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Binärcode

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Titel: Binärcode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gude
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meine beiden Freunde auch noch dabei? Warum lädst du sie nicht mal wieder zum Essen ein ?«
    »Deine Freunde? Nach deinem Auftritt neulich? Gott, ich will nicht wissen, wie du mit deinen Feinden umgehst .«
    »So nachtragend? Schade, ich hätte mich an die beiden gewöhnen können .«
    »Mach dir nichts draus, du hast ja einen, der auf deiner Wellenlänge sendet. Klaus wird dich heute noch besuchen .«

     
    Rünz döste sofort wieder ein, nachdem seine Frau gegangen war. Als er das nächste Mal aufwachte, war ein instinktiver Angstreflex die Ursache, die basale Nervenreaktion eines Primaten auf die unmittelbare Nähe eines gefährlichen Räubers. Er hatte das Zeitgefühl verloren; seit dem Besuch seiner Frau konnten Minuten oder Stunden vergangen sein. Durch seine Augenverbände nahm er einen blassen Lichtschein wahr, er drehte mehrmals den Kopf, um herauszufinden, ob Tageslicht oder die Neonröhren an der Zimmerdecke den Raum erhellten.
    Sein Schwager Klaus Brecker knarzte mit seinen 110 Kilo Lebendgewicht auf dem Besucherstuhl herum. Rosenduft und Lavendel waren Pitralon Classic Aftershave gewichen.
    »Klaus?«
    »Jep«, knurrte Brecker und verschränkte die Arme vor der Heldenbrust. Rünz gähnte und versuchte, seine Gedanken zu sortieren.
    »Was ist mit den Leuten aus meinem Team, Wedel und Bunter? Keiner lässt sich hier blicken .«
    »Danke, freue mich auch, dich zu sehen. Die Ärzte haben dich abgeschottet, Besuch nur von der Familie. Und bevor du jetzt anfängst …«
    »Wie stehen die Ermittlungen, wen hat Hoven als Vertreter für mich eingesetzt? Haben sie den Schützen? Ist der Dicke identifiziert? Ihr müsst oben in diesem Hochbunker …«
    »Das wäre ja mal ganz was Neues – die Superhirne von der Ermittlungsgruppe Darmstadt City informieren ein Streifenhörnchen vom zweiten Revier über ihre Ermittlungsergebnisse. Du bist wirklich auf den Kopf gefallen. War ganz schön was los im Präsidium. Presse, LKA, BKA, öfter mal Besuch von der französischen Staatspolizei. Aber eigentlich darf ich dir gar nichts erzählen .«
    Brecker beugte sich vor zum Krankenbett.
    »Sag mal, wie sieht’s denn hier so aus mit dem weiblichen Personal? Hast dir doch sicher schon ausgiebig die Prostata abtasten lassen .«
    Er ließ sich wieder in den Stuhl fallen und klatschte seine Pratze auf den Oberschenkel.
    »Ach, ich vergaß, die Augenbinde! So ein Jammer. Obwohl – manchmal vielleicht besser so, wenn man gar nicht sieht, wer einen da gerade beglückt! Übrigens – im Präsidium steht so ein Karton auf dem Flur, mit deinen privaten Sachen. Dachte, das würde dich vielleicht interessieren .«
    Rünz war nicht in Scherzlaune.
    »Hör zu, Klaus. Ich gebe dir den Schlüssel von meinem Waffenschrank mit. Bring mir morgen meine Ruger mit der gesamten Pflegeserie vorbei. Mit meinem Baby kann ich mich auch blind beschäftigen. Ich drehe hier am Rad ohne Ablenkung, mein letzter Zimmernachbar hat acht Stunden täglich ›Neun Live‹ geguckt .«
    »Ist doch genau dein Niveau mit dem Hirnschaden. Tu nicht so, als hättest du dir zu Hause immer Themenabende bei Arte und Phönix reingezogen. Soll ich dir noch einen Schalldämpfer besorgen? Du könntest hier unten in der Kühlkammer an den Abgängen etwas trainieren, damit du in Form bleibst. Wann lassen die dich eigentlich hier wieder raus ?«
    »Die haben alles in mich reingesteckt und mich in alles reingesteckt, was man zu Untersuchungszwecken benutzen kann. Morgen nehmen die mir die verdammte Augenbinde ab, und ich habe einen Termin mit dem Stationsarzt, denke, ich bin dann so weit in Ordnung und kann spätestens übermorgen wieder nach Hause. Wenn nichts dazwischenkommt …«

     

     
    * * *

     

     
    »Mit Ihren Verletzungen ist so weit alles in Ordnung .«
    Der Arzt mochte vielleicht Mitte 30 sein, er saß auf einem kleinen Drehschemel und wirkte entspannt und ausgeruht. Vielleicht hatte er seinen Dienst gerade erst angetreten, womöglich wirkte er auch so zufrieden, weil ihn die Reformen und Tarifverhandlungen der letzten Jahre von der Last der Überstunden und Doppelschichten befreit hatten. Er hatte einen deprimierend durchtrainierten Körper, blonde Locken und eine klassisch ebenmäßige Physiognomie, ganz so, als wäre Agasias’ Borghesischer Fechter eben mal vom Marmorpodest gestiegen, hätte seinen Degen gegen ein Stethoskop getauscht und mit einem weißen Kittel den Louvre verlassen. Die natürliche Arroganz attraktiver junger Menschen war ihm eigen –

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