Bianca Arztroman Band 0011
sie entschuldigend. “Leider vergesse ich manchmal die Papiernotizen und bemerke sie erst wieder, wenn ich unter der Dusche stehe und sie an meinem nassen Körper kleben! Danach sind sie meistens unbrauchbar, weil die Schrift verwischt und unleserlich geworden ist.”
Sie lachte immer noch, und zum ersten Mal entdeckte er ein Grübchen auf ihrer rechten Wange. Merkwürdig, dass es ihm bisher entgangen war …
“Wie geht es Albert?”, fragte sie ablenkend.
“Albert?”
“Der alte Mann mit den Darmbeschwerden. Sie haben ihn schon zweimal auf Station besucht”, fügte sie hinzu und warf ihm einen viel sagenden Blick zu.
“Das haben Sie also beobachtet”, stellte er grinsend fest. “Und dabei habe ausgerechnet ich Ihnen abgeraten, sich mit den Schicksalen unserer Notfallpatienten näher zu befassen, nicht wahr?” Er seufzte. “Wenn ich Zeit habe, versuche ich, den Therapieverlauf zu verfolgen”, gab er zu. “Es interessiert mich, menschlich und medizinisch. Was Albert betrifft, so hatte er tatsächlich ein Karzinom, das erfolgreich entfernt wurde. Angeblich keine Metastasen. Und Mr. Grayson, der Infarktpatient, ist auch auf dem Weg der Besserung und kann in ein paar Tagen entlassen werden.”
“Janice, die Frau mit dem gebrochenen Nasenbein, ist immer noch zu Hause”, berichtete Anna unaufgefordert. “Ihre Mutter will nicht wegziehen.”
Er hörte Traurigkeit aus ihrer Stimme und fragte sich, ob sie ähnliche Dinge erlebt hatte. Inzwischen kannte er ihre Personalakte und wusste, dass sie in erster Ehe geschieden und in zweiter Ehe verwitwet war. Ob Ehemann Nummer eins ein Schlägertyp gewesen war?
Er sah auf die Uhr und entschuldigte sich, stand auf, ging zum Telefon und lud noch ein paar alte Kumpels aus seiner Studentenzeit ein. Keine Mediziner, aber ungebundene, lustige Typen. Vielleicht war einer für Anna Crane dabei! Dann telefonierte er mit Liz und bestellte das Büfett.
Je eher Anna unter die Haube kam, desto besser für ihn und seinen Seelenfrieden, fand er.
3. KAPITEL
Du kannst mit deiner neuen Kollegin zufrieden sein, entschied Pete am Freitagnachmittag. Anna hatte alle Voraussetzungen, die ein Arzt haben sollte. Sie behielt die Nerven, wenn es kritisch wurde, arbeitete ruhig und kompetent und hatte einen guten Draht zu den Patienten. Sie strahlte Verständnis und Toleranz aus und brachte selbst die hartgesottenen Typen zum Reden. Gleichzeitig schaffte sie es, fest und unnachgiebig zu bleiben, wenn es notwendig war. Nein, er konnte sich nicht beklagen. Die Notfallambulanz lief wie geschmiert, seit Anna dabei war.
Er war gerade dabei, die infizierte Wunde am Bein eines Jungen zu behandeln. Kim assistierte ihm bei der Spülung, nachdem er einen Abstrich für die Pathologie entnommen hatte.
“Die Wunde muss jeden Tag gereinigt und frisch verbunden werden”, erklärte er der Mutter. “Wenn Sie das zu Hause nicht schaffen, können Sie in die Ambulanz kommen.”
Die Mutter machte ein grimmiges Gesicht. “Und ob ich das schaffe, Doktor! Diesmal lasse ich mich nicht mehr von ihm beeinflussen! Ich wollte ihn gleich nach dem Unfall hierherbringen, aber er weigerte sich und behauptete, dass ich übertreibe! Das hat er jetzt davon! Eine schlimme Entzündung! Er kann froh sein, wenn er glimpflich davonkommt, nicht wahr, Doktor?”
“Sie haben ihn rechtzeitig zu uns gebracht”, sagte Pete und wandte sich an den Jungen. “Aber deine Mutter hat Recht. Mit diesen Dingen ist nicht zu spaßen. Wenn die Erreger den Knochen angreifen, muss man notfalls amputieren. Jede tiefere Wunde gehört in die Hände eines Arztes.”
“Ich weiß”, erwiderte der Junge mürrisch, “aber sie regt sich immer auf! Auch wenn gar nichts passiert ist! Das nervt unheimlich!”
“Alle Mütter regen sich auf, wenn ihren Kindern etwas zustößt!” Anna hatte die Kabine betreten und warf einen Blick auf die infizierte Wunde. “Kein schöner Anblick”, bemerkte sie heiter, “aber du wirst dich daran gewöhnen! Es dauerte ein paar Wochen, bis dein Bein wieder vorzeigbar ist!” Dann wandte sie sich an Pete. “Können Sie anschließend in Kabine vier kommen? Ich möchte eine zweite Meinung.”
Pete nickte, ohne aufzusehen, und Anna verschwand so schnell, wie sie gekommen war.
“Wow! Das war Josh Cranes Mum”, sagte der Junge zu seiner Mutter. “Er hat erzählt, dass sie wieder arbeitet. Schade! Jetzt hat sie keine Zeit mehr für die Schulkantine. Wir sind immer hin, wenn sie da war. Eine Superfrau! Tolle
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