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Bilderbuch Aus Meiner Knabenzeit

Titel: Bilderbuch Aus Meiner Knabenzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justinus Kerner
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da oft durch das am Erdgeschoß befindliche Gitter auf den mit rotem Sammet beschlagenen Sarkophag des Herzogs Karl und die anderen fürstlichen Särge nieder.
     
Schiller im Jahre 1793 in Ludwigsburg.
Seine Verteidigung Herzog Karls.
Gutmütige Züge aus dem Leben dieses Fürsten
     
    Ob bei dem Leichenbegängnisse des Herzogs Karl, wie billig gewesen wäre, die Schüler seiner Karlsakademie seinem Sarge folgten, weiß ich nicht; ich glaube nicht, daß diese Veranstaltung getroffen wurde, aber
ein
Karlsschüler, und zwar der größte, den diese Schule hegte, befand sich damals zufällig in Ludwigsburg und sah mit Gefühlen kindlicher Wehmut, die der lebende Herzog wohl nicht von ihm erwartete, seiner Leiche nach.
    Von der damaligen freien Reichsstadt
Heilbronn
aus stellte
Schiller,
der sich einige Zeit dort aufgehalten hatte, an den Herzog die Anfrage, ob er ins Vaterland wieder zurückkommen und in Ludwigsburg auf kurze Zeit sich aufhalten dürfe? Der Herzog gab ihm, altersschwach und krank, keine Antwort, sagte aber zu seiner Umgebung: er werde ihn ignorieren.
    Auf dieses begab sich Schiller mit seiner Gattin und Schwägerin nach Ludwigsburg, wo er in dem Hofmedikus von
Hoven
einen alten akademischen Freund hatte. Hier wurde ihm sein erstes Kind geboren. »Ich sah ihn (erzählt Hoven in seiner Selbstbiographie) bei der Nachricht, daß der Herzog krank und seine Krankheit lebensgefährlich sei, erblassen, hörte ihn den Verlust, den das Vaterland durch dessen Tod erleiden würde, in den rührendsten Ausdrücken beklagen, und die Nachricht von dem wirklichen Tode des Herzogs erfüllte ihn mit Trauer, als wenn er die Nachricht von dem Tode eines Freundes erhalten hätte.«
    Als Schiller damals auf einem Spaziergange der Gruft des Herzogs nahe kam, sprach er zu seinem Freunde Hoven: »Da ruht er also, dieser rastlos tätig gewesene Mann. Er hatte große Fehler als Regent, größere als Mensch; aber die ersten wurden von seinen großen Eigenschaften weit überwogen, und das Andenken an die letzteren muß mit dem Tode begraben werden; darum sage ich dir, wenn du, da er nun dort liegt, nachteilig von ihm sprechen hörst, traue diesem Menschen nicht, er ist kein guter, wenigstens kein edler Mensch.« 1
    Schiller hatte noch unter Karls stürmischer Periode gelebt und gelitten, um so überraschender ist dies sein Urteil.
    In den späteren Zeiten, wo mehr Ruhe und Überlegung in das Gemüt dieses Fürsten trat, sah er die Fehler seiner früheren Jahre im vollsten Maße ein. Gewöhnlich begleitete ihn der Hofprediger vom Dienste (die Hofprediger mußten wochenweise abwechselnd in Hohenheim anwesend sein) auf seinen Spaziergängen morgens, wenn die Herzogin nicht zugegen war. Auf einem dieser, am 7. August 1792, sagte der Herzog zu seinem Begleiter: »Ich war ein ausschweifender Teufel, was um so weniger zu verwundern war, da mir jeder Diener dabei willig frönte, aber Reue und Buße, werden die Vergehungen erkannt, sind immer noch zulässig und bereiten Verzeihung.«
    Seine ehelichen Verhältnisse betreffend, so lebte er mit seiner zweiten Gemahlin Franziska, wenigstens dem äußeren Ansehen nach, friedlich, und obgleich die eheliche Treue nicht groß war, erfuhr man von Zerwürfnissen beider nie etwas.
    Sein Fleiß und seine Tätigkeit in den Regierungsgeschäften und sein vorsichtiges Benehmen gegen die Machthaber der französischen Revolution kamen dem Lande wohl zu statten.
    In der ruhigeren Zeit seiner Regierung suchte er Zwistigkeiten in den Gemeinden durch persönliches Erscheinen selbst zu schlichten; so einmal im Jahre 1790 zu Kirchheim am Neckar, von wo aus er damals nachstehendes Billet doux seiner Franziska nach Hohenheim schrieb, das im Original vor mir liegt, und das ich, zum Beweise seines zärtlichen Verhältnisses mit seiner Gattin, hier wortgetreu und mit seiner Orthographie gebe.
     
    Kirchheim a.N. 1 / 23 Uhr.
    Herzallerliebstes Franzele!
    Schon der Anfang meiner Fahrt war sehr angenehm um 4 Uhr bin ich hier angekommen und habe bis auf diesen Augenblick einen fatiguanten Augenschein eingenommen; Jetzo stehen zwanzig Personen vor meinem Tisch um einen Vergleich wo möglich zu erzielen welches noch lange dauern wird, doch werde ich mein Möglichstes thun um nicht gar zu spät zu kommen, aber ich lasse nicht nach bis es verglichen ist, ich kann fast nicht mehr reden.
    aber schönstes Weible!
    das wichtigste:
    hast Du mich auch gern? Ich habe hundertmahl an Dich gedacht, auch daß Du meine Geduld beloben

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