Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beute

Beute

Titel: Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
Vom Netzwerk:
mir die Nase. Jede Menge schwarzes Zeug kam heraus, vermischt mit Blut und Sand aus der Wüste. Ich musste mir vier-oder fünfmal die Nase putzen, bis sie frei war. Ich zerknüllte das Taschentuch und wollte es wegwerfen. Mae streckte ihre Hand aus. »Gib mir das.«
    »Nein, schon gut.«
    »Gib es mir, Jack.«
    Sie nahm das Kleenex und steckte es in einen kleinen Plastikbeutel, den sie dicht verschloss. Erst da wurde mir klar, wie träge mein Verstand arbeitete. Natürlich, in dem Taschentuch befanden sich genau die Partikel, die ich untersuchen wollte. Ich schloss die Augen, atmete tief ein und wartete, bis das Pochen in meinem Kopf ein wenig nachließ. Als ich die Augen wieder aufschlug, war der Raum nicht mehr so grell. Er wirkte fast normal.
    »Ach übrigens«, sagte Mae, »Julia hat angerufen. Sie hat gesagt, du kannst sie nicht zurückrufen, sie hat irgendwelche Untersuchungen. Aber sie wollte mit dir sprechen.«
    »Alles klar.«
    Ich sah, wie Mae den Beutel mit dem Taschentuch nahm und in ein Spezialglas tat. Sie schraubte den Deckel fest zu. »Mae«, sagte ich, »falls in dem Schwarm E. coli sind, können wir das doch rausfinden, indem wir die Probe jetzt testen. Sollen wir das nicht gleich machen?«
    »Ich hab im Moment keine Zeit. Ich mach das, sobald ich kann. Ich habe gerade ein kleines Problem mit einer von den Fermentationseinheiten, und ich brauche dafür die Mikroskope.«
    »Was für ein Problem?«
    »Ich weiß es noch nicht genau. Aber einer von den Tanks wirft weniger ab.« Sie schüttelte den Kopf. »Wahrscheinlich nichts Ernstes. So was passiert ständig. Dieses ganze Produktionsverfahren ist unglaublich anfällig, Jack. Das am Laufen zu halten ist wie mit hundert Bällen auf einmal zu jonglieren. Ich habe alle Hände voll zu tun.«
    Ich nickte. Aber mich beschlich das Gefühl, dass sie das Taschentuch nur deshalb nicht untersuchen wollte, weil sie bereits wusste, dass der Schwarm Bakterien enthielt. Sie fand bloß, dass es nicht ihre Aufgabe war, mir das zu sagen. Und wenn das der Fall war, dann würde sie es mir nie erzählen.
    »Mae«, sagte ich. »Irgendjemand muss mir sagen, was hier los ist. Nicht Ricky. Ich möchte, dass mir irgendjemand reinen Wein einschenkt.«
    »Gut«, sagte sie. »Ich finde, das ist eine sehr gute Idee.«
    So kam es, dass ich kurz darauf in einem der kleinen Räume vor einem Computer saß. Neben mir der Projektingenieur David Brooks. Während David sprach, nestelte er ständig an seiner Kleidung herum - er richtete seine Krawatte, streckte die Arme, damit die Manschetten herauskamen, zog die Hosenbeine hoch, um die Falten an den Oberschenkeln zu glätten. Dann legte er einen Fußknöchel aufs Knie, zog die Socke hoch, wechselte das Bein. Fuhr sich mit den Händen über die Schultern, wischte imaginären Staub weg. Und dann fing er wieder von vorn an. Er machte das Ganze natürlich unbewusst, und bei meinen Kopfschmerzen hätte es mich normalerweise genervt. Aber ich konzentrierte mich auf anderes. Denn mit jeder neuen Information, die David mir gab, wurden meine Schmerzen schlimmer.
    Anders als Ricky hatte David eine ausgesprochen klar strukturierte Art zu denken, und er erzählte mir alles, von Anfang an. Xymos hatte einen Vertrag zur Herstellung eines Mikroroboterschwarms abgeschlossen, der als Luftkamera dienen sollte. Die Partikel wurden erfolgreich produziert und funktionierten innerhalb geschlossener Räume anstandslos. Doch bei den Tests im Freien erwiesen sie sich bei Wind als weniger beweglich. Bei starkem Wind wurde der Testschwarm weggeweht. Das war sechs Wochen her.
    »Habt ihr danach weitere Schwärme getestet?«, fragte ich.
    »Ja, viele. Im Verlauf der nächsten vier Wochen oder so.«
    »Und keiner hat funktioniert?«
    »Genau. Kein einziger.«
    »Die ursprünglichen Schwärme sind also alle weg - vom Winde verweht?«
    »Ja.«
    »Das heißt, die unkontrollierten Schwärme, mit denen ich heute das Vergnügen hatte, haben nichts mit euren ursprünglichen Testschwärmen zu tun?«
    »Genau …«
    »Sie sind die Folge von Kontamination …«
    David blinzelte rasch. »Was meinst du mit Kontamination?«
    »Die fünfundzwanzig Kilo Material, die der Abluftventilator in die Umwelt geblasen hat, weil ein Filter fehlte …«
    »Wer hat denn was von fünfundzwanzig Kilo gesagt?«
    »Ricky.«
    »Oh, nein, Jack, wir haben tagelang Material abgelassen. Bestimmt fünf-, sechshundert Kilo - Bakterien, Moleküle, Assembler.«
    Ricky hatte die Situation also schon wieder

Weitere Kostenlose Bücher