Militärbefehlshabern gedient, bei denen sich wahrscheinlich selbst Longtrees Zöpfe gekräuselt hätten.
    Als Reaktion auf dessen Frage erwiderte Chief: »Meine Bedenken gelten nicht in erster Linie der von Ihnen vorgeschlagenen NAA.«
    Native American Advocacy – Stimme der Ureinwohner Amerikas – hieß die Interessengruppe, die sie gründen wollten. Laut dem formellen Vorschlag, den man Chief im Vorfeld des Treffens zugeschickt hatte, sollte jeder Stamm bzw. jedes Reservat die Dienste der NAA in Anspruch nehmen können, wenn sämtliche anderen Hilfeleistungen bereits ausgeschöpft waren. Diese Dienste sollten die ganze Skala abdecken: von Prozesshilfe über Sponsoren bis zur Einflussnahme auf die Abstimmungsergebnisse von Gesetzesentwürfen, die eine direkte Auswirkung auf die amerikanische Urbevölkerung hätten.
    Anwälte und sonstige Standesvertreter, die sich bereits positiv geäußert hatten, waren damit einverstanden gewesen, im Bedarfsfall unentgeltlich zur Verfügung zu stehen. NAA bot Chief einen jährlichen Vorschuss an, wenn er als ihr Aushängeschild fungierte, als offizielles Sprachrohr gegenüber den Medien und in Washington.
    Abgesehen von pekuniären Überlegungen, hatte er in einer
ersten Reaktion nicht nur mit einem schlichten »Nein« ablehnen wollen, sondern sogar mit einem definitiven »Verdammt noch mal, nein «.
    So aber sagte er möglichst unverbindlich: »Ich habe Dinge gehört und gelesen, die in mir tiefe Verstörung auslösen.«
    Â»Und die wären?«
    Â»Zum Beispiel, dass einige Ureinwohner mit Schürfrechten, Spielcasinos und anderen profitablen Unternehmen in den Reservaten reich werden, während die Masse weiterhin unter der nationalen Armutsgrenze lebt. Der Reichtum wird nicht gleichmäßig verteilt – manchmal sogar überhaupt nicht. Das beunruhigt mich. Ziemlich stark.«
    Genau hier hakte Abbott ein. »Umso mehr Grund für Sie, sich dessen anzunehmen. Sie könnten einen neuen Aspekt hineinbringen, die Dinge ändern. Was ja auch unser Ziel ist.«
    Chief wandte sich dem hyperaktiven Mann zu. »Gibt es nicht längst andere Organisationen, die ähnliche Ziele verfolgen?«
    Â»Ja, und sie sind gut. Trotzdem hoffen wir darauf, besser zu sein. Die Besten. Sie würden uns dabei helfen.«
    Â»Warum gerade ich?«
    Â»Weil Sie ein Volksheld sind, der erste indianisch-stämmige Astronaut. Sie sind im Weltraum spazieren gegangen!«
    Â»Was mich nicht dazu qualifiziert, für alle anderen den Fürsprecher zu mimen.«
    Â»Im Gegenteil, Colonel Hart. Wenn Sie reden, hören die Leute zu, besonders die Damenwelt«, fügte Abbott mit einem unverschämten Augenzwinkern hinzu.
    Kopfschüttelnd musterte ihn Hart von oben bis unten. »Sie wären tatsächlich bereit, mich anzuheuern, noch ehe Sie überhaupt wissen, was ich vor einem bestimmten Forum sagen würde? Spielen meine politischen Neigungen in Ihrem Denken keinerlei Rolle? Sie haben mich ja noch nicht einmal zu meiner persönlichen Philosophie befragt.«
    Â»Aber –«

    Longtree stoppte Abbotts Gegenargument durch schlichtes Handheben. Sofort verstummte der andere. »George, wir sollten uns Mr. Harts Überlegungen anhören.«
    Â»Danke.« Er hatte längst einen Entschluss gefasst. Demnach waren weitere Diskussionen sinnlos. Und das konnten sie genauso gut auch schon jetzt wissen. »Ehe ich mich irgendeiner selbsternannten Gruppe oder Organisation für gemeinnützige Dienste anschließen würde, müsste ich zuallererst überzeugt sein, dass diese nicht ihre ureigensten Interessen verträten. Zweitens müsste ich sicher sein, dass diese Gruppe an mir als Mensch interessiert ist, und nicht als Indianer.«
    Daraufhin herrschte lange Schweigen, das Longtree schließlich brach. »Verleugnen Sie Ihr Erbe?«
    Â»Das wäre unmöglich, selbst wenn ich es wollte. Sogar mein Spitzname kommt daher. Allerdings habe ich mein indianisches Blut auch nie ausgenützt. Ich würde jede Position ablehnen, bei der meine Abstammung meine einzige Qualifikation darstellt.«
    Wieder lachte Abbott

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