Bianca Arztroman Band 0011
Wartezimmer betrat, war die Großmutter der Kinder gerade eingetroffen und hing mit ängstlichen Augen an Annas Lippen.
“Danke für alles”, sagte die ältere Frau schließlich und ergriff Annas Hände, ehe sie sich an Pete wandte, um mehr über die medizinischen Probleme zu erfahren.
“Bis morgen”, rief Anna leise und winkte ihm zu.
Dann war sie verschwunden. Unterwegs in Sachen Menschlichkeit, dachte Pete und beantwortete korrekt Mrs. Grangers bange Fragen, während ein Teil seiner Gedanken mit anderen Dingen beschäftigt war. Anna Crane, die neue Kollegin, war ihm ein Rätsel. Eine zweite Mutter Teresa?
Er wusste es nicht. Er hatte wirklich nicht sehr viel Ahnung von Frauen. Er kannte seine Schwestern, wusste, was sie aufregte, was sie mochten, wie sie auf ihn reagierten!
Er schlief schlecht in dieser Nacht. Wachte auf mit mieser Laune. Anna Crane! War sie der Grund für sein Unbehagen?
Sie war schon da, als er eintraf, strahlte ihn an mit ihren großen blauen Augen. Sie sah rosig und ausgeruht aus! Und natürlich war sie schon wieder in Aktion! Dabei, einen randalierenden Alkoholiker zu beruhigen, dem der Kollege vom Nachtdienst eine klaffende Wunde am Bein genäht hatte. Die ganze Kabine roch nach Rum, aber Anna schien das nichts auszumachen!
“Sie können jetzt nach Hause gehen, oder soll ich jemand anrufen, der Sie abholt?”, fragte sie höflich. “Es gehört zum Service!”
Es folgte ein Schwall unflätiger Beschimpfungen auf ihren wohlmeinenden Vorschlag, den Anna gelassen über sich ergehen ließ.
Ein Pluspunkt mehr, dachte Pete und seine Laune sank noch tiefer.
“Herzinfarkt in Kabine eins”, rief Margie laut und unterbrach seine Gedanken.
Kim und Joanna kümmerten sich schon um den Patienten und befestigten die Elektroden für das EKG, während Pete dem Mann eine Nitroglyzerin-Tablette unter die Zunge platzierte. Anna kam dazu, griff nach der Nasensonde und fragte mit einem Blick um Zustimmung. Pete nickte ihr zu. Sie verstand, legte schweigend die Sonde zur Sauerstoffversorgung und regulierte dann die Sauerstoffzufuhr. Pete legte einen zentralen Venenkatheder und versorgte den Patienten mit Morphin zur Schmerzbekämpfung.
“Geben Sie schon in diesem Stadium Heparin oder Aspirin?”, fragte sie leise.
“Ja. Die kleinste Dosis, bis er sich besser fühlt und wir mit ihm über die Vorgeschichte reden können.”
Carol steckte den Kopf durch den Vorhang. “Anna, können Sie in Kabine vier kommen?”
Pete nickte zustimmend, und sie verschwand, während er sich weiter um Mr. Grayson kümmerte, bis er stabil genug war, um auf die Intensivstation gebracht zu werden.
Sie trafen sich erst am Nachmittag wieder, die erste Pause seit Stunden. Anna drückte auf den Knopf am Kaffeeautomat. “Wenn man bedenkt, was über die Nebenwirkungen von zu viel Kaffee geschrieben wird, dann sollten solche Automaten in allen Kliniken verboten werden, nicht wahr?” Sie drehte sich um, eine volle Tasse in der Hand. “Möchten Sie?”
“Gern. Ohne Milch, dafür mit ordentlich Zucker! Schwarz und süß!” Er grinste. “Wenn diese Maschinen verschrottet würden, dann käme es zu anderen unerwünschten Nebenwirkungen! Die medizinischen Teams in den Kliniken würden zusammenbrechen, nicht wahr? Was ist das größere Übel?”
Sie lächelte nur, und sie setzten sich an einen der freien Tische. Und wieder packte sie ihr Lunchpaket aus, wie ein Schulkind in der großen Pause.
“Schmiert Ihre Mum Ihnen die Sandwichs?”, fragte er amüsiert.
Sie stutzte sekundenlang, dann lachte sie. “Nein, die Mum bin ich selber. Ich machte jeden Tag für die Kids ein Lunchpaket, obwohl sie eigentlich dagegen sind. Sie stehen auf Chips und Hamburger aus der Schulkantine. Es ist cooler als Mums hausgemachte, langweilige Käsebrote!”
“Und die Kids akzeptieren Ihren Standpunkt?”, fragte er überrascht und dachte dabei an seine zahlreichen Nichten und Neffen, die alles taten, wenn es darum ging, so
cool
zu sein wie ihre Klassenkameraden!
“Es sind gute Kinder”, sagte sie, “aber einmal in der Woche mache ich eine Ausnahme. Freitags gibt es kein Lunchpaket. Sie können sich in der Kantine für alle entgangenen Mängel der Woche entschädigen!”
Er wollte nach dem Alter der Kinder fragen, verkniff sich aber die Frage.
“Wie ist es gestern Abend mit der alten Mutter gelaufen?”, fragte er stattdessen.
Sie nippte an ihrem Kaffee, bevor sie ihn ansah. “Nicht sehr gut, aber ich gebe die Hoffnung noch nicht
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