Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bilderbuch Aus Meiner Knabenzeit

Titel: Bilderbuch Aus Meiner Knabenzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justinus Kerner
Vom Netzwerk:
umgebenden Kreis der Seinigen, daß die menschliche Wissenschaft das Höchste und Ewige nicht erreichen könne, wenn ihr nicht das Licht von oben hülfreich dazu erscheine.
    Vier Mädchen und zwei Söhne gingen aus dieser Ehe hervor, braver Eltern würdige Kinder, von denen der älteste Sohn sich als Hüttenmann und Mechaniker auszeichnet.
    Meine gute Mutter hatte sich am Ende ihres Lebens zu diesem Tochtermanne und zwar an seinen letzten Aufenthalt,
Ilsfeld
bei Heilbronn, begeben, wo sie mit ihm längst auf
einem
Kirchhofe ruht. Aber der Tod beider fiel nicht in meine Knabenzeit, sondern in eine viel spätere.
    Die Entfernung von meiner Schwester
Wilhelmine
war mir auch deswegen betrübend, weil ich ihr unter meinen Verwandten allein meine poetischen Versuche mitteilen konnte, da sie mich hierin allein verstand. Sie versuchte sich selbst hie und da in gebundener Rede (selbst noch im spätesten Alter), und da ich so eben von dem Tode ihres Gatten sprach, will ich die Verse hersetzen, die ihr nach seinem Tode ihr religiöses Gefühl und ihr Schmerz über ihn eingab.
     
    Der Abend kam, ich sank ermattet nieder,
    Bald schlossen sich die müden Augenlider,
    Ich sah im Traum versetzt mich in den Garten,
    Sah meiner jungen Pflanzen dort mich warten,
    Da fand ich (ach! warum denn nur in Träumen?)
    Den Lieben unter seinen jungen Bäumen.
    »Sieh, sprach er! sieh! wie herrlich diese Früchte!
    Noch nie genoß ich bessere Gerichte!
    Schien's, daß ich lang umsonst gepflegt den Garten,
    Wie herrlich lohnt nun mein geduldig Warten.«
     
    Und alle Bäume die er selbst gezogen,
    Von edlen Früchten waren sie gebogen,
    Und niemals noch sah ich von solchen Gaben
    Den Lieben so wie diesesmal sich laben.
     
    »Gern führt ich dich nun auch zu meinen Reben,
    Die immer jetzt den besten Saft mir geben,
    Verwandelt sind auch sie, sind gleich der Quelle,
    Die hier fließt, unerschöpflich wunderhelle.
    Doch sieh! ich kann hier nicht zu lange weilen,
    Ich muß der schönen Pflanze dort zueilen,
    Die frühe mir, so war mein Wahn, – erstorben;
    Doch sieh! aufs neue hab ich sie erworben.«
     
    Und als ich aufsah, sah, von Glanz umgeben,
    Ein Wesen höh'rer Art ich fernher schweben.
    Die Arme hob ich auf, es zu empfangen,
    Da ward ich wach, und weh! mein Traum vergangen.
    Die Sonne stand schon hell am heitern Himmel,
    Ich sah hinaus ins menschliche Gewimmel.
    Wie ward mir fremd dies Rennen und dies Treiben.
     
    O! klagt ich leis, könnt ich doch immer bleiben
    Geliebter! stets bei dir in solchen Träumen!
    Bei jener Pflanze, Herz! bei deinen Bäumen!
    Nun kann ich fürder nimmer mit dir gehen;
    Warum ist Täuschung, was ich hab' gesehen? –
    Der schöne Traum (hat er mich gleich gelogen)
    Käm' er nur wieder, wenn der Tag verflogen!
     
    Doch glücklich in Erinnrung jener Bilder,
    Den Schmerz bald heftig fühlend und bald milder,
    Ging wehmutsvoll auch dieser Tag vorüber;
    Dann schlummert' ich in andre Träum' hinüber,
    Die führten mich an unbekannte Orte,
    Die ich zu schildern finde keine Worte.
    Doch all' die Schönheit jener höheren Räume
    Sie stillte nicht den Wunsch, daß jene Träume
    Sich mir erneuen möchten, daß in Wahrheit
    Ich wieder schaute ihrer Bilder Klarheit.
    Und als ich sinnend weiter ging und weinte,
    Sieh da! mein treuer Schutzgeist sich mir einte.
     
    »Ich komme, sprach er, deinen Traum zu deuten,
    Laß allen Kummer, tu die Zweifel meiden.
    Was ists, daß deine Träume dich betrübten,
    Sie sind ja schon erfüllt für den Geliebten?
    Doch darfst du nimmermehr sie irdisch deuten,
    Er ist befreit von irdschem Tun und Leiden.
     
    Der Weinberg seines Herrn, das ist der Garten,
    Den er gepflegt mit Lieb' und Treu' zu warten.
    Die Früchte, die du sahst, und die er pflückte
    Sind Früchte seines Tuns, das dort ihn schmückte.
    Der Quell aus dem er trinkt, ist ewge Wahrheit.
    Sein irdsches Wissen ist nun Schau und Klarheit.«
    Doch jene Pflanze, die er wähnt erstorben? –
     
    »Sagts Mutterherz dir nicht, was er erworben?
    Kannst du dies Bild nicht deuten, jenes Wesen,
    Der Liebe erste Frucht, krank dort und hier genesen?«
    –
    O dank für deine Deutung! stärk' mein Hoffen!
    Mein Glauben, Lieben, laß den Himmel offen
    Auch mir und führe mich nach Leiden, Weinen,
    Hinauf zu jener Seligkeit der Meinen!
Mein Bruder Karl
     
    Um diese Zeit (1803) war mein Bruder
Karl
mit Errichtung einer reitenden Artillerie in Ludwigsburg beschäftigt. Der damalige Oberstleutnant, nachheriger General,
Kammerer,
der damit

Weitere Kostenlose Bücher