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Bibbeleskaes

Bibbeleskaes

Titel: Bibbeleskaes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Glaser
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dass wir uns irrten.
    Â»Bringen wir ihn in die stabile Seitenlage«, schlug ich vor.
    Die Frau nickte. Nachdem wir die Arme in die richtige Position gelegt hatten, drehten wir den Körper vorsichtig zur Seite. Dabei flutschte der Hecht, den der Junge unter sich begraben hatte, in den Gang zwischen den Kochblöcken, wo der Schulleiter jetzt stand und wohl versuchte, den Überblick über die Situation zu bewahren. Der Fisch rutschte ihm vor die Füße, und er hüpfte erschreckt zurück. Ich wendete den Blick wieder Justus zu und entdeckte den Blutfleck auf der linken Seite des Brustkorbs, der sich in sattem Rot von dem strahlenden Weiß des Kochkittels abhob. Er war klein, hatte in etwa die Größe eines Zweieurostücks, und das blutige Stoffstück war leicht eingerissen.
    Â»Wir sollten ihn zudecken. Lassen Sie eine Decke holen«, schlug ich vor und merkte, wie fremd meine eigene Stimme klang.
    Der Notarzt kam schnell, und dieses flotte Erscheinen blieb das Beste seines Auftritts. Kaum hatte er Justus untersucht, telefonierte er so laut, dass es auch im hintersten Winkel der großen Küche zu verstehen war, mit der Polizei, um mitzuteilen, dass im Berufskolleg Weinsbergstraße eine Leiche mit Stichverletzungen lag.
    Arîn war die Erste, die auf diesen Schock reagierte. Sie ließ die Spargelstangen fallen, schleuderte den Hecht mit Wucht in den hinteren Teil der Küche und raste in den Umkleideraum. Das Blondchen schluchzte noch lauter, das dicke Mädchen und der pickelige Junge saßen genau wie Krüger und der Klapperdürre wie fest geschweißt auf ihren Stühlen, die Prüfer wussten nicht, wohin mit ihren Händen und Papieren, der Schulleiter bat wie eine Automatenpuppe mit immer dem gleichen Satz um Ruhe und Besonnenheit. Im Umkleideraum knallten die Türen. Ich machte mich auf den Weg dorthin.
    Arîn trat abwechselnd mit Händen und Füßen gegen die metallenen Spindtüren, bearbeitete diese mit der Wucht und Wut eines verzweifelten Boxers.
    Nach meiner Prüfung hatte ich mit einem Messer so heftig auf ein Küchenbrett eingestochen, dass ich es danach wegschmeißen konnte. Eine versalzene Markklößchensuppe. Noch nie hatte ich eine Markklößchensuppe versalzen! So versalzen, dass einer der Prüfer sie ausspuckte …
    Â»Wir hätten wieder gehen sollen«, brüllte Arîn. »Ohne dich hätte ich die Biege gemacht, du wolltest, dass ich es dem Typen zeige!«
    Sie trat weiter gegen die Spindtüren, bis ich sie an den Schultern packte und festhielt. Nasse Haarsträhnen klebten an ihrer Stirn, und ihre Augen blitzten zornig in dem hochroten Gesicht. Zumindest sah sie mich jetzt an.
    Â»Gleich kommt die Polizei«, sagte ich. »Die will wissen, was du gesehen hast. Also, beruhige dich und denk nach! Was ist in diesem Raum passiert, bevor Justus in die Küche ging?«
    Â»Woher soll ich das wissen?«, blaffte sie mich an. »Ich habe mich im Mädchenklo umgezogen und dann hier meine Sachen in den Spind geschlossen. Justus rauchte da hinten in der Ecke eine Zigarette. Ich habe meine Messer genommen und bin raus in die Küche.«
    Â»Habt ihr miteinander geredet?«
    Â»Kein Wort!«
    Â»Aber ich habe deine Stimme gehört.«
    Â»Tina war noch kurz hier, um mir Glück zu wünschen.«
    Â»Tina?«
    Â»Das dicke Mädchen. Du hast sie eben gesehen. Sie arbeitet auch in Mülheim, genau bei uns …«
    Â»Ich weiß, ich weiß«, unterbrach ich sie ungeduldig. »War außer ihr und Justus noch jemand hier?«
    Â»Ich habe niemanden gesehen.«
    Der schlauchähnliche Raum hatte auf einer Seite eine Tür zum Flur und auf der anderen eine zur Küche. Rechts und links waren, ähnlich wie in Turnhallen, Metallspinde an die Wände montiert, davor standen zwei Bänke. Rechts neben der Flurtür hatte der Raum eine kleine Einbuchtung, der Ort für Besen und Putzeimer. An einer der Wände hing ein Waschbecken, in dem ein Marmeladenglas mit ausgedrückten Zigarettenkippen stand. Justus war nicht der Einzige gewesen, der in dieser Raucherecke eine Zigarette gepafft hatte.
    Â»Versuch dir die Situation noch mal vorzustellen«, bat ich Arîn. »Die kleinste Einzelheit kann wichtig sein.«
    Â»Ich habe an die Prüfung gedacht.« Aus Arîns Stimme wich langsam die Wut. »Hab mir im Stillen aufgezählt, welche Zutaten ich brauche, hab

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