Bille und Zottel 08 - Ein Filmstar mit vier Beinen
leisem, zufriedenem Hmhmhm drängte er sich zwischen sie, schnappte sich den Apfel und fraß ihn auf. Die beiden Schauspieler schauten ihn verblüfft an und begannen zu lachen.
Jetzt ist alles aus! dachte Bille. Gleich brüllt er los, und ich muß ihn wieder mit Herrn Schreiner anreden! Aber sie hatte sich getäuscht.
Elmar Schreiner saß weit vorgebeugt, fast lag er schon auf den Knien und verfolgte mit offenem Mund die Szene.
„Nicht abbrechen! Weiterspielen! Das ist hinreißend!“ flüsterte er beschwörend.
Florian Geiger reagierte sofort. Er streichelte Zottels Nase zärtlich und sah seine Partnerin lächelnd an. Auch sie hatte verstanden und legte ihre Hand nun ebenfalls auf Zottels Nase. Ihre Hände trafen sich statt über dem Apfel auf dem weichen Pferdemaul.
„Aus, gestorben! Die nehmen wir!“ rief der Regisseur glücklich. „Wenn ich so was hätte inszenieren wollen, hätte es nie geklappt! Dieses Pony ist ein Glücksfall, Kinder!“
Bille atmete auf.
Die Szene wurde dann noch einmal in der ersten Version gedreht, später im Film aber war die Szene mit Zottel zu sehen. Sie war unvergleichlich viel besser, als die ursprüngliche Szene im Drehbuch, darüber waren sich alle einig geworden.
Zottels letzter Auftritt fand bei den Nachtaufnahmen statt.
Es handelte sich um die dramatische Abschiedsszene, in der der Soldat dem Mädchen sein Pferd überließ, um fliehen zu können, eine Tat, für die er später erschossen wurde.
Die Szene war einfach und kurz, Zottel wurde vor einen kleinen Gummiräderwagen gespannt, in dem die junge Schauspielerin saß.
Der herzzerreißende Abschied wurde in Großaufnahme aufgenommen, Bille wurde erst später benötigt, wenn der Wagen in die Nacht hinein fahren mußte und man nur den Rücken der Darstellerin sah.
Bei der Fahrt in die Nacht hielt man sich nicht lange auf. Eine Viertelstunde, dann hieß es „gestorben!“. Denn eine weit schwierigere Szene stand noch auf dem Programm: Ein großes Bankett der deutschen Offiziere, das ganz an den Anfang des Films gehörte. Es wurde auf der Veranda des Gutshauses aufgenommen.
Doch zunächst kam eine Fluchtszene im Wald dran. Hierfür hatte man eine Stelle im hinteren Teil des Parks ausgewählt. Bille brachte Zottel zum Reitstall hinüber und band ihn an, um noch eine Weile bei den Aufnahmen zuzuschauen, schließlich war es ihr letzter Drehtag.
Als sie um die dunkle Hausecke bog und an der Veranda vorbei in den Park laufen wollte, stieß sie unsanft an eine Holzkante. Bille fluchte und rieb sich den schmerzenden Fleck auf dem Oberschenkel. Dann untersuchte sie, mit was sie da so heftig in Berührung gekommen war. Ein Tisch! Ein großer Holztisch, der mit einem Tuch abgedeckt war.
„Welcher Vollidiot muß den auch gerade hier abstellen!“ murmelte sie ärgerlich. Der Tisch gehörte wohl zur Dekoration der nächsten Szene.
Bille schnupperte. Unter dem Tuch roch es sehr appetitlich. Vorsichtig lüftete sie den leichten Stoff ein wenig und versuchte zu erkennen, was sich darunter verbarg. Tatsächlich!
Das kalte Buffet, das man für die Szene auf der Veranda extra bei einem Feinkosthändler in der Stadt hatte herstellen lassen. Hm, wie das duftete!
„Schade, daß ich in der Szene nicht mitspiele!“ seufzte Bille. Aber Elmar Schreiner hatte seinen Schützlingen ja versprochen, sie dürften sich nach der Aufnahme darüber hermachen und die Reste vertilgen.
Bille rannte weiter und hatte die fertig aufgedeckte Tafel im Park bald vergessen.
Die Szene im Wald war sehr dramatisch: Flüchtlinge kriechen durchs Dickicht und stoßen unvermutet auf einen russischen Posten. Sie werden überwältigt und gefangengenommen.
Florian hatte sich für die Szene als Komparse gemeldet und versuchte durch seine schauspielerischen Talente aufzufallen. Er hatte sich so in den Kopf gesetzt, besser als jeder andere Hunger, Kälte, Verzweiflung und Angst mit den stummen Mitteln, die ihm zur Verfügung standen, auszudrücken, daß er mit seiner heftigen Mimik mehrmals die Szene schmiß . Wenn der Schauspieler, der den wütenden russischen Posten darstellte, zufällig in Florians Gesicht sah, fing er hemmungslos an zu lachen.
„Was ist los?“ rief der Regisseur wütend.
„Entschuldigen Sie“, murmelte der Schauspieler, „aber er hat mich völlig rausgebracht.“
„Wer, er?“
„Na, der Junge hier — er!“
„Schon gut. Noch mal!“
Die Szene begann von neuem. Wieder zuckte es bedenklich im Gesicht des Schauspielers, krampfhaft
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