BIANCA SPEZIAL Band 03
Sache?“
Er schwieg sekundenlang. „Du weißt, dass ich dich nicht hinhalten würde, Hannah. Ich habe dich immer pünktlich bezahlt.“ Er seufzte.
Sie hatte gerade ihren letzten Fall abgeschlossen, und ihr neues Geschäft wartete. Sie brauchte das Geld sofort. „El …“
„Hast du die Nachrichten verfolgt?“
„Ich habe seit letzter Woche den Fernseher nicht eingeschaltet und keine Zeitung gelesen. Hast du etwa Schlagzeilen gemacht, und mir ist es entgangen?“
Elliott lachte humorlos. „Nein, ich nicht. Zwei meiner Klienten.“ Er musterte sie abwägend, schürzte seine fleischigen Lippen. „Hast du etwas dagegen, wenn ich jemanden in das Gespräch einbeziehe? Im Vorzimmer wartet jemand, den ich ebenso bei diesem Fall brauche wie dich.“
Fall? Bevor sie nachhaken konnte, was er damit meinte, ging er zur Tür und öffnete sie. „Ich glaube, es ist ungefährlich.“
Seine Warnung ergab einen Sinn, sobald der Besucher eintrat.
Hannah blickte den Mann an, den sie fünfzehn Monate zuvor hatte heiraten wollen, der dann aber ohne einen Blick zurück aus ihrem Leben verschwunden war. Es war nicht Chad Hogan, der Elliotts Warnung bedurfte. Chad hatte nichts von ihr zu befürchten. Sie hingegen hatte viel von ihm zu befürchten.
Chads Blick glitt über ihren Körper, ließ ihre Haut deutlich wärmer werden. Ihre Weste und Bluse bedeckten sie mehr als ausreichend, aber unter seiner Musterung fühlte sie sich, als wäre sie fast nackt.
Elliott trat zwischen sie und ihren Expartner. „Ich weiß, dass es ein Schock für dich sein muss, Hannah. Aber wenn ich es dir erst mal erklärt habe, wirst du verstehen, warum ich Chad aus Florida habe einfliegen lassen.“
Sie hörte seine Worte kaum. „Ich kann es nicht fassen, dass du das getan hast, Elliott.“
„Hör mir einen Moment zu“, bat er. „Ich brauche euch beide …“
„Ich glaube, du brauchst eine Kopfuntersuchung“, fauchte sie. Widerstrebend blickte sie zu Chad, wie um eine Bestätigung ihrer Einschätzung zu erbitten.
Als er sprach, wirkte seine tiefe Stimme ebenso mächtig wie seine Gegenwart. „Du siehst großartig aus, Hannah.“
Es war das Letzte, was sie von ihm zu hören erwartet hatte.
Durch die offene Tür zum Vorzimmer hörte Hannah jemanden mit der Empfangsdame streiten. Vage wurde ihr bewusst, dass es Stokes war.
Elliott seufzte. „Ich lasse euch beide allein, damit ihr eure Differenzen klären könnt. Ich muss schlichten, was immer da draußen vor sich geht.“
Die Tür schloss sich hinter ihm. Wie in einem Gruselfilm schien der Raum kleiner zu werden und die Distanz zwischen Hannah und Chad abzunehmen, obwohl sich keiner von beiden rührte.
Chad musterte sie. „Wie geht es dir, Hannah?“
Geistesabwesend rieb sie die Gänsehaut, die sich auf ihren Armen ausbreitete. „Ganz gut. Und dir?“
Häufig hatte sie sich gefragt, was sie in dem unwahrscheinlichen Fall eines Wiedersehens tun würde. Sie hatte einstudiert, was sie sagen könnte. Doch nun erkannte sie, dass all ihre Vorbereitungen vergebens waren. Nichts hatte sie auf die Begegnung mit diesem Mann vorbereiten können, der einen Raum allein durch seine Gegenwart beherrschte. Und die Zeit hatte daran gewiss nichts geändert, auch wenn er einige andere Veränderungen aufwies.
„Wir waren noch nie besonders gut in Small Talk, oder?“
Sie glaubte, eine Spur von Unbehagen in seiner Stimme zu hören. Sie ging zur Bar in der Ecke des Büros, weil sie nicht nur Distanz zwischen sich und ihm, sondern zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit schaffen musste. Sie griff nach einer zarten Porzellantasse und schenkte sich Kaffee ein. „Ich glaube, jede Art von verbaler Kommunikation war ein Problem bei uns.“ Sie nahm einen Schluck und merkte kaum, dass die heiße Flüssigkeit bitter schmeckte.
Kampf oder Flucht. Die Begriffe, die sie auf der Polizeiakademie gelernt hatte, gingen ihr durch den Kopf. Kampf oder Flucht waren die spontanen Reaktionen angesichts einer schwierigen oder gefährlichen Situation. Und trotz der Zeit, die vergangen war, der abgeschwächten Emotionen, der Veränderungen in beiden wünschte Hannah, die Flucht ergreifen zu können.
Wo blieb Elliott? Ihr Blick glitt zum Schreibtisch, zum Bücherregal, doch immer wieder kehrte er zu Chads Gesicht zurück. Hatten sich die Fältchen um seine Augen vertieft, betonten sie das quecksilberige Grau seiner Augen? Waren seine hellbraunen Haare ein wenig ergraut und verliehen seinem rauen Äußeren eine Spur
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