Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource
uns.
So sagten in der Naturbewusstseinsstudie der Bundesregierung von 2009 44 Prozent der Befragten, dass sie wüssten, was der Begriff „Biologische Vielfalt“ bedeutet, 30 Prozent kennen den Begriff, wissen aber nicht, was er bedeutet. Und zwei Jahr später, in der gleichen Umfrage, hat sich das Bild nicht wesentlich geändert. Doch zurück zur Studie von 2009. Auf die Frage, ob dieErhaltung der Biologischen Vielfalt eine vorrangige gesellschaftliche Aufgabe sei, antworteten im Jahr 2009 34 Prozent mit „ja“, 41 Prozent mit „eher ja“. Nur fünf Prozent sagen „nein“ oder „eher nein“. Die Wertschätzung scheint also, auch wenn die Begrifflichkeit vielfach unklar ist, eher hoch. Natur wird als wertvoll angesehen. Auch sind immer mehr Menschen der Meinung, dass für die Natur in Deutschland nicht genug getan wird. 2011 befanden dies 55 Prozent. Auch wenn immer wieder gesagt wird, dass uns in unserer Industriegesellschaft die Verbindung zur Natur mehr und mehr verloren geht, scheint sie uns doch, direkt danach gefragt, weiterhin wichtig zu sein.
Den Begriff „biodiversity“ oder Biologische Vielfalt gibt es noch nicht lange. Er wurde Mitte der 1980er-Jahre von US-amerikanischen Wissenschaftlern für ein großes Symposium kreiert. Dahinter stand die Absicht, ganz unwissenschaftlich auf den zunehmenden Verlust der Natur, vor allem der tropischen Regenwälder, hinzuweisen. In den 25 Jahren seit seiner „Erfindung“ ist viel mit dem Begriff passiert. Er machte politisch Karriere, kehrte aus dieser Sphäre massiv in die Forschung zurück und ist nun aus der Fachdiskussion um die weltweite Erhaltung der Natur nicht mehr wegzudenken. Dabei sind die Bedeutungen und Definitionen des Begriffs fast so vielfältig wie das, was er beschreibt. Es gibt nüchterne, wissenschaftliche Definitionen, Definitionen, die politisch bis ins letzte Komma verhandelt worden sind, und es gibt nicht zuletzt Versuche, die Verbundenheit von Mensch und Natur in das Verständnis von Biologischer Vielfalt einzubauen. All diese verschiedenen Ebenen zeigen aber auch die Schwierigkeit, das Objekt Biodiversität – und unser Verlangen nach ihrer Nutzung und ihrem Schutz – fassbar zu machen.
Gehen wir also auf Erkundungstour durch die Elemente, die die Biodiversität ausmachen.
Das Grundelement, das jeder kennt: Arten, Arten, Arten
Pandabär, Luchs, Rotkehlchen und Reh – dies sind vier Antworten, die mir Bekannte gaben, als ich sie fragte, was sie mit Biologischer Vielfalt verbinden. Arten, vor allem süß-kuschelige mit großen Augen, sind das Erste, was den meisten einfällt, wenn sie danach gefragt werden. Arten sind die Einheiten, die wir wahrnehmen und mit denen wir ein Naturerlebnis verbinden. Viele Menschen und nicht zuletzt auch die Medien setzen daher Artenvielfalt mit Biodiversität gleich. In der schon erwähnten Naturbewusstseinsstudie von 2011 sagten 96 der 42 Prozent, die angaben zu wissen, was Biologische Vielfalt sei, darunter sei die Vielfalt von Tier- und Pflanzenarten zu verstehen.
Arten lassen sich einfach zählen – etwa die verschiedenen Vogelarten, die man im Winter an einem Vogelhaus beobachten kann. Vögel sind ohnehin das beliebteste Element, wenn es um Biodiversität geht: So sind bislang ca. 10 500 Arten auf der Welt bekannt, 600 davon in Europa und ca. 500 in Deutschland. Sie kommen immer mal wieder vorbei, man kann sie leicht beobachten, und sie machen uns durch ihre Flugkünste neidisch. Viele Tausende Vogelkundler gibt es in Deutschland, aber noch viel mehr beteiligen sich an Vogelzählungen. Bei einer der letzten Mitmachaktionen des Naturschutzbundes im Frühjahr 2012 waren 42 000 Beobachter mit dabei und übermittelten 975 000 Vogelbeobachtungen von über 200 Arten aus Gärten und Parks. Der Erfolg solcher Aktionen zeigt unsere Faszination für das Verschiedene in der Natur. Würde man allerdings dazu auffordern, die Anzahl der Hasen in einem Feld oder der Hauskatzen in der Nachbarschaft zu zählen, fiele die Resonanz wohl geringer aus. Und bei den Pflanzen rund ums Haus wird es gleich schwieriger, was die Bestimmung betrifft, nicht zuletzt deswegen, weil ein Großteil davon aus der großen weiten Welt und nicht aus Mitteleuropa stammt. Und auch wenn es um den klassischen Naturschutzgeht, denken wir in erster Linie an Arten: den Storch, den Seehund, den Rotmilan oder auch an eine Orchideenart wie den Frauenschuh.
Doch auch in der Wissenschaft gilt die Art als die Grundeinheit der Vielfalt.
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