Bewegungswissenschaft
Abb. 80 a).
Die in die vier Ecken der Kraftmessplatte jeweils eingelassenen drei Piezokristalle ermöglichen die Drei-Komponenten-Messung der Kraft. Über jeweils ein Piezokristall wird die Kraftkomponente (Reaktionskräfte) F x und F y in horizontaler und F z in vertikaler Richtung erfasst. Insgesamt registriert die Mehrkomponenten-Kraftmessplatte „den zeitlichen Verlauf der resultierenden Kraft und des resultierenden Moments, die sich als Summe aller an der Platte angreifenden Kräfte und Momente bezogen auf die Plattenmitte ergeben. Durch die Integration der Kraft-Zeitfunktionen sind unmittelbar die während der Stützphase erfolgten Geschwindigkeitsveränderungen des Körperschwerpunkts gegeben“ (B AUMANN & P REIß , 1996, S. 98-99). Gleichzeitig auftretendeEinzelkräfte lassen sich nicht isoliert darstellen. Abbildung 80b gibt den typischen Befund einer Kraftmessung beim Laufen wieder.
Abb. 80: Mehrkomponenten-Kraftmessplatte
a ) Prinzipskizze einer Mehrkomponenten-Kraftmessplatte mit schematischer Darstellung der Messgrößen (Bezeichnungen siehe Text)
b ) Bodenreaktionskraft beim Laufen (mod. nach B AUMANN & P REIß , 1996, S. 99)
Kraftmessplatten auf der Basis von Piezokristallen sind üblicherweise sehr teuer und vornehmlich in Universitäten oder in der Industrie zu finden. Zur Veranschaulichung der Arbeitsweise einer Kraftmessplatte kann der Lehrer im Sportunterricht ersatzweise auf eine handelsübliche analoge Personenwaage zurückgreifen, die eine optische Verfolgung der Anzeige bei schnellen Bewegungsausführungen ermöglicht (z. B. Videokamera mit Shuttereinrichtung zur scharfen Abbildung der Waagenanzeige). Quantitative Kennwerte können mit einer analogen Personenwaage nicht erhoben werden, da das Nachschwingen der Anzeige nach Bewegungsende nicht durch die aufgebrachten Kräfte entsteht, sondern durch die Trägheit der Anzeige. Demgegenüber können Kraft-Zeit-Verläufe weit gehend wirklichkeitsnah veranschaulicht werden (H ILLEBRECHT , 2005).
Druckverteilungsmessungen auf eine bestimmte Auflagefläche (z. B. Fußsohle) erfolgen mittels einer mit zahlreichen Miniatur-Druckaufnehmern besetzten Platte oder Hartfolie (z. B. Einlegesohle). Jeder Drucksensor ist einem eng umgrenzten Flächenabschnitt zugeordnet. Die auftretenden Druckkräfte werden softwaretechnisch durch unterschiedliche Farben und Farbabstufungen oder als intervallskalierte Messwerte veranschaulicht.
4 Äußere Bewegungsmerkmale im Überblick
Menschliche Bewegungen unterliegen im Gegensatz zu materialen Körpern nicht ausschließlich den Gesetzen der Mechanik, sondern zusätzlich den biologischen Voraussetzungen und Eigenheiten des Individuums. Im Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses der Biomechanik des Sports steht die Erforschung der den Entscheidungsraum des Menschen begrenzenden stochastischen Gesetzmäßigkeiten. Als Grenzwissenschaft profitiert die Biomechanik des Sports von den Kenntnissen der Physik, der Anatomie, der Biologie und der Physiologie. Die äußere Biomechanik des Sports beschäftigt sich mit den an der Körperperipherie messbaren zeitlichen, räumlichen und dynamischen Bewegungsgrößen und den physikalisch-biomechanischen Grundlagen der Sporttechniken.
Die innere Biomechanik untersucht die Strukturen und die Materialien des Bewegungsapparats und die motorischen Funktions- und Kontrollprozesse. Die Biokinematik betrachtet die räumlich-zeitlichen Veränderungen translatorischer und rotatorischer Bewegungen. Als biokinematische Grundgrößen gelten Strecken, Winkel, Zeiten und die mathematisch abgeleiteten Größen Geschwindigkeit und Beschleunigung. Die Biodynamik untersucht die verursachenden Kräfte statischer und dynamischer Bewegungen. Zu den biodynamischen Kenngrößen translatorischer Bewegungen zählen Masse, Kraft und Impuls. Bei rotatorischen Bewegungen interessieren Massenträgheitsmoment, Drehmoment und Drehimpuls. Die Analyse der Ortsveränderung und der Geschwindigkeit des Gesamtsystems Mensch basiert auf der Annahme, dass die Gesamtkörpermasse und die am menschlichen Körper angreifenden Kräfte in einem als ideal konstruierten Punkt, dem Körperschwerpunkt (KSP) , vereinigt werden können.
Als die wichtigsten Forschungsmethoden der äußeren Biomechanik des Sports gelten die Anthropometrie zur Messung der Körpermerkmale, Positionen und Masseverteilungen, die Kinemetrie zur Orts-, Zeit- und Winkelerfassung und die Dynamometrie zur Betrachtung der zwischen den an der Körperperipherie
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