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Bibbeleskaes

Bibbeleskaes

Titel: Bibbeleskaes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Glaser
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EINS
    Hör auf deinen Bauch, sagen alle, lausche in dich hinein, der Verstand kann so trügerisch sein! Wenn’s dann rumpelt oder flattert, drückt oder zwickt, gärt oder verstopft, dann stimmt etwas nicht. Der Bauch als Alarmanlage, als verlässlicher Hüter vor Ungemach, als siebter Sinn. Aber mal ernsthaft: ein Organ mit verschlungenen Windungen, ein Labyrinth aus Därmen, ausgestattet mit Kassandra’schem Weitblick? Alles Humbug, alles maßlos überschätzte Hobbypsychologie.
    Mein Bauch zumindest muckte kein bisschen auf, als an diesem Spätsommertag in aller Herrgottsfrühe der Bus auf dem Parkplatz der Linde vorfuhr. Gut, er hatte aufgemuckt, als Martha vor ein paar Wochen in Köln anrief und mir dazu gratulierte, dass ich die Weiße Lilie tatsächlich für zwei Wochen schloss, um Ferien zu machen. Aber bei meiner Mutter muckt mein Bauch immer auf, der traue ich selten über den Weg.
    Der Bus war ein Oldtimer, ein original Büssing-Senator von 1964. Besorgt vom Busunternehmer Käshammer aus Oberkirch, der das alte Teil selbst kutschierte.
    Â Der dicke Mann kletterte aus dem Bus und erzählte jedem, wie viel Mühe es ihn gekostet hatte, den Oldtimer zu beschaffen, weil doch die Fautenbacher in einem baugleichen Modell dieses Busses anno 1967 zum ersten Mal ins elsässische Scherwiller gefahren waren.
    Â»Fünfundvierzig Jahre deutsch-französische Freundschaft«, wiederholte er immer wieder. »Wer hätte gedacht, dass es so lange gut geht?«
    Käshammers Worte gingen im Geschnatter der Wartenden unter, die nach der Ankunft des Busses in Bewegung gerieten. Das halbe Dorf fuhr mit ins Elsass. Manche sausten noch schnell über die B 3, um beim Ganter-Beck Kaffee und Frühstücksweckle für die Fahrt zu kaufen, andere drückten hastig die erste Zigarette des Tages unter unserem Lindenbaum aus, ein paar Nachzügler signalisierten vom Rathausparkplatz her, dass sie es gerade noch geschafft hatten. Die meisten aber drängten bereits mit ihren Taschen und Instrumenten ins Innere des Busses.
    Instrumente, ja. Denn natürlich war bei den Feierlichkeiten der Musikverein mit von der Partie. Von Anfang an war der Musikverein dabei gewesen, weil Musik die Völker verbindet wie sonst kaum etwas. Der Ortschaftsrat kam natürlich auch mit und die Fußballer. Freundschaftsspiele machte man immer gerne, auch wenn diese, Freundschaft hin oder her, je nach Spielverlauf und Ergebnis durchaus auch mal völkertrennend sein konnten. Neu war dagegen das diesjährige Wettkochen. Essen verbindet natürlich auch, doch die Frage, ob die elsässische oder die badische Küche die bessere sei, wurde links und rechts des Rheins unterschiedlich beantwortet. Ein Kochduell sollte am heutigen Tag Klärung schaffen.
    Martha winkte mir von der hinteren Bustür zu. Sie werde mir einen Platz frei halten, rief meine Mutter, bevor Erwin Droll ihren breiten Hintern weiter nach drinnen schob. Auf dem Parkplatz schüttelte Käshammer Hände, klopfte Schultern, zeigte auf seine Armbanduhr, deutete auf den Bus. Wie ein Rattenfänger trieb er die Leute zusammen.
    Keinen störte es. Ein Schubsen und Drängeln, ein Lärmen und Wiehern, ein Kichern und Grummeln am frühen Morgen war das. Und mein Bauch ruhig, kein bisschen gekräuselt, glatt wie der Mummelsee an einem Sommertag. Vielleicht war es für einen Morgenmuffel wie mich zu früh für Bauchgefühle. Vielleicht war es zu früh für Alarmantennen aller Art. Wird wieder heiß werden, dachte ich nur, als sich hinter der Hornisgrinde eine prächtige Sonne in den blassblauen Morgenhimmel schob. Und die Vögel in unserem Lindenbaum trällerten so laut, dass sie den geschwätzigen Käshammer fast übertönten.
    Als ich endlich in den Bus steigen wollte, klopfte mir jemand auf die Schulter, und beim Umdrehen strahlte mich mein alter Freund FK Feger an. Direkt hinter ihm seine Frau Rita. Die zwei waren also wieder zusammen. Die Kinder, das Geld, die Einsamkeit, das Alter, die Liebe. Irgendwas davon musste sie bewegt haben, es noch einmal miteinander zu versuchen. Ich hoffte nur, dass FK Rita im großen Beziehungsaufwasch nichts von unserer kurzen Affäre vor drei Jahren erzählt hatte. Ein Blick in Ritas Augen und ich wusste: Er hatte.
    Â»Die Presse darf natürlich nicht fehlen«, sagte ich, umarmte FK und schüttelte dann Rita die Hand, die durch mich

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