Bille und Zottel 08 - Ein Filmstar mit vier Beinen
ab!“
Um Bille und Zottel herum züngelten die Flammen hoch. „Ton ab!“
„Ton läuft.“
Zottel tänzelte ungeduldig.
„Noch nicht, Dicker, warte!“
„Kamera ab!“
„Kamera läuft.“
Wie lange dauerte denn das noch! „Zweihundertvierundsiebzig — die erste!“
Klapp!
„Action!“ brülllte Herr Schreiner.
„Jetzt, Dicker!“
Zottel preschte los. Genau auf der angegebenen Linie. Dicht hinter ihnen krachten brennende Balken zur Erde. Zottel stieg wiehernd in die Höhe.
Darauf hatte Bille gehofft, eisern blieb sie im Sattel. Dann drückte sie ihm die Fersen in die Flanken und raste in wildem Galopp davon.
Jetzt mußte sie aus dem Bild sein. „Gestorben!“ rief jemand.
„Okay, Dicker, du kannst dich entspannen. Warst gut, Junge!“ Bille klopfte ihrem Pony dankbar den Hals. Dann ritt sie im Schritt zurück und hob lässig grüßend zwei Finger an die Mütze.
Der gesamte Aufnahmestab applaudierte. Herr Schreiner kam zu ihr herüber und reichte ihr die Hand. Er öffnete den Mund, als wolle er etwas sagen, schloß ihn wieder — und sprach dann doch.
„Du kannst Elmar zu mir sagen“, murmelte er.
Hinter ihm stand der Hohlwangige, hob den Daumen in die Luft und strahlte wie eine Hundert-Watt-Birne.
„Einsame Spitze“, flüsterte er Bille zu, als sein Herr und Meister gegangen war.
Auch Tom, Bettina, Simon, Daniel und Florian kamen herüber, um Bille zu gratulieren.
„Mann, das sah vielleicht gefährlich aus! Hast du Nerven!“ stöhnte Bettina. „Ich wäre, glaube ich, gestorben vor Angst!“
„Hoffentlich schleppen sie dich nach der Szene nicht nach Hollywood“, meinte Tom lachend. „Leute wie du werden da ständig gesucht!“
„Warum hat der Regisseur eigentlich gebrüllt ,Gestorben’ !“, als du raus warst?“ fragte Florian. „Du lebst doch noch!“
„Gott sei Dank“, meinte Simon und faßte Billes Hand. „Ich habe mich zu Tode geängstigt, als der Balken hinter dir runterkrachte! Noch mal erlaube ich dir so eine gefährliche Rolle auf keinen Fall!“
„Wie soll ich das verstehen?“ Bille rutschte aus dem Sattel und stand unvermutet so nahe bei ihm, daß sich ihre Schultern berührten.
„Du weißt schon, wie“, flüsterte Simon und gab ihr einen flüchtigen Kuß, der irgendwo zwischen Ohrläppchen und Haaransatz landete.
Florian boxte seinen Bruder in den Rücken.
„He! Soldaten küßt man nicht! Jedenfalls nicht als Mann.“
Den Höhepunkt seines Ruhmes erreichte Zottel bei der Liebesszene zwischen dem Soldaten und der Tochter des Hauses. Ausgerechnet in dieser Szene spielte er gar nicht mit, aber das schien ihn nicht zu stören.
Die beiden Darsteller saßen auf den Überresten einer von Bomben zerstörten Mauer — halb mit dem Rücken zueinander — und versuchten schüchtern ins Gespräch zu kommen. Die Worte fielen tropfenweise, zögernd — , eine sehr leise, zarte Szene, an der der Regisseur mit den Schauspielern lange geprobt hatte. Endlich war es soweit. Die Schauspieler wurden abgepudert , Kostüme und Frisuren zurechtgerückt, ein frischer Apfel gebracht, denn der spielte dabei die Hauptrolle: An einem bestimmten Punkt des Textes mußte Florian Geiger seiner Partnerin den Apfel reichen.
„Bitte Ruhe, wir können!“
Bille stand neben dem Hohlwangigen im Hintergrund und schaute zu. Das Gemurmel um sie herum verstummte, konzentrierte Stille trat ein. Leise, wie in einem Krankenzimmer, kamen die Befehle: „Ton ab“ — „Kamera ab“ — „Bitte Action!“ Das Gespräch der beiden begann.
Lange Pausen füllten die Szene, der russische Soldat konnte kaum Deutsch, das Mädchen kein Russisch. Sie mußten es durch Blicke und Gesten ersetzen und machten das wirklich toll, Bille war gerührt wie im Kino.
Jetzt mußte gleich der Höhepunkt der Szene kommen — mit dem Apfel. Nach einer langen Pause — beiden fällt nichts mehr ein, was sie sagen könnten — reicht er ihr den Apfel, und ihre Hände berühren sich zum erstenmal . Eine Stelle zum Gänsehaut kriegen! Bille stellte sich auf die Zehenspitzen, um besser sehen zu können.
Da — Florian Geiger zog den Apfel aus der Hosentasche. Polierte ihn umständlich an seiner Uniformbluse blank und betrachtete ihn noch einmal prüfend, als wolle er sehen, ob er schön genug sei für die Angebetete. Gut machte er das. Jetzt schaute er zu ihr hinüber, ein bißchen fragend, zögernd, und da — nein, das durfte nicht wahr sein!
Wie aus dem Nichts tauchte Zottels Kopf zwischen den beiden auf. Mit
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