Bhagavad Gita wie sie ist
Der Herr ist als Paramātmā, die Überseele, der ständige Begleiter des Lebewesens und kennt deshalb die Wünsche der individuellen Seele, ebenso wie man den Duft einer Blume riechen kann, einfach indem man in ihrer Nähe ist. Wünsche sind eine feinstoffliche Form der Bindung des Lebewesens. Der Herr erfüllt die Wünsche des Lebewesens in dem Maße, wie es das Lebewesen verdient. „Der Mensch denkt, und Gott lenkt.“ Das Individuum besitzt also nicht die Allmacht, sich seine Wünsche selbst zu erfüllen. Der Herr jedoch kann die Wünsche eines jeden erfüllen, und weil Er Sich jedem gegenüber neutral verhält, mischt Er Sich nicht in die Wünsche der winzigen unabhängigen Lebewesen ein. Wenn sich jemand aber Kṛṣṇa wünscht, dann kümmert Sich Kṛṣṇa in besonderer Weise um ihn und ermutigt ihn, seine Wünsche so auszurichten, daß er den Herrn erreicht und ewig glücklich sein kann. Die vedischen Hymnen sagen daher: eṣa u hy eva sādhu karma kārayati taṁ yam ebhyo lokebhya unninīṣate. eṣa u evāsādhu karma kārayati yam adho ninīṣate: „Der Herr beschäftigt das Lebewesen mit frommen Tätigkeiten, so daß es erhoben werden kann, und Er beschäftigt es mit unfrommen Tätigkeiten, so daß es in die Hölle absinken kann.“ ( Kauṣītakī Upaniṣad 3.8) In ähnlicher Weise heißt es im Mahābhārata ( Vana-parva 31.27):
ajño jantur anīśo ’yam
ātmanaḥ sukha-duḥkhayoḥ
īśvara-prerito gacchet
svargaṁ vāśv abhram eva ca
„Das Lebewesen ist in seinem Leid und Glück völlig abhängig. Durch den Willen des Höchsten kann es in den Himmel oder in die Hölle gehen, geradeso wie eine Wolke vom Wind getrieben wird.“
Somit verursacht die verkörperte Seele aufgrund ihres seit unvordenklichen Zeiten bestehenden Wunsches, Kṛṣṇa-Bewußtsein zu meiden, ihre eigene Verwirrung. Die Seele ist dem Wesen nach ewig, glückselig und wissend, aber weil sie winzig klein ist, kann sie ihre wesensgemäße Stellung als Diener des Herrn vergessen und in der Folge von Unwissenheit gefangen werden. Und im Bann der Unwissenheit macht das Lebewesen den Herrn für sein bedingtes Dasein verantwortlich. Aber die Vedānta-sūtras (2.1.34) bestätigen: vaiṣamya-nairghṛṇye na sāpekṣatvāt tathā hi darśayati. „Der Herr haßt oder liebt niemanden, obwohl es so erscheint.“
Vers 16
16
ÁaAnaena tau tad"ÁaAnaM yaeSaAM naAizAtamaAtmana: /
taeSaAmaAid"tyavajÁaAnaM ‘ak(AzAyaita tatpar"ma, //16//
jñānena tu tad ajñānaṁ
yeṣāṁ nāśitam ātmanaḥ
teṣām āditya-vaj jñānaṁ
prakāśayati tat param
jñānena – durch Wissen; tu – aber; tat – diese; ajñānam – Unwissenheit; yeṣām – wessen; nāśitam – wird zerstört; ātmanaḥ – des Lebewesens; teṣām – ihr; āditya-vat – wie die aufgehende Sonne; jñānam – Wissen; prakāśayati – enthüllt; tat param – Kṛṣṇa-Bewußtsein.
Wenn aber jemand mit dem Wissen erleuchtet ist, durch das Unwissenheit zerstört wird, dann enthüllt sein Wissen alles, ebenso wie die Sonne am Tage alles erleuchtet.
ERLÄUTERUNG: Diejenigen, die Kṛṣṇa vergessen haben, müssen zweifellos verwirrt sein, aber diejenigen, die sich im Kṛṣṇa-Bewußtsein befinden, sind nicht im geringsten verwirrt. In der Bhagavad-gītā heißt es: sarvaṁ jñāna-plavena, jñānāgniḥ sarva-karmāṇi und na hi jñānena sadṛśam. Wissen wird also immer als sehr wertvoll erachtet. Und was ist mit diesem Wissen gemeint? Vollkommenes Wissen, wie im Siebten Kapitel, Vers 19, erklärt wird, erlangt man, wenn man sich Kṛṣṇa ergibt: bahūnāṁ janmanām ante jñānavān māṁ prapadyate. Wenn man sich nach vielen, vielen Geburten in vollkommenem Wissen Kṛṣṇa ergibt, das heißt, wenn man Kṛṣṇa-Bewußtsein erreicht, dann wird einem alles enthüllt, ebenso wie die Sonne am Tage alles enthüllt. Das Lebewesen ist in so vieler Hinsicht verwirrt. Wenn es zum Beispiel in seiner Verwegenheit glaubt, selbst Gott zu sein, geht es in Wirklichkeit in die letzte Falle der Unwissenheit. Wenn ein Lebewesen Gott ist, wie kann es dann von Unwissenheit verwirrt werden? Kann Gott von Unwissenheit verwirrt werden? Wäre dies der Fall, dann wäre Unwissenheit oder Satan größer als Gott. Wirkliches Wissen kann man von jemandem empfangen, der über vollkommenes Kṛṣṇa-Bewußtsein verfügt. Deshalb muß man einen solchen echten spirituellen Meister finden und unter seiner Anleitung
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