Bierleichen: Ein Fall für Kommissar Pascha (Knaur TB) (German Edition)
wartete an einem sonnenbeschienenen Tisch im Servicebereich. Zeki ließ Isabel vorgehen und visierte den Springbrunnen des Biergartens an. Unter den Augen der staunenden Gäste zog er sein Sakko aus und krempelte die Hemdsärmel nach oben. Dann schaufelte er mit beiden Händen Wasser in sein Gesicht, um den verworrenen Fall ein für alle Mal loszuwerden. Das Stofftaschentuch, das er zum Abtrocknen benutzte, erwies sich als jenes, das Selma ihm zum vierzigsten Geburtstag geschenkt hatte. Über diese Fügung schüttelte er den Kopf und setzte sich zu Isabel und Pius.
Zu Zekis Erleichterung hatte Derya keine Nachmittagsschicht. Eine andere Kellnerin nahm die Bestellung auf.
»Ich nehme eine Apfelschorle«, sagte Isabel.
»Was? Kein Bier?«, fragte Pius abschätzig.
»Von Bier habe ich für die nächste Zeit genug.«
»Du meinst Bierleichen«, widersprach Pius spöttisch und bestellte für sich und Zeki.
Isabel entdeckte ein junges Paar, das durch die Reihen schritt und Flugblätter verteilte. Auch auf ihren Tisch flatterte das Faltblatt. Interessiert überflog es Pius und bekam ein glückliches Gesicht.
»Die Runde geht auf mich«, sagte er erfreut und reichte es an Zeki weiter. Auch er las das Flugblatt, in dem die Münchner Bevölkerung aufgerufen wurde, an einer Bürgerversammlung gegen die Demontage der Mingabräu teilzunehmen.
»Da gehst du hin«, sagte Zeki aufmunternd.
»Komm mit«, forderte Pius ihn auf.
»Ganz sicher nicht. Ich war in meinem ganzen Leben in keinem Verein. Und fange damit ganz bestimmt jetzt nicht an«, erwiderte Zeki bierernst.
Gerade als sie anstoßen wollten, tauchte Derya doch noch auf. Als wäre zwischen ihr und dem türkischen Kommissar nichts vorgefallen, grüßte sie alle drei freundlich und ging in das Gebäude.
»Schon eine Hübsche«, schwärmte Pius. »Hast du gemerkt, wie die dich anhimmelt, Zeki?«
Doch der hörte seine Bemerkung nicht, in Gedanken war er bei der Nacht in Deryas Schlafzimmer, die aus seiner Erinnerung gelöscht war. Ob zum Guten oder Schlechten, das vermochte er nicht zu entscheiden.
Kurz darauf kehrte Derya im Arbeitsdirndl an ihren Tisch zurück. Sie hatte eine Stofftasche bei sich.
»Herr Demirbilek, das haben Sie hier vergessen«, sagte sie mit bezauberndem Lächeln und ging wieder, um ihre Schicht zu beginnen.
»Was hast du denn vergessen?«
Pius griff nach der Tasche, um seine Neugier zu befriedigen. Doch geistesgegenwärtig entriss ihm Zeki die Tasche, in der er seine zurückgelassene Unterhose und die zwei Stofftaschentücher vermutete.
»Nichts, was dich angeht!«, schimpfte Isabel auf Pius ein, während Zeki hineinblickte. Selbst daran hatte sie gedacht, stellte er anerkennend fest. Seine Wäsche war fein säuberlich in Papier gewickelt. Obenauf lag ein Briefkuvert. Allah, warum machst du es mir gar so schwer?, flehte er gen Himmel.
Nach dem zweiten Bier verabschiedete sich Zeki. Es begann zu tröpfeln, als er sich mit der Stofftasche auf den Heimweg machte. Er beabsichtigte, in Ruhe mit Selma zu telefonieren, sie zu fragen, ob sie ihn sehen wollte. Er würde anbieten, sich ein paar Tage freizunehmen, um sie zu besuchen. Da führte ihn sein Weg an einem Abfalleimer vorbei. Nach kurzem Zögern warf er die Tasche samt ungeöffnetem Kuvert weg.
Ein paar Schritte weiter blieb er abrupt stehen und schimpfte sich einen Feigling.
Natürlich musste er wissen, welche Nachricht Derya für ihn hinterlassen hatte.
Danksagung
S ollten Sie, liebe Leserinnen und Leser, zu denjenigen gehören, die vor der Lektüre hinten nachsehen, wie der Fall ausgeht, so warne ich Sie hiermit ausdrücklich. Sie befinden sich am Ende von
Bierleichen,
nicht am Anfang.Ein Geständnis: Mein zweiter Pascha hat mir beim Schreiben viel Freude, aber auch Kopfschmerzen bereitet. Ein verzwickter Fall. Wie der Titel verspricht, dreht sich alles um bayerisch-türkische Befindlichkeiten und ums Bier. Vielleicht nicht ganz so, wie man erwarten würde. Aber das wissen Sie ja möglicherweise bereits von Kommissar Paschas erstem Fall, der von Döner im weitesten Sinne handelt. Falls Sie lieber Wein trinken und Döner nicht mögen, keine Sorge, das ist beim Lesen kein Nachteil. Für die Kopfschmerzen war eine Figur verantwortlich, die als Täter herhalten sollte. Zeki aber sträubte sich, in die vorgedachte Richtung zu ermitteln – siehe obige Warnung. Das hatte unerwartete Konsequenzen. Vielleicht drücke ich diese beispielhaft am besten so aus: Ich diskutierte lauthals in
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