Biker's Barbecue (German Edition)
gebrachten Brennkammern und treibt uns – ganz nach dem Rückstoßprinzip – energiesparend vorwärts.
Trotz der Gewissheit, reine Natur zu erfahren, wird dadurch das Windschattenfahren für den Hintermann zur Qual. Immer wieder atemberaubende Momente, die zum Nachdenken anregen. (Waren es die Hamburger, die vielen Zwiebeln oder doch die ungezählten Gallonen Cola? Und wenn Cola, war es das Pepsi oder das Coke? Außerdem: Hat man dasselbe gegessen wie der andere? Wirkt ein „Chili-Burger“ genauso wie ein „Veggie-Burger“? Und wenn, warum riecht’s dann nach verwestem Knoblauch? – Ach, es gibt ja so vieles, über das man beim Radeln grübeln kann …)
Trotzdem beginnen wir unsere neue Freiheit zu genießen. Infantile Spiele und Wetten entwickeln sich, wie: „Tote-Stinktiere-Zählen“ oder „Geht Route 79 nach dieser Bergkuppe nach rechts unten oder links oben weiter?“
Stefan verliert diese letzte Wette und fährt vor lauter Enttäuschung über die Niederlage und das verlorene Bier beinahe in den rechts unten angrenzenden Acker.
Ich hätte nie gedacht, dass ich den Text von so vielen Liedern kann. Aber wenn man so durch die Landschaft radelt, hat man fast immer ein passendes Liedchen auf den Lippen. Vermutlich, weil es keiner hören kann; so summt man wie ein defekter Radiowecker vor sich hin. Melodien kommen und gehen wie der Wind (Fahrt-, nicht Darmwind), und meistens wird auch die Assoziation, die zu dem Lied geführt hat, bald klar. Ich singe oft in diesen Tagen. Eigentlich ein gutes Zeichen.
Endlich gelingt es mir, mich gegen die psychische Versumpfung durch endlose Geraden mit ewigem Horizont zu wehren: Ich starre einfach nach unten auf das Vorderrad und achte nur darauf, dass es immer zehn Zentimeter rechts von der Pannenstreifenlinie bleibt. Alle zwei Minuten suche ich die nächste Meile nach störenden Kadavern („Roadkill“) und Schlaglöchern ab und male mir die Verwirrung der entgegenkommenden Autofahrer aus, die statt meines Gesichtes nur die Oberseite meines Helms zu sehen bekommen: Ein neues Schutzvisier gegen Riesenmoskitos? Ein blinder Radfahrer, der nach Gehör strampelt? Oder doch Jim Carrey, der für den Film „Die Maske“ trainiert?
Apropos „Roadkill“: An diesem Nachmittag bahnt sich die Entdeckung einer zoologischen Sensation an. Die Straßenerscheinung, die die Amis kurz und treffend als Badger bezeichnen, kommt in der Natur offenbar nicht nur als übel riechende Flade vor. Nein! Denn mit eigenen Augen haben wir heute erstmals eines dieser biberähnlichen Viecher (zu Deutsch: Beutelratte? Opossum? Gürteltier? Marsupilami?) dreidimensional und quicklebendig im Gebüsch verschwinden sehen!
Und dann war da noch Pater Harley, der uns am Ende dieses regenfreien Tages ohne mit der Wimper zu zucken die ganze Volksschule von Geneva für eine Nacht zur Verfügung stellte (weil gerade Samstag war): ein wahrlich himmlischer Mann mit einem sehr irdischen Namen.
Mit diesem stattlichen Quartier im Rücken schwärmen wir in der Dämmerung gut gelaunt aus, um uns ein Abendessen zu organisieren. Ein anständiges, wohlgemerkt. Und wir werden fündig: Das Lokal der Wahl nennt sich schlicht „The Cookery“ und bietet alle Arten von syrischen und libanesischen Broten feil, kulinarische Leckerbissen des Mittleren Ostens, Griechenlands und – weil das ja irgendwie auf der Linie liegt – Mexikos. Von einer Virtuosin namens Amelia zubereitet und aufgetischt: wirklich deftig und lecker – ordentliche Wiener Küche, sozusagen.
9.
Wetten,
dass wir Betten hätten,
wenn wir unsre Ketten fetten? Schüttelreim
Der Tag fängt für mich erst mit dem Mittagessen an: Thunfisch mit Zwiebeln auf trockenen Hamburger-Brötchen (von so was kriegt man bestimmt Blähungen) entspricht eben nicht meinen Vorstellungen von einem stärkenden Frühstück. Stefan und sein verfluchter Saumagen sehen das wie immer ganz anders!
Nach nur 20 Meilen kehren wir in Lima in einen Family-Diner zum Mittagessen ein. Eigentlich bin ich noch nicht so richtig hungrig, aber Tobi besteht darauf. Kein Wunder, wenn er immer so wenig frühstückt.
Der Nachmittag beginnt zunächst unheimlich: Ein undefinierbares lautes Rasseln verfolgt uns hartnäckig und lässt sich auch auf den kurzen Bergabstücken nicht abschütteln. Immer wieder drehen wir uns um, niemand ist zu sehen. Irgendwie klingt das ganze sehr nach rostigen Eisenketten. Natürlich glauben wir nicht an Gespenster, aber andererseits …
Es sind unsere Räder,
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