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Bezaubernde Spionin

Bezaubernde Spionin

Titel: Bezaubernde Spionin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo MacDoherty
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Nachts von Träumen heimgesucht wurde; es waren wundervolle Träume, in denen ein Mann sie verfolgte, dessen zärtliches Lächeln ihr beinah das Herz zerriss und dessen liebevoller, inniger Blick aus seinen klugen blauen Augen ihre Seele zu versengen drohte. Dennoch waren es schreckliche Träume, die stets in einem Albtraum mündeten; unfehlbar schreckte sie schreiend daraus hoch und hatte statt des leidenschaftlich glühenden Antlitzes ihres Geliebten das blutige, staubbedeckte Gesicht ihres sterbenden Vaters vor Augen. Aylinn schluckte und zwang sich zu einem Lächeln.
    »Was hat er denn gesagt, Nanette? Doch nichts allzu Irisch-Aufrührerisches, hoffe ich?« Sie warf der Hofdame einen kurzen, spöttischen Seitenblick zu. »Das sollte ich mir eigentlich nicht anhören, da ich der vornehmen Lady schließlich unbefangen gegenübertreten soll. Immerhin ist sie auf Geheiß des englischen Königs und des Herzogs von Bedford hierhergekommen, meinem wenngleich etwas entfernten Verwandten.«
    Nanette schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht, Mylady. Ihr kennt doch Buffon. Er würde nie …«
    Aylinn lachte, diesmal aufrichtig. »Eben weil ich ihn kenne, Nanette, warne ich Euch ja davor. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie er damals auf dem Bankett zur Krönung sein Lied über Elfen und Kentauren zum Besten gab, sehr zu Connors und Juliets Verlegenheit …«
    Sie verstummte, als sie sich an das Bankett erinnerte. Aber es war nicht das spöttische Lied des Barden, woran sie dachte, sondern an etwas anderes, an jemand anderen, an ein Gesicht, ein markantes, gut geschnittenes Gesicht mit blauen Augen unter einem dunklen Haarschopf. Augen, deren Blick sie an jenem Abend immer wieder begegnet war und den sie, wie sie sich eingestand, auch immer wieder gesucht hatte. Ein Blick, der ihr Innerstes zu verflüssigen schien und dessen Eindringlichkeit ihr beinahe den Atem genommen hatte. Sie wusste nicht einmal mehr, was sie mit ihrem Tischnachbarn gesprochen hatte. Sie hätte ihren Titel und ihre Hand verpfänden können, ohne es zu merken. Die Verwirrung, in die Sir Rupert von Atholl sie gestürzt hatte, war selbst ihrem Vater aufgefallen … Sie riss sich aus ihrer Träumerei, als sich bei diesem Gedanken erneut ein Gefühl von Melancholie und Trauer über sie legte und ihr das Herz schwer wurde.
    Nanette DeFleurilles sah sie mitfühlend an. Jeglicher Humor war aus ihrer Miene gewichen, als sie jetzt zu der jungen Herzogin trat und ihr etwas kühn die Hand auf den Arm legte. Diese Art von Vertraulichkeit stand ihr zwar einer Lady von Aylinns Rang gegenüber nicht zu, aber sie spürte, dass diese Frau, die sich so beherrscht, stolz und unnahbar gab, Trost dringend gebrauchen konnte.
    »Geht es Euch gut, Mylady?«, erkundigte sie sich besorgt. »Ihr seid plötzlich so blass geworden.«
    Aylinn konnte sich nur mit Mühe davon abhalten, unter dieser Berührung zusammenzuzucken. Sie suchte den Blick der Hofdame im Spiegel, fand in deren blauen Augen jedoch weder versteckte Schadenfreude noch Spott oder Arglist, sondern nur aufrichtige Anteilnahme. Sie schluckte. Dieses unaufgeforderte Mitgefühl war so wohltuend, und sie erlaubte sich diesen kleinen Augenblick der Schwäche, diesen Moment des Trostes von einer anderen Frau, einer verwandten Seele. Nach einem Herzschlag fasste sie sich, lächelte, legte ihre Hand auf die von Nanette und drückte sie kurz. »Ich danke Euch, Nanette. Ihr seid ein … ein Schatz.« Sie hob den Kopf. »Ich hoffe«, fuhr sie dann gewohnt selbstsicher fort, »dass dieser unbotmäßige irische Dickschädel das auch gebührend zu schätzen weiß.«
    Der innige Moment war verflogen, und Nanette zog mit einem unmerklichen Zögern ihre Hand zurück. »Das weiß er sehr gut, Mylady, glaubt mir.« Ihr Lachen klang ein klein wenig gezwungen. »Und sollte er es doch einmal vergessen, weiß ich Mittel und Wege, es ihm ins Gedächtnis zurückzurufen!« Sie verkniff es sich hinzuzufügen, dass sie auch liebend gern versucht hätte, Aylinns sichtliches Unbehagen zu lindern. Ein Unbehagen, das, wie Nanette sehr genau wusste, nichts mit der bevorstehenden Audienz bei dem schottischen Königspaar, ihrer Begegnung mit Lord Peter Cunningham, dem englischen Gesandten, und Lady Georgina Harrington zu tun hatte, über die sie eben noch gelästert hatten. Gar nichts. Dafür jedoch alles mit dem strahlenden Stern am Himmel des schottischen Hofes, dem einzigen Stewart, der nicht nur unbeschadet aus den Intrigen gegen

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