Bewegungswissenschaft
Gesamtorganisation der Bewegung gerichteten Handlungstheorien ein (M ILLER , G ALANTER & P RIBRAM , 1973; P ÖHLMANN , 1977; L EIST , 1978; W EINBERG , 1978; N ITSCH & M UNZERT , 1997). Eng umgrenzte, detailtheoretische Erklärungsansprüche verfolgen die auf den Außenaspekt gerichteten Funktionsanalysen nach G ÖHNER (1979, 1999; vgl. Lektion 7 ) und die auf den Innenaspekt zentrierten Informationsverarbeitungsansätze (A DAMS , 1971; S CHMIDT , 1975, 1976, 1988; R OSENBAUM , 1991; vgl. Lektion 6 ) oder die Modularitätshypothese (F ODOR , 1983; vgl. Lektion 6 ). Die unterschiedlichen Schwerpunktlegungen und Blickwinkel funktionaler Denkansätze verlangen eine enorme Bandbreite der Forschungsmethoden. Diese reichen von äußeren und körperinneren biomechanischen Messverfahren ( vgl. Lektionen 10 und 11 ) über Reaktionszeitstudien bis hin zu psychologischen Untersuchungsmethoden ( vgl. Lektion 6 ).
Eine thematische Zusammenschau der Jahrestagungen, Kongresse und Symposien der dvs-Sektionen Motorik und Biomechanik dokumentieren seit dem Jahre 1981 die „Schriften der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft“. Aktuell erscheint die dvs-Schriftenreihe im Feldhaus Verlag (Hamburg, Edition Czwalina). Online-Beiträge aus dem Bereich der Bewegungswissenschaft findet der Leser unter www.bewegung-und-training.de. Als Beispiele seien die Tagungsberichte von B LASER , W ITTE und S TUKE (1994), B LASER (1998a, b), W IEMEYER (1999) oder G ABLER , G ÖHNER und S CHIEBL (2005) genannt.
Ein bewährter bewegungswissenschaftlicher Zugang stellt die biomechanische Betrachtungsweise dar, die sich lange Zeit auf den Außenaspekt sporttypischer Bewegungshandlungen konzentrierte. Biomechanische Messverfahren zerlegen sporttypische Bewegungen in Orts-, Zeit-, Geschwindigkeits-, Winkel- und Kraftmerkmale ( vgl. Lektion 10 ). Die Hauptziele der biomechanischen Theoriebildung liegen in der Formulierung sportartenübergreifender biomechanischer Prinzipien (z. B. Prinzip des optimalen Beschleunigungswegs, Prinzip der Anfangskraft; vgl. Lektion 12 ) und der Modellierung des sporttreibenden Menschen hinsichtlich des motorischen Verhaltens, des Körperbaus und der Aufdeckung der leistungsbestimmenden Kenngrößen (B ALLERICH & K UHLOW , 1980; H OCHMUTH , 1982; B AUMANN , 1989; W ILLIMCZIK , 1989; vgl. Lektion 12 ). Seit einigen Jahren wendet sich die sportwissenschaftliche Biomechanik verstärkt dem Innenaspekt der Bewegung zu. Das Forschungsinteresse richtet sich beispielsweise auf die bioelektrischen Muskel- und Reflexaktivitäten ( vgl. Lektion 11 ) oder die Materialeigenschaften des menschlichen Körpers.
Die ganzheitlichen Betrachtungsweisen bilden die konzeptionelle Gegenposition zu den empirisch-analytischen Ansätzen. Die Bewegungskoordination umfasst nach ihrer Auffassung nicht allein die „Zusammenordnung“ von Bewegungsphasen, Kraftimpulsen und neurophysiologischen Funktionsprozessen, sondern auch die zielgerichtete Abstimmung der auf den unterschiedlichen Kontrollebenen des Zentralnervensystems stattfindenden Teilprozesse. Im Vordergrund steht die ganzheitliche Betrachtung derBewegung und nicht ihre Zerlegung in Einzelteile. Betont wird, dass das Ganze etwas qualitativ anderes und sogar mehr ist als die Summe seiner Einzelkomponenten (E HRENFELS , 1890). Die Umsetzung des „Ganzheitspostulats“ erfolgt unter drei Hauptperspektiven.
Die für die Sportpraxis bedeutsame Morphologie (B UYTENDIJK , 1956; K OHL , 1956; M EINEL , 1960; T HOLEY , 1980) greift bei der Formulierung allgemeiner Bewegungskategorien (Phasenstruktur der Bewegung, Bewegungsrhythmus usw.) auf qualitative äußere Eindrucksanalysen zurück. Nach dem Konnektionismus (H EBB , 1949; Q UINLAN , 1991; K ÜNZELL , 1996) untersteht die „Ganzheit“ der Motorik parallel arbeitenden, hochgradig vernetzten Verarbeitungsprozessen des Hirns. Künstliche neuronale Netze simulieren die aus einem scheinbaren Chaos erwachsende Systemordnung. Die systemdynamischen Ansätze (S MITH & T HELEN , 1993; B EEK , P EPER & S TEGEMANN , 1995) evaluieren die Selbstorganisation dynamischer Systeme (Emergenz). Die Übertragung konnektionistischer und systemtheoretischer Annahmen über die Bewegungskoordination auf den Bereich des Sports steht noch aus ( vgl. Lektion 6 ).
Forschungs- und Lehrkonzeption von Meinel und Schnabel (1998)
M EINEL (1960) unterscheidet in der ersten Ausgabe seines Lehrbuchs „Bewegungslehre“ fünf eigenständige bewegungswissenschaftliche
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