Bille und Zottel 13 - Das Fest der Pferde
stiller Trauer halten, vielleicht gibt es bei dem Volk seiner Mutter bestimmte Vorschriften darüber. Vielleicht will er auch nur allein sein und von niemandem angesprochen werden. Ich glaube, mir würde das auch so gehen.“
Bille hatte recht . Am nächsten Morgen war Johnny wieder da und tat seine Arbeit wie gewohnt. Happy und Whisky stürzten sich auf den Hafer in ihren Krippen, als hätten sie einen Tag fasten müssen, und Johnny sah grau und übermüdet aus. Aber er ließ sich nichts anmerken, und sie stellten ihm keine Fragen.
Das Turnier rückte näher. Die Schulpferde wurden wieder systematisch an die Arbeit gewöhnt und für Dressur- und Springwettbewerbe vorbereitet. Nicht allen Pferden behagte es, das freie Leben auf den Koppeln aufgeben zu müssen, und Bille, die neben dem Indianer, Reitlehrer Toellmann und Ignaz dem Schrecklichen, der aus den Ferien zurückgekehrt war, täglich mit zwei bis drei Schulpferden arbeitete, stöhnte oft, sie müsse mit ihren Schützlingen wieder ganz von vorn anfangen.
Da hieß es Cavaletti -Arbeit zu machen, bis das Kreuz des Pferdes gelockert, die Bewegungen schwungvoll waren, da wurden zahllose Volten und Schlangenlinien geritten, um den Pferdekörper geschmeidig zu halten, da gab es ein Konditionstraining aus endlosem Leichttraben, Klettertouren im Gelände, Galoppstrecken und hürdenlaufähnlichen Sprüngen über sechs hintereinander aufgestellte Stangen.
Bille sehnte den Tag herbei, an dem die Schüler aus den Ferien zurückkehrten und selbst das Training übernahmen. Andrerseits allerdings liebte sie die Stunden konzentrierten Arbeitens mit Ignaz dem Schrecklichen und Toellmann . Die Stille in der Halle, das leise Schnaufen der Pferde, hin und wieder ein Zuruf, ein Lob, eine Ermunterung oder ein Wort der Kritik.
Im Turnierbüro, dem Direktor Hütter Vorstand, häuften sich die Nennungen. Die Beteiligung würde viel größer sein als erwartet, und sie fragten sich manchmal besorgt, wie sie mit einem derartigen Ansturm fertig werden sollten.
Endlich war der Ankunftstag der Schüler gekommen. Am Mittag rollten die ersten Wagen auf den Hof, das Schloß und der Stall füllten sich mit lärmenden, lachenden und redenden Jungen und Mädchen.
Es waren mehr geworden in diesem zweiten Schuljahr des Reiterinternats. In jeder Klasse gab es zwei oder drei neue Schüler. Der gute Ruf der Groß- Willmsdorfer Schule hatte sich schnell verbreitet.
Für die wachsende Zahl der Pferde war in wenigen Tagen aus Fertigbauteilen hinter der Reithalle ein Anbau entstanden, der weitere zwanzig Pferde aufnehmen konnte. Auch ein weiterer Pferdepfleger trat seinen Dienst an. Er stammte von einem Bauernhof aus der Gegend, Hubert hatte ihn hergeholt, ein junger, kräftiger Mann mit semmelblonden Haaren und einer Stupsnase, die von Sommersprossen übersät war. Seine Eltern hatten ihm den Namen Gottfried gegeben, was er seit seiner Schulzeit als einen Makel empfand, deshalb ließ er sich Frieder nennen. Frieder übernahm Stall zwei, war aber dem Indianer unterstellt, zu dem er in einer Mischung aus Scheu und Bewunderung aufsah, denn Hubert hatte ihm den außergewöhnlichen Mann in leuchtenden Farben geschildert.
Bille wartete insgeheim gespannt darauf, welchem Pferd Johnny den Vorzug einräumen würde, Maestros Box zu beziehen. Der Indianer begegnete jedem Pferd mit Liebe und Anteilnahme, es war kaum vorstellbar, daß er eines den übrigen vorzog. Nur wer ihn sehr gut kannte, konnte wissen, daß er sehr wohl seine ganz persönlichen Freunde hatte, mit denen er sich stundenlang unterhalten konnte und die ihm auch ohne Halfter folgten, wohin er wollte.
Die meisten Pferde waren bereits eingetroffen und untergebracht, Bille half überall, wo es nötig war - beim Ausladen und Rangieren, bei der Einteilung der Schränke in der Sattelkammer und beim Versorgen der Pferde. Und immer noch war Maestros Box nicht belegt.
Jetzt fuhren zwei Transporter dicht hintereinander auf den Hof. Der erste brachte zwei Pferde, Sandras Belmondo und einen Trakehnerwallach , der Sandras Cousine gehörte, einem Mädchen, das neu nach Groß- Willmsdorf kam. Bille winkte Sandras Vater auf dem Stellplatz ein und wandte sich dann dem anderen zu.
„Beppo!“ schrie sie überrascht. „Mein Gott, hast du tatsächlich dein erstes eigenes Pferd bekommen! Ich werd verrückt!“ Hinter ihr stand der Indianer, fast hätte sie ihn in der Aufregung umgerannt. Beppo strahlte. Er sprang aus dem Wagen und fiel erst Bille, dann dem
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