Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition)
gekommen.
Jetzt musste er nur noch abwarten, wie sich das Spiel entwickelte, wenn einer der Mitspieler verraten wurde und ein anderer sich zurückzog.
*
Mogadischu, 18 . Januar 2011
»Nimm die Pistole weg!«
Bente hatte Vitus weggeschubst und war an ihm vorbei ins Zimmer gegangen. Wie immer hatten sie verabredet, dass er vor dem Beginn der Sperrstunde zu ihr kommen sollte. Sie hatten jedoch nicht vereinbart, dass er eine Pistole mitbringen und ihr damit vor der Nase herumfuchteln würde. Zum Schutz, hatte er mit einem stolzen Lachen gesagt und auf sie gezielt und erst langsam begriffen, dass er sie lieber verbergen sollte, wenn aus diesem Abend mehr werden sollte.
»Wo hast du die her?«, hatte sie gefragt.
Vitus hatte nur mit den Schultern gezuckt und behauptet, dass er sie von überall herhaben könne. Waffen gebe es an jeder Ecke, das wisse sie doch wohl. Aber Bente fragte ihn weiter aus. Sie wollte schließlich wissen, mit wem sie da ins Bett ging. Vitus arbeitete als Fahrer für Kintu, doch sie wusste, dass er unzählige lukrative Nebenjobs hatte. Für Kintu transportierte er größere Mengen an Nothilfe vom Flughafen in die Stadt. Manchmal auch von der eritreischen Grenze aus, wenn es Rationen waren, die aus anderen Gegenden weiterdirigiert wurden, oder wenn Mogadischus Flughafen wieder einmal für längere Zeit geschlossen war. Wie immer war es nicht schwer gewesen, Vitus etwas zu entlocken.
»This is big business, you know!«, hatte er geprahlt. »For the very big bosses and all the way from north. A lot of power in those trucks. A lot of power for the bosses and a lot of money for Vitus.«
Als sie später in ihrem Bett lagen, er mit dem einen Arm um sie, in der anderen Hand die obligatorische Zigarette – er bestand darauf zu rauchen, wenn sie Sex gehabt hatten –, hatte er endlich erzählt, woher er die Pistole hatte. Er habe sie aus einer kaputten Kiste gezogen, einem Teil der Fracht, den er gerade nach Mogadischu gefahren hatte. Mit einem Kintu-Transport.
Bente war nicht übermäßig überrascht gewesen. Sie wusste, dass einige ihrer Kooperationspartner vor Ort auch an Waffenschmuggel beteiligt waren. Dagegen konnte man wenig unternehmen, wenn man hier tätig sein wollte. Dennoch hatte sie Vitus weiter gelöchert, denn irgendetwas an seiner Geschichte hatte sie beschäftigt. Wegen der Bürokratie und Korruption zogen sich einige Arbeitsprozesse sehr in die Länge, aber dennoch, sie wusste nichts von solchen Transporten in jüngster Zeit. Und sie sollte es wissen.
Sie hatte weitergefragt, hatte Vitus dazu gebracht, ihr die Transportpapiere zu besorgen, und den Fall dann im Büro eingehender untersucht. Sie hatte all ihre Kontakte aktiviert. Und das Ergebnis, zu dem sie gekommen war, war schockierend. Die Fracht, die Vitus und die anderen Fahrer über den Landweg transportiert hatten, hatte tatsächlich Waffen enthalten. Zwar kam sie von einem dänischen Schiff, das nach einem Piratenüberfall gezwungen gewesen war, in einem anderen Hafen anzulegen. Angeblich sollte die Ladung in Dschibuti gelöscht werden, wo vermutlich eine größere Schmugglerorganisation bereitstand, um für den Weitertransport nach Somalia zu sorgen. Stattdessen war das Schiff jedoch gezwungen gewesen, den nächsten Hafen anzulaufen, weil der Treibstoff knapp wurde, und man hatte eine Notlösung für den Weitertransport improvisieren müssen. Mit dem Ergebnis, dass Lastwagen von Kintu und einem lokalen Kooperationspartner dorthin geschickt worden waren, um die Fracht, die inzwischen mit Papieren ausgestattet war, die sie als Nothilfe und Lebensmittelrationen deklarierten, zu laden und weiterzutransportieren. Und in dem Moment, als Bente sah, dass die Papiere echt waren, verstand sie, dass etwas faul war.
Das Problem war nicht allein, dass Kintus Fahrzeuge und Personal für den Transport missbraucht worden waren. Nein, jemand von Kintu musste die Sache auch angeleiert haben.
»Wach auf, Bente. Wir müssen schnell hier rauskommen.«
Sie schreckte zusammen, als Martin sie anstupste, und sie bemerkte, dass sie bereits bei Kintus baufälligem Büro westlich von Mogadischus altem Basar angekommen waren. Sie beobachtete einen vorbeiratternden Eselkarren mit Wasser, der eine der primitiven Hütten ansteuerte, die die Menschen zwischen den Bombenkratern errichtet hatten. Bente nahm sich zusammen und folgte Martin durch das Gittertor, wo sie die zwei ständigen Soldaten begrüßten, die den Eingang bewachten. Ihr Gebäude
Weitere Kostenlose Bücher