Bianca Arztroman Band 0011
eine Pause. “Ich wollte dich nur bitten, sehr sorgsam mit Anna umzugehen und ihr solidarisch zur Seite zu stehen, damit sie einen guten Start hat. Sie ist nämlich etwas ganz Besonderes, musst du wissen. Diese Frau verdient die beste Behandlung der Welt!”
Callum legte auf, und Pete versank in neue Grübeleien. Da war sein Bruder, da waren ihre Stiefkinder, Leute, die nichts miteinander zu tun hatten … aber sie alle wollten dasselbe. Sie wollten das Beste für Anna Crane.
Warum?
Er nahm den Telefonhörer auf, rief seine ehemalige Putzfrau an und bat sie inständig, ihm noch einmal auszuhelfen und sein Haus morgen früh für die Party in Ordnung zu bringen. Die Frau sagte zu. Und wieder begannen seine Gedanken wie von selbst um Anna Crane zu kreisen.
Er versuchte, sich jedes private Wort, das er in dieser ersten Arbeitswoche mit ihr gewechselt hatte, ins Gedächtnis zu rufen. Dachte an die Verwirrung, die ihn jedes Mal überfiel, wenn er sie sah. An ihre langen, aufregenden Beine, ihr rotes Haar, das ihre blasse, ebenmäßige Haut mit einem zarten, perlmuttfarbenen Schimmer überzog! Überlegte, was sie morgen Abend anziehen würde. Vielleicht ein enges schwarzes Minikleid mit tiefem Ausschnitt! Er würde noch mehr nackte verführerische Haut zu sehen bekommen!
Ihm wurde heiß. Er sprang auf, überzeugt, den Verstand zu verlieren! Und wieder klingelte das Telefon. Er nahm ab.
Anna! Jetzt wusste er, dass er verrückt geworden war!
Aber sie war es wirklich. Entschuldigte sich für die Störung. Ihre Stimme klang anders als sonst. Hilflos. Ängstlich. Verzweifelt. “Ist es sehr unverschämt, wenn ich Sie bitte, noch einmal in die Klinik zu kommen?”, fragte sie.
“Ich bin in fünf Minuten da”, versprach er, legte auf, nahm die Autoschlüssel und rannte aus dem Haus.
Er fand sie in Kabine eins. Kein Wunder, dass Kelly sie nicht gesehen hatte! Sie war noch immer in der Klinik und kümmerte sich um eine verletzte, bewusstlose Frau.
Er warf einen Blick auf die Patientin, eine Frau in mittleren Jahren. Ihr Gesicht war schlimm zugerichtet. War sie unglücklich gestürzt, oder hatte sie jemand zusammengeschlagen? Hinter Anna stand eine Schwester, die er nicht kannte. Die Spannung im Raum war deutlich spürbar.
“Gibt es ein spezielles Problem, Dr. Crane?”, fragte er sachlich.
Anna sah auf, erleichtert. “Ich möchte Mrs. Jennings stationär aufnehmen”, antwortete sie ruhig. “Sie wurde mit dem Rettungswagen in die Ambulanz gebracht. Eine Nachbarin hatte ihn gerufen. Sie hat mindestens eine Gehirnerschütterung und ist nicht ansprechbar. Die Infusionen haben bis jetzt nichts bewirkt. Ich bekomme den Blutdruck nicht in den Griff und vermute deshalb, dass sie irgendwo innere Verletzungen hat.” Sie wandte sich um und warf einen Blick in die Ecke, wo ein finster aussehender Mann stand und das Geschehen aufmerksam verfolgte. “Mr. Jennings, der Ehemann, möchte sie wieder mit nach Hause nehmen.”
“Lassen Sie die Patientin auf die Intensivstation bringen”, befahl Pete. “Ich kümmere mich um Mr. Jennings.” Er warf dem Übeltäter einen eiskalten Blick zu und wandte sich noch einmal an Anna. “Und veranlassen Sie, dass ein Wagen die Tochter abholt und nach
Crystal Creek
bringt, Dr. Crane.” Er öffnete die Tür für den Ehemann. “Sie werden hier nicht mehr gebraucht, Mr. Jennings. Folgen Sie mir in mein Büro. Ich erkläre Ihnen, was wir in die Wege geleitet haben, um Ihre Familie zu schützen.”
Aber so einfach war das nicht. Mr. Jennings rührte sich nicht von der Stelle. “Sie haben mir nichts zu befehlen, und Sie haben auch kein Recht, meine Frau ohne Einwilligung in der Klinik zu behalten. Ich kenne die Gesetze!”
“Offenbar nicht, denn sonst wären Sie niemals in eine solche Situation gekommen! Außerdem kann ich jeden verletzten Patienten als Notfall aufnehmen und ihn sogar ohne Einwilligung operieren, wenn ich es für notwendig erachte! Und jetzt möchte ich, dass Sie den Raum verlassen und mir folgen.”
Aber Mr. Jennings war ein harter Brocken. Ehe sie sich versahen, war er vorgesprungen, hatte sich der Infusionsflasche bemächtigt und sie abgerissen. Die farblose Flüssigkeit spritzte zu Boden. Während Anna ruhig blieb und rasch eine zweite Flasche befestigte, eilte die Schwester zum Telefon und informierte die Klinikwache. Zwei kräftige Männer in Uniform betraten den Raum, bemächtigten sich des wild um sich schlagenden, fluchenden Täters und beförderten ihn unsanft
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