Beutewelt 04 - Die Gegenrevolution
meiner Seite bist! Komm einfach mit!“, forderte er.
„Halt! Moment mal! Ich bin nicht einer deiner Soldaten und nehme auch keine Befehle entgegen, Herr General!“, gab Julia wütend zurück.
„Schon gut, so habe ich das nicht gemeint …“, versuchte sie Frank zu beruhigen.
„Was ist denn mit deiner Backe passiert?“
„Nichts! Nur ein Kratzer. War ‘n Schlagring!“, antwortete Kohlhaas mit einem gewissen Stolz.
Jetzt baute sich Julia vor ihm auf. „Weißt du, du Idiot, ich mache mir pausenlos Sorgen, dass du irgendwann draufgehst. Ständig bist du in irgendwelche Konflikte verwickelt. Was man da aus Russland hört, ist doch grauenhaft. Lass endlich einmal die anderen kämpfen! Du hast wahrlich genug Heldentaten vollbracht!“
„Aber ich muss weitermachen! Und dein Vater ebenfalls! Es ist halt so! Das ist unser Schicksal!“
„Und du glaubst, dass sich etwas ändert, wenn ich zu dir nach Minsk ziehe?“, schrie sie und fing an zu weinen.
„Und du glaubst, dass wir hier in Ivas auf Dauer unser ruhiges Leben führen können, wenn wir nicht kämpfen?“, knurrte Kohlhaas zurück.
„Was weiß ich? Ich kann diesen ständigen Krieg jedenfalls nicht mehr ertragen!“, zischte die junge Frau.
Ohne weiter zu zögern nahm Frank sie in den Arm und gab ihr einen Kuss. Sie schmiegte sich wortlos an ihn und weinte lautlos.
„Dieser ständige Kampf macht auch mich kaputt. Er macht uns alle kaputt, aber es ist nicht zu ändern. Das ist eine schreckliche Zeit, in die wir hineingeboren wurden. Ein niemals endender Alptraum. Glaubst du, ich habe mir das ausgesucht, Julia?“
Die Tochter des Außenministers schwieg und küsste ihn zurück.
„Ich liebe dich, mein Engel!“, flüsterte Frank und drückte sie fester an sich. Julia sagte noch immer nichts und verharrte nur leise weinend in seinen Armen.
Kohlhaas blieb die Nacht über bei ihr und verließ das Haus der Familie Wilden erst am nächsten Tag mit einem zufriedenen Lächeln. Fröhlich trällernd schritt er durch das Dorf und fühlte sich so gut, wie seit einer Ewigkeit nicht mehr.
Er hatte das Herz seiner Angebeteten diesmal endgültig erobert. Alle gegnerischen Tendenzen waren nach schweren Gefühlskämpfen besiegt worden. Frank hatte Julias Herz besetzt, gesichert und mit seiner Fahne bestückt.
Seine Freundin hatte ihm in dieser Nacht tatsächlich versprochen, eine Wohnung in Minsk anzumieten. Die schöne Frau wollte von nun an bei ihm sein und Frank war sich sicher, dass sein Traum von trauter Zweisamkeit nun endlich in Erfüllung gehen würde.
So nahe wie in den vergangenen Stunden waren sich die beiden noch niemals zuvor gekommen, so intensiv waren ihre Herzen noch nie miteinander verschmolzen.
Frank hielt sich bezüglich der Details dieser Nacht allerdings vornehm zurück und versorgte seinen neugierigen Freund Alf und dessen Svetlana lediglich mit Andeutungen.
Für heute hatte er sich mit HOK zu einer Runde Battle Hammer verabredet. Immerhin hatten seine Orks noch eine Rechnung mit dem Ritterheer des Informatikers offen. Es wurde ein entspannendes und lustiges Spiel und Frank schaffte zumindest ein „Unentschieden“. Der dickliche Computerexperte hatte ihm einen ganzen Haufen weiterer Miniaturen im Internet ersteigert und Kohlhaas freute sich schon darauf, sie zu bemalen.
Gegen Abend holte er Julia ab und ging mit ihr in Steffen de Vries’ Cafe. Diesmal übernachtete sie in seinem Zimmer. Frank hatte ihr zuliebe extra aufgeräumt und halbwegs Ordnung in seinen „Saustall“ gebracht.
Er fühlte sich in diesen Tagen glücklich wie ein Fisch im klaren Wasser des Ozeans. Es war wundervoll, als er endlich mit Julia im Arm einschlafen und ihre weichen, blonden Haare auf seiner Brust spüren konnte. Der General wollte für immer in Ivas bleiben und Zivilist werden. Sollten doch die anderen ihr Leben im Kampf aufs Spiel setzen. Er hatte sich oft genug in Gefahr gebracht.
Aus und vorbei?
Der von seinen Feinden gefürchtete Anführer der Warägergarde war schlagartig lammfromm geworden. Er hatte Julia mit nach Minsk genommen und ihr eine kleine Wohnung in der Innenstadt besorgt. Über kurz oder lang wollten die beiden sogar zusammenziehen, ganz so, wie es sich Kohlhaas immer erträumt hatte. Inzwischen war es Mitte November geworden und Frank hatte die jüngsten Meldungen im weißrussischen Fernsehen weitgehend ignoriert. Es hatte sich allerdings einiges verändert – zum Schlechten.
Die Weltregierung hatte angekündigt, die
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