Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bettler 02 - Bettler und Sucher

Titel: Bettler 02 - Bettler und Sucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
Vom Netzwerk:
Wind.
    Quecksilbrig, hatte David Stephanie einst genannt. Manchmal hat sie verblüffend quecksilbrige Momente.
    Ich persönlich finde Nutzer-Schlagzeilen nicht so lustig wie anscheinend jedermann sonst. Und ich würde wetten, daß weder ›phallisch‹ noch ›Phazelien‹ im Nutzer-Vokabular vorkommt.
    Stephanie zuckte die Achseln und wandte sich vom Geländer ab. »Da wird Norman eben nichts anderes übrigbleiben, als einen neuen zu machen. Forschung und Entwicklung hat er ja schon, also wird seine Firma wohl nicht bankrott gehen deswegen. Vielleicht können sie die Sache sogar von der Steuer absetzen. Hast du schon gehört, daß Jean-Claude die Abschreibung für die Embryos durchgeboxt hat, die er und Lisa jetzt doch nicht austragen lassen wollen? Nachdem er sie vernichten ließ, hat er die siebenjährige Lagerung der Embryos als Geschäftsspesen abgesetzt, mit der Begründung, daß ein künftiger Erbe Teil der langfristigen innerbetrieblichen Vorausplanung war, und der Revisionsbeamte vom Finanzamt hat das tatsächlich anerkannt! Neun befruchtete Embryos, alle mit kostspieligen GenMods. Und dann finden er und Lisa, daß sie eigentlich doch keine Kinder wollen.«
    Ich starrte hinab auf das armselige Bündel rosa Fell auf dem Gehweg und dann hinaus über die weite blaue Bucht, und da traf ich meinen Entschluß. In diesem Moment, und so rasch und irrational.
    Wie fast alle Entschlüsse in meinem Leben.
    »Kennt du Colin Kowalski?« fragte ich Stephanie.
    Sie dachte kurz nach; sie hat ein eidetisches Gedächtnis. »Ja, ich glaube schon. Sarah Goldman hat uns vor ein paar Jahren in irgendeinem Theater bekannt gemacht. Groß, gewelltes braunes Haar? Minimale GenMods, richtig? Ist mir nicht als besonders attraktiv in Erinnerung. Warum? Hast du ihn als Ersatz für David ins Auge gefaßt?«
    »Nein.«
    »Warte mal – ist er nicht bei der AEGS?«
    »Ja.«
    »Ich glaube, ich habe doch erwähnt«, sagte Stephanie etwas steif, »daß Normans Firma eine spezielle Beta-Test-Genehmigung für Katous besitzt?«
    »Nein, hast du nicht erwähnt.«
    Stephanie biß auf ihrer makellosen Unterlippe herum. »Also, eigentlich wird die Genehmigung gerade eingeholt. Diana…«
    »Keine Sorge, Stephanie. Ich habe nicht vor, deine heimgegangene Gesetzwidrigkeit anzuzeigen. Ich dachte nur, möglicherweise kennst du Colin. Er plant eine extravagante Party für den Vierten Juli. Ich könnte dir eine Einladung verschaffen.« Ich genoß ihr plötzliches Unbehagen richtiggehend.
    »Ich glaube nicht, daß mich eine Party interessiert, die einer von den Paragraphenwächtern schmeißt. Sind alle so verknöchert und verstaubt. Hängen ihren genetischen Vorschriften ein Mäntelchen aus falschem Patriotismus um und sehen nicht, daß das Resultat aussieht wie ein Gartenzwerg. Trampeln auf jeder innovativen Regung herum, bis nichts mehr davon übrig ist. Nein, danke.«
    »Du glaubst also, der Idealismus dieser Leute ist nur geheuchelt?«
    »Das ist fast jeder Patriotismus. Entweder ist er geheuchelt oder nichts als Nutzer-Sentimentalität. O Gott, alles, was an diesem Land noch erträglich ist, kommt von der GenMod-Technik. Die meisten Nutzer sehen doch aus wie Scheiße und benehmen sich entsprechend – du hast selbst gesagt, daß du es nicht aushältst in ihrer Gegenwart.«
    Das hatte ich gesagt, jawohl. Aber es gibt eine Menge Leute, deren Gegenwart ich nicht aushalte.
    Stephanie stand auf einer politischen Liste – von der Sorte, die es im Wahlkampf nie bis zu Holovideos schafft. »Ohne die GenMod-Hirne in den Sicherheitsenklaven wäre das hier eine Nation wandelnder Idioten, die unfähig wären, selbst den simpelsten Überlebenskampf zu bestehen. Ich persönlich bin der Meinung, es wäre die glorreichste patriotische Großtat, ein tödliches Virus zu versprühen, das alles Menschliche vernichtet und nur die Macher am Leben läßt. Nutzer leisten keinerlei Beitrag zur Gesellschaft und entziehen ihr alles, was sie hervorbringt.«
    »Habe ich dir eigentlich je erzählt«, sagte ich vorsichtig, »daß meine Mutter eine Nutzerin war? Die ums Leben kam, als sie im China-Konflikt auf der Seite der Vereinigten Staaten kämpfte? Sie war Stabsfeldwebel.«
    Meine Mutter war gestorben, als ich zwei Jahre alt war; um ehrlich zu sein, ich erinnerte mich kaum an sie.
    Stephanie hatte den Anstand, verlegen dreinzusehen. »Nein, hast du mir nicht erzählt«, sagte sie. »Hättest du aber tun sollen, statt mich Reden halten zu lassen! Jedenfalls ändert das gar

Weitere Kostenlose Bücher