Bille und Zottel 06 - Gefahr auf der Pferdekoppel
mit Kühen und Schweinen.“
„Das finde ich aber schwach. Ist ja fast ‘ne Beleidigung gegen Herrn Tiedjen und unsere Rösser hier!“ empörte sich Karlchen.
„Genaues weiß ich nicht“, wehrte Hubert ab. „War doch bloß ‘ne Vermutung.“
Bille hatte Black Arrow fertig gesattelt und zog ihn auf die Stallgasse hinaus. Zärtlich fuhr sie ihm mit den Fingern durch die blauschwarz glänzende Mähne und ordnete die widerspenstig querstehenden Strähnen. Black Arrow hatte mit sicherem Blick die offenstehende Futterkiste entdeckt und marschierte zielstrebig darauf zu.
„Du bist schon genauso verfressen wie Zottel“, schimpfte Bille. „Jetzt gibt es noch nichts. Erst wird gearbeitet. .
„Da sind sie wieder!“ rief Karlchen. „Sie stehen auf dem Hof und palavern!“
„Oh, wirklich?“ Bille verspürte einen unwiderstehlichen Drang, diesem wichtig aussehenden Fremden Eindruck zu machen, sie wußte selbst nicht, warum. „Also, ich bring denn jetzt Black Arrow rüber . . .“ Eilig zog sie den Wallach hinter sich her und öffnete die Stalltür.
„Bist ja bloß neugierig.“ Karlchen grinste breit. „Erzähl uns, was er gesagt hat, wenn du zurückkommst, vielleicht kriegst du was raus.“
„Aha - und du bist gar nicht neugierig, wie?“
„Ich meine ja nur. .
Normalerweise führte Bille die Pferde am Zügel zum Reitplatz hinüber, wenn Herr Tiedjen mit ihnen arbeiten wollte. Aber jetzt konnte sie der Versuchung nicht widerstehen! Wie der Blitz saß sie im Sattel, nahm die Zügel auf und drückte Black Arrow die Fersen so heftig in die Flanken, daß er lospreschte, als sei eben das Derby eingeläutet worden. In ihrem Rücken hörte sie Karlchen und Hubert kichern.
Der Fremde wich erschrocken zurück, und Herr Lohmeier sah kopfschüttelnd auf. als Bille dicht an der Gruppe vorbeigaloppierte. Erst als Herr Tiedjen in Sichtweite kam, verlangsamte sie das Tempo und klopfte Black Arrow beruhigend den Hals.
„Das war ein Kavaliersstart wie ihn Karlchen auf seinem Moped macht“, kicherte Bille. Dem haben wir’s aber gezeigt, mein Hübscher, was? Hier von der Intelligenz von Schweinen zu reden ...“
Herr Tiedjen setzte gerade mit Nathan über die dreifache Kombination. Konzentriert und kraftvoll sprang der kräftig gebaute Braune, er hatte den Ausdruck eines alten Profis, der genau weiß, worauf es ankommt, und seine Kräfte einzuteilen versteht. Ein Pferd, das jeder Schwierigkeit gewachsen war.
„Da bist du ja!“
Herr Tiedjen unterbrach seine Arbeit und ritt im Schritt zu Bille hinüber. Er sah müde aus, nach dem schweren Unfall im Frühjahr strengte ihn das Reiten immer noch an. Aber wenn er im nächsten Jahr wieder auf Turnieren starten wollte, durfte er mit dem Training nicht länger warten.
„Du kannst ihn trockenreiten, er hat für heute genug getan.“ Herr Tiedjen saß ab und übergab Bille die Zügel. „Und schick mir jemanden herüber, der die Hindernisse aufbaut. Unser Kronprinz hier wird wohl wieder einiges in Trümmer legen.“
„Mach ich. Karlchen hat sowieso nichts zu tun.“
Bille mußte tüchtig Schwung holen, um in den Sattel des Riesen Nathan zu kommen. Einen Augenblick sah sie noch zu, wie Herr Tiedjen mit dem tänzelnden und übermütig mit dem Kopf schlagenden Black Arrow in die Bahn ging.
„Der kann sich an dir ein Beispiel nehmen, Dicker“, sagte sie und klopfte Nathan anerkennend den Hals. „Verpulvert wieder all seine Kräfte mit Zickenmachen und Rumspielen. Na ja, ist eben noch ein Halbstarker - nicht so weise und abgeklärt wie du. Er wird’s auch noch lernen.“
Im Schritt ritt sie zum Stall zurück. Von Herrn Lohmeier und dem Fremden war nichts zu sehen. Bille schickte Karlchen zu Herrn Tiedjen hinüber und ließ Nathan noch ein paar Runden um den Hof gehen, ehe sie aus dem Sattel sprang und ihn mit einem aufmunternden Klaps in den Stall schickte. Auf Nathan konnte man sich verlassen. Er versuchte weder der Futterkiste einen Besuch abzustatten, noch in eine fremde Box zu marschieren, sondern kehrte gehorsam in seine eigene Behausung zurück, um sich von Bille absatteln und trockenreiben zu lassen. Er war und blieb ein Musterknabe.
Bille hatte ihre Arbeit gerade beendet, als der alte Petersen den Stall betrat.
„Nanu, was ist denn hier los?“ wunderte sich der Pferdepfleger. „Hat dich der Putzteufel überfallen, oder rüsten wir zu einem Staatsempfang? So ordentlich war der Stall noch nie! Ich hab doch nicht etwa Geburtstag?“
„Das mit dem
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