Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beute

Beute

Titel: Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
Vom Netzwerk:
Partikeln. Wie ein Sandteufel, diese kleinen Sandhosen, die sich über den Boden bewegten, aufgewirbelt von Konvektionsströmungen, die aus der heißen Wüste aufstiegen. Nur dass diese Wolke schwarz war und einigermaßen kontu-riert - es schien, als wäre sie in der Mitte eingedrückt, ein wenig so wie eine altmodische Cola-Flasche. Aber sie behielt die Form nicht ständig bei. Die Umrisse verwandelten sich ständig, gestalteten sich immer wieder neu.
    »Ricky«, sagte ich. »Was ist das da?«
    »Ich hatte gehofft, das könntest du mir sagen.«
    »Es sieht aus wie ein Agentenschwarm. Ist das euer Kamera-schwarm?«
    »Nein. Es ist was anderes.«
    »Woher weißt du das?«
    »Weil wir die Wolke nicht kontrollieren können. Sie reagiert nicht auf unsere Funksignale.«
    »Habt ihr’s versucht?«
    »Ja. Seit fast zwei Wochen versuchen wir, Kontakt zu ihr herzustellen, aber aus irgendeinem Grund können wir nicht mit ihr interagieren.«
    »Dann habt ihr also einen Schwarm, der sich selbstständig gemacht hat.«
    »Ja.«
    »Der autonom handelt.«
    »Ja.«
    »Und das geht so seit …«
    »Tagen. Seit etwa zehn Tagen.«
    »Zehn Tage?« Ich runzelte die Stirn. »Wie ist das möglich, Ricky? Der Schwarm ist eine Ansammlung von Mikrorobotern. Wieso haben sie sich nicht aufgelöst? Oder wieso ist ihnen nicht die Energie ausgegangen? Und warum könnt ihr sie nicht kontrollieren? Wenn sie nämlich die Fähigkeit haben, einen
    Schwarm zu bilden, dann gibt es irgendeine elektrisch vermittelte Interaktion zwischen ihnen. Also müsstet ihr doch eigentlich in der Lage sein, den Schwarm zu kontrollieren - oder ihn wenigstens auseinander zu reißen.«
    »Alles richtig«, sagte Ricky. »Aber es klappt nicht. Und wir haben alles Erdenkliche versucht.« Er blickte konzentriert auf den Bildschirm. »Die Wolke ist von uns unabhängig. Basta.«
    »Und deshalb habt ihr mich hergeholt …«
    »Damit du uns hilfst, das verdammte Ding da wieder einzu-fangen«, sagte Ricky.

6. Tag, 9.32 Uhr
    Das war, so dachte ich, ein Problem, das sich noch nie ein Mensch hatte träumen lassen. In all den Jahren, in denen ich Agenten programmiert hatte, war es in erster Linie darum gegangen, sie zu einer Interaktion zu bewegen, die nützliche Ergebnisse hervorbrachte. Wir waren nie auf den Gedanken gekommen, dass es ein ernstes Kontrollproblem geben könnte oder dass die Agenten sich unabhängig machen könnten. Weil das einfach nicht wahrscheinlich war. Einzelne Agenten waren zu klein, um sich selbst mit Energie zu versorgen; sie waren auf irgendeine externe Energiequelle angewiesen, auf beispielsweise ein Elektro-oder Mikrowellenfeld. Man brauchte das Feld nur abzuschalten, und die Agenten starben. Der Schwarm war nicht schwerer zu kontrollieren als ein Küchengerät, ein Mixer zum Beispiel. Strom abschalten, und aus war er.
    Aber jetzt erzählte Ricky mir, dass diese Wolke seit Tagen autonom existierte. Das war mir einfach unerklärlich. »Woher kriegt sie die Energie?«
    Ricky seufzte. »Wir haben die Einheiten mit kleinen Piezo-Scheiben ausgestattet, um Strom aus Photonen zu erzeugen. Nur als Zusatz - ist uns erst nachträglich eingefallen -, aber das reicht ihnen offenbar aus.«
    »Dann laufen die Einheiten mit Solarenergie«, sagte ich.
    »Genau.«
    »Wessen Idee war das?«
    »Das Pentagon wollte es so.«
    »Und habt ihr auch Speicherkapazität eingebaut?«
    »Ja. Für drei Stunden.«
    »Okay, schön«, sagte ich. Jetzt kamen wir der Sache ein Stück näher. »Sie haben also Energie für drei Stunden. Was passiert abends?«
    »Abends geht ihnen nach drei Stunden Dunkelheit vermutlich die Energie aus.«
    »Und dann löst sich die Wolke auf?«
    »Ja.«
    »Und die einzelnen Einheiten fallen zu Boden?«
    »Vermutlich, ja.«
    »Könnt ihr sie dann nicht kontrollieren?«
    »Könnten wir«, sagte Ricky, »wenn wir sie finden würden. Wir machen uns jeden Abend auf die Suche. Aber wir finden sie einfach nicht.«
    »Habt ihr Markierungen eingebaut?«
    »Ja, klar. Jede Einheit hat ein fluoreszierendes Modul in der Außenhaut. Bei UV-Licht leuchtet es blaugrün.«
    »Ihr sucht also abends im Dunkeln nach einem Fleckchen Wüste, das blaugrün leuchtet.«
    »Genau. Und bisher haben wir es nicht gefunden.«
    Das überraschte mich eigentlich nicht. Falls die Wolke dicht in sich zusammenfiel, würde sie auf dem Wüstenboden ein Häufchen von fünfzehn Zentimeter Durchmesser bilden. Und da draußen war eine große Wüste. Wo etwas so Kleines leicht zu übersehen war. Kein

Weitere Kostenlose Bücher