Beutewelt 06 - Friedensdämmerung
fort. Frank, als führender General der Warägergarde, hatte in diesen Tagen indes nicht viel zu tun und er hoffte, dass es auch so bleiben würde.
Im April 2042 hatten sie Artur Tschistokjow in St. Petersburg besucht und die riesige, schöne Stadt mehrfach besichtigt. Franks Sohn hatte sich inzwischen zu einem kleinen Wonneproppen entwickelt und es beeindruckte seinen Vater immer wieder, wie wissbegierig und neugierig der aschblonde Junge durch die Welt ging.
Friedrich lernte immer schneller sprechen und auf ihrer Reise nach St. Petersburg hatte er seine glücklichen Eltern stets mit zahllosen, kindlichen Späßen zum Lachen gebracht. Ansonsten unternahm die Familie Kohlhaas immer wieder kleinere Ausflüge mit ihrem Freund Alfred Bäumer und seiner Lebensgefährtin Svetlana, denen man die Freude über den endlich eingekehrten Frieden ebenfalls deutlich anmerkte.
Und auch Thorsten Wilden, Julias Vater und der Außenminister des Nationenbundes der Rus, war in den letzten Wochen wieder häufiger bei seiner Familie in Litauen gewesen und brach regelmäßig in Begeisterungsstürme aus, wenn sein kleiner Enkel ein neues Wort gelernt hatte.
Es gab in diesen Tagen kaum einen Zweifel daran, dass Russland eine Periode des Aufbruchs erlebte, wie es sie seit Jahrhunderten nicht mehr gegeben hatte. Von der bösartigen Hetze gegen den neuen Staat in den internationalen Medien, die Artur Tschistokjow immer wieder kränkte, abgesehen, machte es den Anschein, als ob das Glück diesmal von Dauer sein würde.
Die Erinnerungen an den verheerenden Krieg zwischen den Rus und den Kollektivisten, der die Heimat jahrelang gepeinigt und verwüstet hatte, blendeten die meisten Russen so gut es ging aus und labten sich an der wesentlich erfreulicheren Gegenwart und dem lange herbeigesehnten Frieden.
Es wirkte in diesen Tagen tatsächlich so, als ob das neue Russland auch in Zukunft ein Ort der Freiheit bliebe, denn trotz der ewigen Verleumdungen durch die von den Logenbrüdern gesteuerten Medien, hatten diese wenig Möglichkeiten sich einzumischen. Einen Angriff auf Artur Tschistokjows Reich schien die Weltregierung zudem nicht mehr zu planen. Der Global Bank Trust, ihre höchste finanzielle Instanz, bekam indes keinen einzigen Globe mehr aus Weißrussland, Russland, der Ukraine und dem Baltikum. Tschistokjow pumpte die Einnahmen des Nationenbundes stattdessen zu einem beträchtlichen Teil wieder als Subventionen für die Industrie oder für öffentliche Aufbaumaßnahmen zurück in sein Volk.
Der wirtschaftliche Aufstieg gab ihm Recht und durch die so gut wie vollständige Beseitigung der Arbeitslosigkeit und die Einführung eines komplexen Sozialversicherungssystems, schenkte er Millionen seiner Landsleute einen Lebensstandard, den sie sich niemals erträumt hätten.
„Russland hat genügend Mittel, um sich eines Tages vollständig selbst versorgen zu können. Dem entsprechend müssen wir Industrie und Gewerbe in diesem Sinne so früh es geht umstellen. Außerdem werden wir vom Weltverbund ohnehin wirtschaftlich isoliert und es bleibt uns demnach auch nichts anderes übrig, als das zu tun. Zumindest aber haben wir Japan als Handelspartner“, erklärte der Politiker seinen Beratern gelegentlich und setzte seine erfolgreiche Politik fort.
Die warmen Strahlen der Julisonne kitzelten Franks Nase und dieser räkelte sich zufrieden auf seiner bequemen Gartenliege. Er schob seinen Strohhut noch ein wenig weiter ins Gesicht, um dann leise zu gähnen. Ganz Ivas war in einen sonnigen Schein eingehüllt und heute galt es, wieder einmal nach Strich und Faden im blühenden Vorgarten der Familie Wilden zu faulenzen.
„Hach!“, stieß Bäumer zufrieden aus. Er holte sich noch ein kaltes Bier aus der Kühlbox neben seiner breiten Liege, während sich Svetlana an ihn schmiegte.
„Ich könnte hier den ganzen Tag rumhängen“, bemerkte Frank, wobei er sich am Bauch kratzte.
„Dein Freund ist eine faule Sack“, scherzte Svetlana, sich an der deutschen Sprache versuchend.
„Ja, faul sein ist unser neues Lebensziel. Wusstest du das etwa nicht, Schatz?“, brummte Alf und nahm einen kräftigen Schluck Bier zu sich.
„In einer Woche muss ich für ein paar Tage nach St. Petersburg zu einer Unterredung mit Artur, ansonsten will ich nur noch schlafen und rumdösen“, sagte Kohlhaas mit einem zufriedenen Lächeln.
„Wir kommen aber mit, nicht wahr, Friedrich?“, sagte Julia. Der Kleine nickte.
„Dann schauen wir uns noch einmal Russlands
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