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Betty kann alles

Titel: Betty kann alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
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ihre Angestellten veranstaltet wurde und in einem Landgasthof vor der Stadt stattfand. Wir kamen etwas später, und schon als wir vor dem Gasthaus vorfuhren, hörten wir Quietschen und Lachen und vielsagende Ausrufe wie: «Hände weg!» «Willst du das wohl sein lassen!» «Au!» und dergleichen aus dem Saal dringen. «Das scheint ja nett zuzugehen», meinte mein Begleiter.
    Es war eine zwanglose Angelegenheit, wo jeder trug, was er wollte, und so mischten sich Sporthemden mit dunklen Anzügen. Auf jedem Tisch standen schon mehrere Flaschen Whisky, und unter den Tischen waren weitere Batterien zu sehen. «He, paßt auf, wo ihr hintretet!» wurde einem zugerufen, während man beim Tanzen von allen Seiten angerempelt und gestoßen wurde. Es ging unzweifelhaft sehr lebhaft zu. Ein junger Mann landete mit einem Hechtsprung in der großen Trommel, und ein anderer versetzte dem Dirigenten der Tanzkapelle einen derben Fausthieb auf die Nase, weil man ihn nicht dirigieren lassen wollte; ein weiterer Witzbold ging mit der Siphonflasche herum und füllte die Taschen der Herren auf.
    Als endlich das Essen serviert wurde, saß jedermann am falschen Tisch und befand sich in Gesellschaft der falschen Begleiter, und die Kellner waren den Tränen nahe. «Was feiern sie denn nur?» fragte mich ein traurig aussehender Kellner leise und deutete auf die johlende, herumtorkelnde Menge. «Daß sie leben und Arbeit haben, vermutlich», entgegnete ich.
    Ein junges Mädchen mit kalkweiß gepudertem Gesicht kam an meinen Tisch getorkelt, lehnte sich auf beide Ellbogen und sagte mit schwerer Zunge: «Ich bin die Frau von dem Laffen da drüben, aber das ist ganz egal, Kindchen. Ich bin bloß gekommen, um dir zu sagen, daß du eine glänzende Nase hast. Da!» Und bevor ich noch etwas erwidern konnte, langte sie in ihren Halsausschnitt, zog eine große Puderquaste hervor und bestäubte damit mein Gesicht. «Das is besser!» stellte sie zufrieden fest und versenkte die Puderquaste wieder in den Tiefen ihres Ausschnittes.
    Ich ging auf die Damentoilette, um mir die dicke Puderschicht abzuwischen. Der Vorraum war schrecklich voll. Die Frau des Vizepräsidenten hatte das heulende Elend und schluchzte: «Ich bin vergiftet worden.» Ein Mädchen in pflaumenfarbenem Kostüm saß still in der Ecke, zerknüllte das Taschentuch in ihren Händen und sah grün aus. Vor dem Spiegel waren einige damit beschäftigt, sich frisch zu schminken, und während sie dieser Aufgabe oblagen, tauschten sie Erfahrungen aus. ‹Was ist schon dabei, wenn du verheiratet bist?› sag ich zu ihm, ‹Wer ist nicht verheiratet?›, und er sagt: ‹Kindchen, ich habe schon seit einem Jahr ein Auge auf dich geworfen›, und ich sag: ‹Deine Frau auch. Da kommt sie gerade.› So ein alter Draufgänger!»
    Ich erinnere mich an eine andere Feier, die am Ufer eines hübschen Flusses abgehalten wurde und unterhaltend und nett verlaufen wäre, hätte sich eine der älteren Sekretärinnen nicht plötzlich einfallen lassen, sich ins Feuer zu stürzen, an dem wir Fleisch brieten. Der kühne Sprung und die auf ihr vieles Trinken zurückzuführende Redseligkeit, als wir sie verbanden, führte zu der Enthüllung, daß die vielen Tage, die das ältliche Mädchen der Arbeit fern geblieben war, um angeblich ihre kranke Mutter zu pflegen, in Wirklichkeit der Flasche mit dem Aufdruck ‹Drei Stern Hennessy› gewidmet gewesen waren.
    Ich beschloß, nie wieder an einer Bürofeier teilzunehmen. Doch kurz nach Weihnachten verkündete Dede, daß ihr Büro eine Weihnachtsfeier im Schnee und auf Skiern veranstaltete, und forderte mich auf, mitzukommen. Ich liebte die winterlichen Berge mit den tiefen blauen Schatten, der Ruhe ringsum und der glasklaren Luft, das Knirschen der Schuhe auf dem festen Schnee und die Spuren der Tiere auf der weißen Decke, aber im Gegensatz zu Tausenden meiner Mitbürger machte ich mir nichts aus dem Skifahren.
    Schon als Kind hatte ich mir wenig aus dem Spielen im Freien gemacht. «Kleiner Hausgeist», pflegte mein Vater zu sagen, wenn er meine widerstrebenden Hände von einem Buch löste und mich mit sanfter Gewalt zur Türe hinaus ins Freie schob. Ich liebte frische Luft, begriff aber nicht, warum Leute ununterbrochen im Freien sein mußten. Und da Sport mir an und für sich nicht liegt, reizte mich Dedes Vorschlag nicht sonderlich.
    «Nein, ich verzichte», entgegnete ich. «Erstens kann ich nicht skifahren, will es auch gar nicht lernen, und Büroveranstaltungen hasse

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