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Beute

Beute

Titel: Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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Aufzug bis ganz nach oben, drei Stockwerke über dem Boden. Unter der Decke hing ein Gewirr aus Leitungen und Rohren sowie ein Netzwerk aus Gitterrostlaufstegen, damit alles gewartet werden konnte. Ich fand die Roste fürchterlich, weil ich durch sie hindurch in die Tiefe schauen konnte. Ich bemühte mich, nicht nach unten zu sehen. Wegen der tief hängenden Rohre mussten wir immer wieder den Kopf einziehen. Ricky schrie über den Maschinenlärm hinweg.
    »Hier oben ist alles untergebracht!«, brüllte er und zeigte in verschiedene Richtungen. »Gebläse da drüben! Da der Wassertank für die Brandschutzsprinkleranlage! Stromverteilerkästen da vorn! Hier ist wirklich das eigentliche Herz!« Ricky ging weiter den Steg entlang, blieb schließlich neben einem großen Entlüftungsrohr stehen, das fast einen Meter Durchmesser hatte und in die Außenwand führte.
    »Das ist Entlüftung drei«, sagte er, dicht zu meinem Ohr gebeugt. »Insgesamt haben wir vier Hauptentlüftungsrohre, die Luft nach draußen pusten. So. Siehst du die Schlitze da entlang des Rohrs und die quadratischen Kästen in den Schlitzen? Das sind die Filter. Wir haben in mehreren Schichten übereinander Mikrofilter installiert, die verhindern, dass irgendwelche Schadstoffe nach draußen entweichen.«
    »Ich sehe sie …«
    »Du siehst sie jetzt«, sagte Ricky. »Leider haben die Wartungsleute vergessen, die Filter in dem Rohr da einzubauen. Die haben nicht mal die Schlitze reingeschnitten, sodass bei der Gebäudeabnahme keiner gemerkt hat, dass was fehlt. Es wurde abgenommen; wir haben mit der Arbeit losgelegt. Und wir haben ungefilterte Luft in die Umwelt gepustet.«
    »Wie lange?«
    Ricky biss sich auf die Lippe. »Drei Wochen.«
    »Und die Produktion lief auf vollen Touren?«
    Er nickte. »Wir schätzen, wir haben rund fünfundzwanzig Kilo Schadstoffe rausgepustet.«
    »Und was für Schadstoffe?«
    »Ein bisschen von allem. Was genau, wissen wir nicht.«
    »Ihr habt also E. coli, Assembler, fertige Moleküle, alles nach draußen geblasen?«
    »Genau. Aber wir wissen nicht, in welchem Verhältnis.«
    »Spielt es eine Rolle, in welchem Verhältnis?«
    »Könnte sein. Ja.«
    Ricky wurde immer fahriger, während er mir das alles erzählte, biss sich auf die Lippe, kratzte sich am Kopf, wich meinem Blick aus. Ich verstand das nicht. In den Annalen der industriellen Luftverpestung waren fünfzig Pfund Schadstoffe eine Bagatelle. Fünfzig Pfund Material würden bequem in eine Sporttasche passen. Eine derart geringe Menge fiel einfach nicht ins Gewicht, wenn sie nicht hochtoxisch oder radioaktiv war - und das war nicht der Fall.
    Ich sagte: »Ricky, was soll’s? Die Partikel hat der Wind inzwischen über Hunderte Meilen in der Wüste verstreut. Durch das Sonnenlicht und die kosmische Strahlung werden sie zerfallen. Sie lösen sich auf, zersetzen sich. Nach ein paar
    Stunden oder Tagen ist nichts mehr von ihnen übrig. Richtig?«
    Ricky zuckte die Achseln. »Ehrlich gesagt, Jack, genau das ist nicht …«
    Und in diesem Augenblick ging der Alarm los.
    Es war ein ruhiger Alarm, nur ein leises, hartnäckiges Klingeln, aber Ricky schreckte zusammen. Er lief den Steg entlang, seine Füße klapperten auf dem Metall, bis zu einem Computerterminal, das an der Wand befestigt war. In der Ecke des Monitors war ein Statusfenster. Es blinkte rot: »PV-90 entry «. Ich sagte: »Was bedeutet das?«
    »Etwas hat den Peripheriealarm ausgelöst.« Er nahm sein Funkgerät vom Gürtel und sagte: »Vince, alles dicht machen.«
    Das Funkgerät knisterte. »Schon geschehen, Ricky.«
    »Überdruck erhöhen.«
    »Er liegt bei fünf Pfund über normal. Wollen Sie mehr?«
    »Nein. So lassen. Haben wir Sicht?«
    »Noch nicht.«
    »Scheiße.« Ricky steckte das Funkgerät wieder an seinen Gürtel, fing an, schnell zu tippen. Der Computerbildschirm teilte sich in ein halbes Dutzend Bilder von Sicherheitskameras, die überall draußen auf dem Gelände verteilt waren. Einige zeigten die Wüste von oben, von den Gebäudedächern. Andere waren Aufnahmen vom Boden aus. Die Kameras schwenkten langsam.
    Ich sah nichts. Nur Wüstengestrüpp und ab und zu ein paar Kakteen.
    »Falscher Alarm?«, fragte ich.
    Ricky schüttelte den Kopf. »Schön wär’s.«
    Ich sagte: »Ich seh nichts.«
    »Es dauert ein Weilchen, bis man es entdeckt.«
    »Was entdeckt?«
    »Das.«
    Er zeigte auf den Monitor und biss sich auf die Lippe.
    Ich sah etwas, das aussah wie eine kleine, wirbelnde Wolke aus dunklen

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