Bilderbuch Aus Meiner Knabenzeit
unglückliche Kriege geführt, mußte allerdings ein martialisches Aussehen gleichsam in die Volksphysiognomie sich einschmelzen, auch lebt in der Seele des schwedischen Mannes der Glaube, daß der Feind ihm notwendigerweise an Zahl überlegen sein, er aber denselben eben so notwendigerweise überwinden müsse.
Die vielen vortrefflichen Unteroffiziere bei der schwedischen Armee, die Einrichtung der Nationaltruppen, die natürliche Offenheit und Empfänglichkeit des Schweden, sein leichtes Blut und sein leichterer Sinn, scheinen bei der Nation jenes Ehrgefühl zu erzeugen und zu unterhalten, wodurch Wunder der Tapferkeit und Hingebung zur alltäglichen Geschichte werden.
Die einzelnen Kriegstaten der Schweden während der letzten russischen Kriege verdienen eine Xenophontische Feder und beweisen, daß diese Nation nur ihre inneren Kräfte zu Rat halten darf, um jeder Gefahr von außen trotzen zu können.
Die Menge von großen Seen, der Mangel schiffbarer Flüsse, die Ungleichheit des Terrains bilden in Schweden einen Grad von militärischer Befestigung, der beinahe anzudeuten scheint, die Natur selbst sei mit der Unabhängigkeit dieser Nation in einen ewigen Bund getreten.
Wenn auch der schwedische Soldat blindlings dem Rufe der Kriegstrompete folgt, so verleugnet er darum keineswegs seine wahre Gesinnung und Wünsche. Nach einem neuen königlichen Befehl zieht die schwedische Wachparade jetzt wieder morgens um 9 Uhr auf. Die bisherige Mittagsstunde ist nur für Sonn- und Festtage beibehalten. So war es zur Zeit
Karl
des XII., für den der gegenwärtige König
(Gustavson)
eine besondere Ehrfurcht äußert.
So gerecht auch die Klagen gegen jenen Monarchen (
Karl
den XII.) und über den Schaden sein mögen, den er seiner Nation zugefügt hat, so bleibt das Außerordentliche in dem Charakter und in den Schicksalen des sonderbaren Mannes nicht minder merkwürdig. Sein Andenken ist dem Volke keineswegs verhaßt, und vor wenigen Jahren lebten noch mehrere Leute in
Schonen,
die ihm auf seinen Kriegszügen gefolgt waren und nicht, ohne Tränen zu vergießen, seinen Namen nannten.
Er wurde im Augenblick eines kühnen Unternehmens ermordet, und zwar in einem Alter, wo er, nach früh erlebten Schicksalen, noch Kraft und Muße genug besaß, um große begangene Fehler wieder gut zu machen. An seiner Leiche würde die richtende Gerechtigkeit selbst ihr Urteil in einen Klageton verwandeln. Sein Nachfolger,
Friedrich von Hessen,
der sein Freund nicht war, und mit der Aristokratie sich in die blutbefleckte Krone, wie in eine Beute, teilte, wurde noch auf seinem eigenen Sterbebette der Bewunderer
Karls.
Eben als er mit dem Tode und der letzte Funke von Bewußtsein mit der letzten Erinnerung der Vergangenheit rang, tönten furchtbar aus seiner röchelnden Brust die Worte:
Karl! – Karl! –
Du warst doch ein großer Mann! – Die Umstehenden vernahmen es, ihre Zahl war gering.
In einer der Seitenstraßen des Marktplatzes von Landskrona lebt
Lamberg,
General des Geniewesens, in einer kleinen bescheidenen Wohnung. An sie stößt ein Garten, den der brave Greis mit eigener Hand bebaut. Der siebenjährige Krieg war seine Schule. Er lebte während desselben in dem österreichischen Lager. Seine Ansicht des letzten französischen Kriegs, sein Urteil über den Gang und die Resultate desselben, zeugen von der Jugendkraft, die sein Verstand bei einem hohen Alter besitzt. Sein Blick dringt in die Gesetze der Natur ein. Sein Sinn und seine Sitten sind gleich spartanisch. Er ist der einzige Nichtadelige, welcher General ist; er hat Diplome mit Bescheidenheit abgelehnt. Sein Leben ist sein Adel.
Eine halbe Meile von
Higganese
liegen die sogenannten Kullen, die ein Vorgebirge der schonischen Küste ausmachen. Sie begrenzen eine weite Ebene, rings um sie ist Meer von der einen, plattes Land von der andern Seite. Je höher man hinaufsteigt, desto grauser wird das Chaos. Hier liegen ganze ungeheure Steinblöcke, die einst auf stolzer Höhe thronten; dort scheinen die furchtbaren Felsen sich einander selbst in ihrem Sturz zu tausend und tausend Scherben zermalmt zu haben; endlich legt auf der westlichen Spitze die Natur plötzlich wieder ein liebliches Gewand an und verkündet ihren Segen in der Höhe schreckbarer Trümmer.
Man gelangt unverhofft in ein kleines Gehölz von Linden, Buchen, Birken und Eichen, das einige Felder einschließt, auf denen Gerste, Roggen, Kartoffeln und Gartenfrüchte gepflanzt werden. Sie berühren einen weiten
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