BIANCA SPEZIAL Band 04
Unterschied machen. Du schuldest ihnen auch gar keine Erklärung. Du bist schwanger und nicht aus dem Zuchthaus ausgebrochen.“
„Ich weiß nicht. Wenn ich auf der Flucht wäre, könnten meine Brüder ihre beträchtliche Energie dazu verwenden, mich vor den Behörden zu verstecken. Aber mit einem Baby haben sie nur noch ein Wesen mehr, in dessen Belange sie sich einmischen können.“
„Dann bin ich also für deine Brüder zu unabhängig. Vielleicht solltest du dich endlich einmal gegen sie wehren. Ich habe gehört, dass Frauen sehr stark werden können, wenn sie ein Kind erwarten.“
„Vielleicht“, stimmte Abbie zu. „Aber ich bin noch zu feige. Ich habe Angst vor dem Moment, in dem sie von dem Baby erfahren, denn ich kenne meine Brüder, und sie werden sicher nicht denken, wie schön es wäre, Onkel zu sein. Sie werden daran denken, den Mann umzubringen, der es gewagt hat, mit ihrer Schwester zu schlafen.“
„Das scheint doch das zu sein, was der Idiot verdient. Lass sie doch los auf ihn.“ Jessica wischte die Brotkrümel vom Schreibtisch und legte einen Stapel Ordner auf die Stelle. „Gut, dass er nicht in der Nähe ist. Vielleicht würden sie darauf bestehen, dass du den Kerl heiratest, und was wäre dann? Eine Mussheirat.“
Darüber hatte Abbie noch gar nicht nachgedacht. Niemand könnte sie dazu zwingen, Mac zu heiraten. Nicht einmal ihre vier hartnäckigen Brüder. „Großartig“, warf sie ein. „Noch ein Grund mehr zur Sorge.“
Jessie lachte. „Das war doch nur Spaß. Selbst wenn die Jones-Männer jetzt hier auftauchten, dann könnten sie doch wohl kaum darauf bestehen, dass du einen Unsichtbaren heiratest. Vergiss deine Sorgen für heute. Du bist auf der Ranch sicher. Hier wird dich niemand belästigen.“
Abbie warf ihr Papiertuch beiseite. Die Wahrheit war, dass es doch jemanden auf der Ranch gab, der sie beunruhigte. Hier, wo sie in Ruhe über alles nachdenken wollte, wurde sie von Unsicherheiten gequält. Hier musste sie Mac gegenübertreten und mit der beunruhigenden Erkenntnis fertig werden, dass sie dummerweise immer noch beeindruckt von ihm war.
Mac ging leise in die Übungshalle und lehnte sich gegen das Metallgeländer. Olivia Smith befand sich mit einer schwarzen Stute und ihrem Fohlen im Ring. Schon mit vier Monaten zeigte das Fohlen die Eigenschaften und das stolze Temperament seines Vaters Jabbar, des besten Zuchthengstes der Desert Rose. Das Fohlen Khalid war das Ergebnis eines glücklichen Zufalles, nachdem Jabbar, der für seine alten Tage noch sehr viril war, mit Alex’ gerade erworbener Stute Khalahari auf derselben Weide untergebracht war. Bei der Geburt des Fohlens ging es um Leben und Tod, aber die Tierärztin Dr. Hannah Clark, die inzwischen mit Alex verheiratet war, hatte Stute und Fohlen gerettet.
Mac fühlte sich bestätigt, dass er Jabbars letzten Nachkömmling von Olivia trainieren ließ. Eigentlich wollte er selbst es tun, aber schließlich hatte er entschieden, dass Livy mehr Energie hatte und sich noch besser konzentrieren konnte. Nicht, dass er kein Vertrauen in seine Fähigkeiten hätte. Er hielt sich für den besten Trainer von Arabern im Land. Die von ihm trainierten Pferde gewannen ständig Preise, und viele Eigentümer warteten nur auf freie Plätze in seinem Trainingsplan. Schon als Kind hatte Mac erkannt, dass er eine intuitive Kenntnis über Pferde besaß, und bei Olivia war das ebenso. Sie besaß eine geradezu mystische Verbundenheit mit Khalid, und Mac konnte jetzt schon sehen, dass ihre Fähigkeiten die seinen eines Tages noch übertreffen würden. Das motivierte und animierte ihn, noch besser zu sein als sie.
Selbst wenn er ab und zu mit seinem Ego zu kämpfen hatte, wollte er Olivia auf der Desert Rose behalten. „Ich glaube, dass er für die Show nächste Woche in guter Form ist“, lobte er.
„Er wird gewinnen“, verkündete die kleine Olivia zuversichtlich.
„Ich fahre gleich nach Austin, um Dale zu treffen“, teilte er ihr mit. Dale war ein anderer Trainer, der eine seiner Stuten unbedingt mit Jabbar zusammenbringen wollte. „Da ich spät zurückkomme, wäre ich dir dankbar, wenn du heute Nachmittag den Fuchs trainieren könntest.“
„Sicher“, erwiderte Livy und ruckte an der Leine, um Khalids Aufmerksamkeit zu erregen. Als er positiv reagierte, gab sie ihm eine Belohnung. „Aber ich dachte, du hättest Dale gestern schon getroffen.“
Das stimmte, aber niemand brauchte zu erfahren, dass er ihn heute nicht mehr traf.
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