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Big U

Big U

Titel: Big U Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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langes Verlängerungskabel zum Gemeinschaftsraum der Sozialwissenschaften und steckte seine Anlage dort ein. Das bedeutete, nun konnte er Kleins Stereoanlage einfach dadurch in die Knie zwingen, daß er Burger-Bräter, Donut-Backofen, Haartrockner und Toaster gleichzeitig einschaltete und so die Sicherung des Zimmers rausfliegen ließ. Aber Klein saß nur einen Meter von dem Verlängerungskabel entfernt und konnte Fenrick somit einfach den Saft abdrehen, indem er es herauszog. Daher fanden diese Taktiken keine Anwendung; die Duellanten zogen es wider alle Vernunft vor, einfach abzuwarten, wer zuerst aufgab.
    Klein spielte Orgelmusik, für gewöhnlich üppige, schwülstige Meisterwerke der Romantik oder »atomaren Bach«, wie er es nannte. Fenricks Anlage hatte mehr Power, aber die Musik in jenem Jahr war meistens nicht so konzentriert, wie es etwa Heavy Metal in seiner besten Zeit gewesen war, daher machte das kleine Kaliber seiner Munition diesen Vorteil in der Regel wieder zunichte. Was allerdings nicht heißen soll, daß wir Mühe gehabt hätten, ihn zu hören.
    Die Anlagen lieferten sich Schußwechsel, während die Lautstärkeregler so hoch gedreht wurden, wie es nur ging, jaulende Power-Akkorde von Gitarren aus der Hölle auf der einen Seite gegen die unterirdischen Druckwellen aus den Fettspritzen des Neun-Meter-Zungenregisters auf der anderen. Wenn beide Aufnahmen sich dem Höhepunkt näherten, wandten sich die Kombattanten den langen, schmalen Hochfrequenzequalizern zu und schoben sämtliche Kanäle volle Kanne hoch wie Mr. Spock, der eine tickende Antimateriebombe in die Tiefen des Weltalls beamte. Schließlich wurden die Filter ab und die Loudness zugeschaltet, dann verzerrten die Lautsprecher und knisterten vor Überlastung, während enorme Wattzahlen durch ihre Magnetspulen pulsierten. Manchmal legte Klein Bachs Passacaglia und Fuge in C-moll auf, und am Ende jedes Satzes näherte sich der Baßlauf dem guten alten tiefen C, dann griffen Kleins Subwoofer die Erdbeben der achtzehn Meter hohen Orgelpfeifen auf und verstärkten sie, bis er zusehen konnte, wie die nackten Lautsprecherkegel in der Luft pulsierten. Dieser spezielle Ton war zufällig die natürliche Resonanzfrequenz der Hauptflure, die von den Feuertüren in einundzwanzig Meter und zwanzig Zentimeter lange Segmente unterteilt wurden (das hatten Klein und ich einmal angetrunken nachgemessen), wodurch es auch die Resonanzfrequenz jedes anderen Flurs in jedem anderen Flügel im Turm des Plex war, weshalb in diesen Augenblicken alles auf der Welt mit sechzehn Schwingungen pro Sekunde vibrierte; Betten zitterten, große Gegenstände schwebten von Tischplatten herunter, Tische und Stühle selbst ruckelten wie aus eigenen freien Stücken durch Wohnräume. Fledermäuse, von denen sich hin und wieder eine in die Flure verirrte, flogen ziellos umher, da ihre Sensoren von dem Lärm blockiert wurden, und schlugen auf der Suche nach einem Ausweg mit den Flügeln gegen die stehenden Wellenfronten auf dem Flur an.
    Die Assistentin in Residenz, kurz AR, war eine eigenbrötlerische Soziologiestudentin, die instinktiv wußte, daß sie nie einen Job finden würde, und sich daher in ihrem kleinen Zimmerchen einschloß, Parfümproben testete und MTV unter einem Kopfhörer ansah. Sie war ganz und gar keine Hilfe.
    Damit lag die Verantwortung bei mir. Ich lebte in diesem Jahr als Dozent in Residenz auf E07S. Ich hatte gerade meinen Dr. phil. in einem interdisziplinären Fachgebiet namens Fern-Wahrnehmung an der Ohio State gemacht und war ein niegelnagelneuer Assistenzprofessor an der BigU.
    In dem kleinen schwarzen Südstaatencollege, wo ich zur Schule gegangen war, da hatten wir nun freilich keine Mega-Wohnheime gehabt. Wir waren cool, wenn es darauf ankam, und wir waren akademisch, wenn es darauf ankam, und wir hatten weder Kleins noch Fen-ricks gehabt. Die Universität von Boston, wo ich meinen Magister gemacht hatte, machte ihre schwerste Krise durch, als ich dort war; die meisten Studenten hatten keine Zeit für Schallkriege gehabt, und die anderen ließen in der Stadt Dampf ab, nicht in den Wohnräumen. Die Ohio State war eine durchdachte Anlage, und ich wohnte in einem Apartmentkomplex, wo hirnlose Erstsemester noch weniger willkommen waren als aufgeblasene schwarze Doktoranden. Ich wußte einfach nicht, was ich mit Klein und Fenrick anstellen sollte; ich ging nicht besonders gut mit ihnen um. Tatsächlich verbrachte ich den größten Teil meiner Zeit an der Big

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