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Beute

Beute

Titel: Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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mir Leid wegen der Unannehmlichkeiten.« Ricky schüttelte mir energisch die Hand. »Aber so müssen wir wenigstens keine Schutzanzüge tragen«, sagte er. Mir fiel auf, dass er kräftig aussah, gesund. Die Muskeln seiner Unterarme zeichneten sich deutlich ab.
    Ich sagte: »Du siehst gut aus, Ricky. Machst du viel Sport?«
    »Ach, na ja. Eigentlich nicht.«
    »Nette Muskeln«, sagte ich. Ich boxte ihn gegen die Schulter.
    Er grinste. »Bloß die Anspannung im Job. Hat Vince dir Angst eingejagt?«
    »Nicht direkt …«
    »Er ist ein bisschen merkwürdig«, sagte Ricky. »Vince ist in der Wüste aufgewachsen, allein bei seiner Mutter. Sie starb, als er fünf war. Der Körper war schon ziemlich verwest, als man sie schließlich fand. Der arme Junge, er hat einfach nicht gewusst, was er machen sollte. Ich schätze, ich wäre genauso merkwürdig geworden.« Obwohl Ricky unübersehbar körperlich fit war, fiel mir jetzt auf, dass er nervös wirkte, gereizt. Er führte mich flott einen kurzen Gang hinunter. »Also, wie geht’s Julia?«
    »Hat sich den Arm gebrochen und böse den Kopf geprellt. Sie ist im Krankenhaus zur Beobachtung. Aber sie kommt bald wieder auf die Beine.«
    »Gut. Das ist gut.« Er nickte schnell, ging weiter einen Korridor entlang. »Wer kümmert sich um die Kinder?«
    Ich erzählte ihm, dass meine Schwester zu Besuch gekommen war.
    »Dann kannst du eine Weile bleiben? Ein paar Tage?«
    Ich sagte: »Klar. Wenn ihr mich so lange braucht.« Normalerweise halten sich Software-Berater nicht lange vor Ort auf. Einen Tag, vielleicht zwei. Länger nie.
    Ricky warf mir einen Blick über die Schulter zu. »Hat Julia dir, ähm, erklärt, was hier läuft?«
    »Eigentlich nicht, nein.«
    »Aber du hast gewusst, dass sie ziemlich viel hier ist.«
    Ich sagte: »Ja sicher. Klar.«
    »In den letzten Wochen ist sie fast jeden Tag mit dem Hubschrauber hergekommen. Hat auch mal hier übernachtet.«
    Ich sagte: »Ich wusste gar nicht, dass sie sich neuerdings so für die Produktion interessiert.«
    Ricky schien einen Moment zu zögern. Dann sagte er: »Tja, Jack, was wir hier machen, ist wirklich etwas völlig Neues …« Er runzelte die Stirn. »Sie hat dir wirklich nichts erzählt?«
    »Nein. Wirklich nicht. Wieso?«
    Er antwortete nicht.
    Er öffnete die Tür am Ende des Ganges und winkte mich durch. »Das hier ist unser Wohnmodul, wo wir alle schlafen und essen.«
    Nach dem Durchgang war die Luft hier kühl. Die Wände bestanden aus dem gleichen glatten Resopalmaterial. Ich hörte
    das leise, ununterbrochene Zischen des Gebläses. Von einem Flur gingen mehrere Türen ab. An einer stand mein Name, mit Filzstift auf ein Stück Klebeband geschrieben. Ricky öffnete die Tür. »Dein trautes Heim, Jack.«
    Der Raum war spartanisch eingerichtet - ein kleines Bett, ein winziger Schreibtisch, auf den gerade mal ein PC-Monitor mit Tastatur passte. Über dem Bett ein Regal für Bücher und Kleidung. Alle Möbel waren mit einer glatten, weißen Plastikschicht überzogen. Es gab keine Nischen oder Ecken, wo sich irgendwelche Schmutzpartikel ablagern konnten. Es gab auch kein Fenster, aber ein Flüssigkristallbildschirm zeigte einen Blick auf die Wüste draußen.
    Ricky sagte: »Stell dein Gepäck ab, und ich zeig dir alles.«
    Noch immer mit flottem Schritt führte er mich in einen mittelgroßen Gemeinschaftsraum mit einem Sofa und Stühlen um einen Couchtisch und einem schwarzen Brett an der Wand. Alle Möbel hier hatten die gleiche, glatte Plastikbeschichtung. »Rechts ist die Küche und der Freizeitraum mit Fernseher, Videospielen und so weiter.«
    Wir betraten die kleine Küche. Zwei Leute waren darin, ein Mann und eine Frau, die im Stehen ein Sandwich aßen. »Die beiden muss ich dir ja wohl nicht vorstellen«, sagte Ricky grinsend. Und er hatte Recht. Sie waren in meinem Team bei MediaTronics gewesen.
    Rosie Castro war dunkel, dünn, exotisch und sarkastisch; sie trug weite Cargoshorts und ein T-Shirt, das sich über ihren großen Brüsten spannte und die Aufschrift trug: »Träum weiter.« Rosie war unabhängig und rebellisch, und sie hatte in Harvard über Shakespeare geforscht, bis sie zu dem Schluss kam, dass Shakespeare, wie sie es ausdrückte, »mausetot ist. Seit einer halben Ewigkeit. Es gibt nichts Neues mehr zu sagen. Also wozu das Ganze?« Sie wechselte zum Massachusetts Institute of Technology, wurde Schülerin von Robert Kim und entwickelte natürliche Programmiersprachen. Auch auf diesem
    Gebiet war sie

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