Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition)
beherbergte gleich mehrere Koordinationsbüros für die Nothilfe, so dass es auch hier strenge Sicherheitsmaßnahmen gab.
Ahmed und seine Männer blieben stehen, bis ihre weißen Fahrgäste durch das Tor und bis zur Eingangstür gelangt waren. Dann sprangen sie wieder in den Wagen, starteten den Motor und verschwanden röhrend in einer Staubwolke, auf dem Weg zum nächsten Transport.
55
H aben wir gerade eine Streife im Sydhavn?«
»Ich schaue mal nach.«
Thor stand mit dem Handy in der Hand auf dem Flur und trat rastlos von einem Bein aufs andere, während er darauf wartete, dass sich der zentrale Einsatzleiter erneut meldete. Er hatte sich bemüht, seinen Rang und die Dringlichkeit seines Anliegens deutlich zu machen, wusste aber genau, dass es keinen Zweck hatte, die Kollegen unter Druck zu setzen. Er hatte in der Hoved Stationen angerufen, und die Kollegen dort waren bekanntermaßen durch nichts aus der Ruhe zu bringen. Die HS lag unter dem Dach des Politigården und regelte den gesamten Funkverkehr der Kopenhagener Polizei. Hier saßen die erfahrenen Polizeibeamten unter einem riesigen Bildschirm mit einem digitalen Stadtplan. Sie trugen Headsets und hatten ihren Blick permanent auf die elektronische Karte gerichtet, oder auf einen der vielen Monitore mit den Kameraaufnahmen von zentralen Plätzen in der Hauptstadt. Hier gingen alle Notrufe und die Überfallalarme sämtlicher Banken und Läden ein, und nicht zuletzt standen die Funker in ständigem Kontakt mit allen Streifenwagen. Wenn das HS zusammenbrach, würde die gesamte Polizei zusammenbrechen.
»Wir haben einen Wagen in Sundyvester, und einer befindet sich in Valby. Das ist zurzeit das Nächstgelegene.«
Thor nickte vor sich hin. Es hätte schlimmer sein können.
»Schicken Sie die beiden sofort los. Aber ich möchte ständig mit ihnen im Kontakt stehen. Sie dürfen auf keinen Fall hineingehen, wenn sie an dem Objekt ankommen, ich wiederhole: auf keinen Fall! Dort hält sich eine Frau versteckt, die des zweifachen Mordes verdächtig ist. Sie könnte bewaffnet und unberechenbar sein.«
Der zentrale Einsatzleiter bekräftigte, dass er verstanden habe, aber Thor fuhr fort: »Sie sollen draußen warten. Dafür sorgen, dass niemand zu ihr hineinkommt und sie nicht flüchtet. Einen Moment …«
Thor steckte das Telefon ein und öffnete erneut die Tür zum Telecenter der Reichspolizei, wo drei Männer hinter ihren Computern saßen und ihn erwartungsvoll ansahen.
»Haben wir eine genaue Adresse?«
Kommissar Martinsen schüttelte den Kopf. Thor hatte ihm und seinen Kollegen ungeduldig über die Schultern geblickt, ehe er vor einigen Minuten auf den Flur hinausgegangen war, um die HS zu alarmieren. Die drei Männer hinter den Bildschirmen arbeiteten fieberhaft, davon aufgestachelt, dass sie live an einer Verbrecherjagd teilnehmen durften.
»Ist sie das?«, fragte Martinsens Kollege. »Bist du sicher, dass sie das ist?«
Thor nickte kurz.
»Jetzt kommt schon, verdammt noch mal«, sagte er. »Ich brauche eine Adresse, um die Streifen dorthin schicken zu können.«
»So einfach ist das nicht«, erklärte Martinsen. »Mit dem Handy wurde ein Anruf getätigt. Weil wir es abhören, können wir den nächsten Sendemast lokalisieren. Sydhavn. Aber Genaueres wissen wir nicht, bevor wir das GPS des Telefons etwas exakter orten.«
Thor stöhnte über die umständliche Ausführung.
»Das hast du mir doch schon hundertmal erklärt«, sagte er.
Jetzt lächelte Martinsen wieder geduldig, obwohl die roten Flecken auf seinem Hals deutlich machten, dass er die Jagd nicht weniger ernst nahm als Thor.
»Und ich kann es dir noch hundert weitere Male erklären, aber die Antwort ist immer dieselbe.«
Doch im selben Moment schrie der andere auf.
»Ich hab sie!«
Thor rannte zu dem Bildschirm.
»Bist du sicher?«
Der Kollege zeigte nur auf einen leuchtenden Punkt, der die Platzierung des GPS auf der Karte anzeigte, und Thor flüsterte ein begeistertes »Yes!«. Er holte das Handy hervor und rief den zentralen Einsatzleiter erneut an.
»Gedestien«, sagte er und beugte sich über den Bildschirm. »Ich weiß nicht genau, wo das ist. Sieht aus, als gehörte es zu diesem Schrebergartenverein Nokken. Nein, warten Sie mal, jetzt hat sich die Adresse geändert. Ved Slusen. Bewegt sie sich etwa?«
Er sah den Kollegen vor dem Computer fragend an, doch der schüttelte den Kopf. Das sei nur das GPS , das sich stabilisieren müsse. Jetzt kam der leuchtende Punkt zum Stehen.
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